Das international agierende Unternehmen Art Basel ist nicht nur reine Kunstmesse, sondern inzwischen auch eine starke Marke und ein jährlich stattfindender Elite-Treff mit interessanter Strategie.
Von Katharina Müller
Wenn in den Medien über die Art Basel gesprochen oder geschrieben wird, dann gibt es starke Meinungen und auch Anekdoten: Da wird geschimpft und gestaunt. Da wird über die Widersprüche geschrieben, über den Glamour. Da geht es um gestresste Galeristen, die im Stundentakt für die Sammler ihre Werke umhängen, um VIPs, Outfits, Champagner, Austern, und natürlich nicht fehlen dürfen die Zahlen für Werke und die abgehobenen Standgebühren sowie hier und da Thesen über Kapitalisierung und Banalisierung der Kunst hin zum Kommerz. Doch der Erfolg der Art Basel ist nicht mehr allein in Umsatzzahlen der verrücktspielenden Welt aus Kunst und Geld zu messen. Die Art Basel ist Marke, Mythos und auch Forschungsgegenstand für Soziologen geworden. Die Studie „Kunst und Kapital. Begegnungen auf der Art Basel“ zeigt auch: Aus der reinen Verkaufsveranstaltung ist inzwischen ein soziales, aber auch kulturelles Ereignis geworden, mit Eventcharakter und Netzwerk-Effekt. Denn nach Basel reist jedes Jahr im Juni die internationale Kunst-Elite für den Höhepunkt im Kalender von Galeristen, Sammlern und Museumsdirektoren, eine Plattform, auf der sich die kleinen Brancheninsider ebenso präsentieren, wie die Schwergewichte. Im Schlepptau inzwischen daher auch zahlreiche Werbeund Sponsoren-Partner wie beispielsweise BMW oder Davidoff.
Sogar die hiesigen Museen springen auf, präsentieren ihre Ausstellungen – jeder will etwas abhaben vom großen Kuchen, von dem Publikumsmagneten Art Basel, ein Name, der so in der Welt noch ein bisschen bekannter wurde, auch wenn das nur ein ganz kleiner Bereich in der gesamten Kunstwelt ist. Doch nicht überall auf der Messe geht es um den reinen Verkauf: Es gibt kuratorisch angehauchte Sonderflächen wie den Sektor Unlimited mit Informationsmaterial und geschulten Guards sowie Performance- Kunst, aber auch Talk-Runden und öffentlichem Kunst-Parcours. Hinzu kommen unabhängige Messen, die sogenannten Satelliten-Messen in der Stadt mit kleineren Galerien und Nachwuchskünstlern. Als Satelliten-Messe etabliert ist seit 23 Jahren beispielsweise die „Liste“ mit günstigeren Standmieten und Kunstpreisen, hier versammelt auch das, was auf der Art Basel abgewiesen wurde, oder aufstrebende Galerien mit jungen, noch sehr unbekannten Künstlern: Drei Tage früher als die Art Basel startet die „Liste“ im Brauereigebäude Warteck, vom 11.-17 Juni, auch in diesem Jahr mit neuen Galerien, beispielsweise aus Wien, Sao Paulo, Paris oder New York. Und dann ist da noch die Scope (12. bis 17.Juni), die in den letzten Jahren umherzog und sich in diesem Jahr wieder mit rund 70 internationalen Galerien zeitgenössischer Kunst am Claraplatz ansiedelt.
Wie die Volta (11. bis 16. Juni, Elsässerstrasse 215) richten sich diese Messen an andere Zielgruppen, bewegen sich in anderen Preissegmenten – nicht alles kann die Art Basel abdecken, hier eröffnen sich Nischen. Wirkliche Konkurrenz für die Art Basel sind diese Messen daher nicht. Im Gegenteil: Die Organisatoren sprechen sich untereinander ab, denn der Fokus der Art Basel liegt auf der Crème de la Crème, auf den namhaftesten und angesehensten Galerien. Aber so manche Galerie, die im letzten Jahr noch auf einer Satelliten- Messe vertreten war, kann im darauffolgenden Jahr schon zum Kreis der Auserwählten gehören. Nach welchen Kriterien genau dieser Aufstieg gelingt und wie die Auswahl dafür stattfindet, ist nicht bekannt, die Jury setzt sich zusammen aus einem Galeristen- Team, die selbst auch Aussteller sind. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot auf einem Markt, der undurchsichtiger kaum sein könnte: In erster Linie Privatkäufer, hohe Diskretion und ein enges Geflecht von Beziehungen. Wie ein kläglicher Transparenz-Versuch wirkt dabei der Art Market Report, neuerdings ausgearbeitet mit Hilfe des „global Lead“-Partner UBS-Bank. Eine Analyse für UBS-Kunden und Markt-Akteuren, mit dem Ziel, den schnell wachsenden Kunstmarkt in diesen „volatilen Zeiten“ detaillierter betrachten zu können, so Marc Spiegler, Director der Art Basel, in seinem Vorwort. Blickt man zurück, so begann die Karriere der Art Basel klein und lokal, in den 70er Jahren mit einer Handvoll Händlern und Galeristen.
Inzwischen ist die Messe aber zu einem ziemlich großen Dampfer geworden. Das global expandierende Unternehmen eröffnete 2002 auch in Miami Beach. Und nachdem die Messegesellschaft MCH Messe Schweiz (Basel) AG, ein Unternehmen der MCH Group, auch seit 2014 an der Asian Art Fair 100 Prozent und an der India Art Fair (seit 2016) über 60 Prozent der Anteile erwarb, gelingt lokale Marktdurchdringung, Dynamik und Diversifikationsstrategie. Den Vorwurf, strategisch nur noch global zu agieren und den Anschluss in die lokalen Szenen zu verlieren, kann man der Art Basel also nicht machen. Zudem gibt es das neueste Projekt namens „Art Basel Cities“ und dient zur Stärkung der lokalen Kunstszene – Buenos Aires ist erster Kooperationspartner. Die Chefredakteurin des Kunstmagazins Monopol, Elke Buhr, sagte im Interview mit dem Online-Radio „detektor fm“, dass sich die Art Basel inzwischen als eine Art „Unternehmensberater für Städte“ in Sachen Kunst versteht – individuell und mit vorhandenem Knowhow sowie internationalen Kontakten für die Akteure lokaler Szenen. Die Stadt bezahle und die Art Basel liefere das individuelle Konzept, bringe Persönlichkeiten miteinander in Kontakt, organisiere mit ihrem Netzwerk und Adressen verschiedene workshops, coachings und Diskussionsrunden. „Sehr geschickt“ sei eine solche Idee, so Elke Buhr. Der erste Austausch sei spannend, die dortige Kunstszene sei zwar enorm dynamisch, aber bisher stark isoliert und rein lokal orientiert. Eine strategisch gesteuerte Öffnung könnte neue Effekte bringen, von denen die Art Basel profitieren kann, nicht zuletzt vermutlich auch mit Blick auf das eigene Image. digitalagentur sumus.media
Kunstmesse als Event: Die Art Basel findet vom 14.-17 Juni 2018 mit statt, mit zahlreichen Nebenmessen.
Weitere Informationen: www.artbasel.com, www.scope-art.com, www.liste.ch, www.voltashow.com