Der Verpackungsspezialist August Faller aus Waldkirch investiert bewusst in eine positive Unternehmens- und Leistungskultur. Ungewöhnlich ist dabei, dass sich Mitarbeiter finanziell am Unternehmen beteiligen können.
Von Katharina Müller
Wenn der Chef durch die Produktionshallen läuft, dann wird schnell offensichtlich, ob ein solcher Besuch eine Seltenheit ist oder ob er ab und zu vorkommt. In Waldkirch jedenfalls schaut kein Mitarbeiter verwundert, wenn Geschäftsführer Michael Faller und Personalleiter Roland Wiesler durch die Maschinen-Gassen laufen und Smalltalk halten mit ihren Angestellten. Doch das, so beschreibt es Faller, war in der 136-jährigen Firmengeschichte nicht immer so: „Mein Vater und sein Partner hatten damals eine andere Mentalität“, die Führungsebene sei eine geschlossene Gemeinschaft gewesen, „da wussten maximal der Finanzchef und die Gesellschafter Bescheid und das war‘s“. Heute hingegen sind Offenheit und Transparenz wichtig, „das verfolgen wir ganz gezielt“. Um ihren Mitarbeitern etwas Besonderes zu bieten und den unternehmerischen Geist sowie die positive Leistungskultur zu fördern, entschlossen sich Michael Faller und Daniel Keesman als Geschäftsführer der August Faller GmbH & Co. KG, eine Mitarbeiterbeteiligung einzuführen, denn „Mitarbeiter, die am Betrieb beteiligt sind, arbeiten motivierter und bleiben dem Arbeitgeber länger treu“, so Faller.
Und so können seit dem Januar 2014 die Angestellten zu stillen Gesellschaftern werden: Dafür wird ein Eigenbetrag eingezahlt, das Unternehmen legt fest gestaffelt noch etwas obendrauf und dieser Wert wird dann mit mindestens vier Prozent verzinst, allerdings gekoppelt an das Ebit, je nach Gewinn oder Verlust des Unternehmens. Zahlt ein Mitarbeiter beispielsweise 300 Euro ein, schenkt das Unternehmen 120 Euro dazu, daraus entstehen dann 420 Euro Beteiligungswert am Unternehmen, die Mindestlaufzeit beträgt fünf Jahre. „In den guten Jahren hat es auch schon rund sechs Prozent Zinsen gegeben“, erzählt Faller und er betont auch, dass das Risiko für die Mitarbeiter trotzdem überschaubar bleibe: „Bevor es zu einem reellen Verlust von Geldbeträgen kommen kann, muss es bei uns schon sehr schlecht über mehrere Jahre hinweg laufen, und das bekommen die Mitarbeiter ja auch hautnah mit und können dann kündigen.“
Das Jahr 2016 sei beispielsweise ein schlechtes Jahr gewesen und trotzdem sei niemand abgesprungen und auch jetzt, da die Mindestlaufzeit offiziell im Juni zu Ende gehe, sei noch keine Kündigung eingegangen. Da es ein solches Angebot bei keiner Bank gibt und eine solche Rendite normalerweise mit enormen Risiken verbunden ist, waren die Erwartungen an die Anzahl der Beteiligten entsprechend hoch. In den ersten drei Jahre haben viele Mitarbeiter gekauft, „eingependelt hat es sich über die fünf Jahre recht konstant bei knapp 20 Prozent“, sagt Faller. „Wir haben auf eine etwas höhere Beteiligung gehofft und uns gewünscht, dass sich die Beteiligungsquote bei den gewerblichen Mitarbeitern weiter erhöht, da das obere und mittlere Management bisher stärker vertreten ist“.
Die Gründe für die Zurückhaltung vermutet der Personalchef Roland Wiesler einerseits in der Situation der Branche: Der Markt sei extrem hart umkämpft in den letzten Jahren, andererseits könnten auch die hohen Immobilienpreise der gesamten Region einen Anteil daran haben. Denn „wer sich ein Haus anschafft, der zahlt erstmal das ab und dann bleibt am Ende nicht mehr so viel zum Einzahlen übrig“. Auch bei vielen anderen Firmen setzt sich eine Mitarbeiterbeteiligung nicht richtig durch: Zwar gibt es verschiedene Modelle für eine Teilhabe an Unternehmen, aber nur ein Prozent der Betriebe beteiligt seine Mitarbeiter überhaupt am eigenen Kapital, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung herausgefunden. Bekannter ist hingegen die klassische Gewinn-Beteiligung. Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung glaubt zudem, dass sich das Modell nur schwer durchsetze, weil bei vielen Mittelständlern die Sorge besteht, dass Beteiligung auch gleich Mitbestimmung bedeute.
Wiesler bestätigt, dass die Informationspflicht für Faller zu Beginn auch ungewohnt war, „wir sind intern und auch extern in der Kommunikation schon offener geworden, das ist genau das, was wir wollen und trotzdem ist es einfach die Überwindung, Neues zu wagen“. Michael Faller erinnert sich, dass dieser Schritt zwar bewusst vollzogen wurde, aber es sei auch ein „hinein in ein unbekanntes Feld“ gewesen. Der bürokratische Aufwand schrecke zudem ab, obwohl der größte Aufwand, so beruhigt er, nur einmalig sei. Die Kommunikation, also Informationsbroschüren und Werbekampagnen gehörten natürlich auch später noch dazu, ebenso eine Software zur Berechnung der Verzinsungen und die Aufbereitung der Zahlen für die jährlich stattfindenden Hauptversammlungen. Doch das Ziel, „eine Win-win-Situation für beide Seiten und ein Instrument für die Mitarbeiterbindung zu schaffen“ sei auf jeden Fall gelungen, so Faller, „und deshalb würden wir uns auch sofort wieder dafür entscheiden“.