In Berlin stehen sie oder in Glasgow, die Lampen des jungen Lörracher Design-Labels Pulpo. Das Unternehmen ist experimentell und auf Wachstumskurs, mit handwerklich anspruchsvollen Produkten, die Unikat-Charakter haben.
Am Anfang war da eine Galerie, eine Sammelleidenschaft für Kunst, ein Wandhaken und ein Abendessen mit Pulpo-Salat. Heute, nach über 10 Jahren Firmengeschichte, hat sich Pulpo zu einem etablierten Namen entwickelt, hat 17 Designer unter Vertrag, neun Mitarbeiter und über 80 Produkte, angefangen bei Polstermöbeln über Lampen bis hin zu Keramik-Vasen. Hochwertiges Material, hochwertig verarbeitet in handverlesenen Manufakturen Europas. Das ganze Jahr sind Ursula und Patrick L’Hoste unterwegs, auf Messen zwischen London, Mailand, Paris und Köln.
Und trotz der überdimensionalen Kunst an den Wänden wirken die geschäftsführenden Gesellschafter von Pulpo bodenständig mit einer Portion Selbstironie. Während des Interviews sitzen die beiden Saarländer am Tisch ihrer Design-Wohnung, die sich als Industrieloft auch im Osten Londons gut machen würde, umso sympathischer wirkt sie in Lörrach, eine kleine Stil-Oase: Kreativ, künstlerisch, lockerere Atmosphäre. Über die Frage, wie sich die Marke Pulpo definiert, sagt Patrick L’Hoste: „Wir bewegen uns zwischen Haute Couture und Prètà- Porter“, zwischen Prototypen und Kollektionen, maßgefertigten Auftragsarbeiten und limitierten Stückzahlen.
Vorstellen muss man sich das wie bei Editoren: quasi „Herausgeber“, Verleger von Design. Nur verspielter, erklärt Patrick L’Hoste amüsiert, „wir probieren gerne aus, wir sind ‚laborig‘, aber erprobt“. Auf den Messen kommen Designer mit fertigen Zeichnungen vorbei, inzwischen aber auch mit nur vagen Ideen, gemeinsam tüfteln sie dann, bringen ihre Erfahrung, das Wissen über die Möglichkeiten der Manufakturen, Material und Märkte zusammen. Natürlich komme es vor, dass Design-Ideen auch abgelehnt werden, sagt Ursula L’Hoste „es muss einfach Spaß machen und vor allem in unser Sortiment passen“.
Das Unternehmen wandele sich, seit fünf Jahren etwas ist Pulpo mehr als ein Design-Label. Es ist eine kleine, aber erfolgreiche Denkfabrik. Unabhängig, investorenfrei, immer offen für Neues. Selten sind die Prozesse identisch, ebenso wenig die handgefertigten Produkte. Beispielhaft dafür ist auch die mundgeblasene Stehleuchte „Oda“ des deutschen Designers Sebastian Herkner: Ein Verkaufsschlager. Eine Lampe, die eindrücklich im Raum zur Skulptur wird, wie das Magazin „Schöner Wohnen“ treffend beschreibt. Nicht nur im Lörracher Design-Büro zieht sie den Blick sofort auf sich, auch im Nachbarort im Restaurant Eckert in Grenzach steht sie, das Berliner und Glasgower Hotel „Motel One“ erfreut mit faszinierenden Kontrasten ihre Betrachter: Filigran und dünn und zugleich bauchig-rund, das Glas schwebend wie ein Ballon auf dem feinen Stahlgestell.
Die Inspiration dafür kam Herkner durch die Wassertürme auf Bildern des Fotografenpaars Bernd und Hilla Becher. Kunst, Design und Architektur liegen nah beieinander, sagt Patrick de L’Hoste begeistert. Zu den wichtigsten Kunden zählen daher nicht nur Concept Stores, exklusive Möbelhäuser und Showrooms, sondern auch Innenarchitekten. Auch sie suchen meist das Neue, was stets das Alte ist, aber spannend und neu interpretiert, ob Keramik, Porzellan, Beton, oder Glas. Seit letztem Jahr hat Pulpo auch Polstermöbel im Sortiment. „Nur Holz, das hatten wir noch nicht“, gibt Ursula L’Hoste schmunzelnd zu. „Ich weiß nicht, woran das liegt, aber uns ist einfach auch noch kein Entwurf und keine Idee begegnet, bei der wir auf Anhieb gesagt hätten: Wow, genial, das ist es.“ Und dann sagt sie lachend: „Vielleicht ist das aber nur eine Frage der Zeit, bis wir auch daran Gefallen finden, ich schließe das nicht aus. Wir bleiben offen, mal sehen, was passiert.“