Eine Kooperationsveranstaltung der Wirtschaftsförderung Freiburg (FWTM) und des Angell-Bildungsverbunds – ganz im Zeichen des Wahlkampfs von OB Dieter Salomon.
Von Katharina Müller
Oberbürgermeister Dieter Salomon steht auf der Bühne, spricht auf dem Podium mit Schülern, diskutiert den Bildungsstandort Freiburg und die Relevanz von Bildung als Wirtschafts- und Zukunftsfaktor in der Region. Auch die Geschäftsführerin des Angell-Bildungsverbunds, Antoinette Klute-Wetterauer spricht an diesem Abend über den Rohstoff der Zukunft, und FWTM-Chefin Hanna Böhme betont, wie wichtig Bildung sei: „Die Grundlage für Erfolg sind gut ausgebildete Fachkräfte“. Im Publikum sind diejenigen vertreten, die spüren, wenn die fundierte Ausbildung hinkt: Unternehmer aus der regionalen Wirtschaft.
In Freiburg gehen rund 25 Prozent der Schüler in Privatschulen, insbesondere auf das Angell entfällt ein großer Teil, denn es umfasst nicht nur Grund- und Realschule, sondern auch eine berufliche Akademie, die ISBA, mit staatlich anerkannten dualen Studiengängen im Bereich Hotelmanagement, Immobilienwirtschaft, Marketing, Sportmanagement, Tourismus- und Eventmanagement. Aktuell in Planung ist zusätzlich der Studiengang Gesundheitsmanagement.
Salomon betonte allerdings auch, dass die Gesellschaft drohe, zu verakademisieren. Bei seinen Erklärungen benutzt er, bewusst oder unbewusst, einen Begriff, der vom französischen Soziologen Pierre Bourdieu kommt: Nicht nur ökonomisches, sondern auch kulturelles Kapital wie Bildung kann zu sozialen Ungleichheiten führen, beobachtbar in den Gesellschaften von Frankreich und Deutschland, Länder in denen der familiäre Hintergrund für die Bildung eine enorm große Rolle spielt.
Eine Stunde lang sprach Salomon an diesem Abend im Angell. Und wer behauptet, dass die Aufmerksamkeitsspanne eines Publikums bei spätestens 20 Minuten endet, der wurde während des Vortrag eines Besseren belehrt: Weder langweilig noch langwierig, aber erst recht nicht plump wirkten seine Worte. Nicht einmal, als er die städtischen Subventionen für unter Dreijährige sowie die finanziellen Aufwendungen für die Schuldkind-Betreuung betont ausführlich und mit eindrücklichen Zahlen hervorhebt – hatte doch die lokale Presse zuletzt fehlende Kita-Plätze thematisiert.
Geschickt macht er seinen eigenen Standpunkt in Sachen Kinderbetreuung und Wertehaltung klar, indem er die Familienpolitik des ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes, Erwin Teufel, für vergangen lobt: Mutterliebe sei nicht mehr naturgegeben und die Obhut der Familie das optimale Refugium. Heute gehören Chancengleichheit und Gerechtigkeit zu moderner Politik, in Zeiten von Fachkräftemangel auch, dass Frauen eine Anstellung finden. Ein Thema, das auch das Freiburger Bürgertum eint, ein Thema vielleicht, bei dem gar Linke, Liberale und Konservative übereinstimmen.
Hier und da eingestreute Fakten, aber auch Anekdoten auf Grundlage eigener Erfahrungen: Salomon ist selbst Sohn einer Arbeiter-Familie und erklärte: „Ich war Außenseiterkind, aus der Arbeiterschicht. Aber bei uns wurde nie an Büchern gespart.“ Und wie der lebendige Beweis steht er vor seinem Publikum. Er hat es geschafft. Mit Bildung, mit kulturellem Kapital. Man stellt es sich vor wie bei Didier Eribon, der französische Autor, der in seinem soziologisch-autobiografischen Bestseller „Rückkehr nach Reims“ beschreibt, wie ihm als Arbeiterkind gerade durch Bildung ein schwieriger Aufstieg in das Pariser Intellektuellen-Milieu gelingt, wie er zum erfolgreicher Schriftsteller und Uni-Professor wurde. Und wie er durch diese Erfahrungen – durch die Überwindung von sozialgesellschaftlichen Grenzen – ein Reflektionsvermögen gewann, dass er in seinem Buch auch einsetzt, um politisch etwas zu bewegen.