Eine bewusstere Kundschaft, ein verändertes Reiseverhalten, aber auch mehr Flüge: wie sich die Ferienplanung in der Region verändert.
VON RUDI RASCHKE
Es gibt wohl wenige Reisebüros im Land, die sich besser mit Bahnfahrten auskennen als das Freiburger „Gleisnost“. Vor 30 Jahren eröffnete Siegfried Klausmann die erste von drei Filialen, der Name ist ein Wortspiel entlang der damaligen Demokratie-Bewegung in Russland.
Demokratischer und transparenter gestaltet hat Klausmann auch das Buchen von Zügen, oftmals mit mehr Preis-Knowhow als die Bahn selbst. Entsprechend treu sind die Kunden, die über die Jahre stetig mehr geworden sind.
Dieses Jahr hat es allerdings ein Wachstum gegeben, das „Gleisnost“ so nicht kannte: Der Umsatz ist um ein Drittel geklettert, insgesamt war die Publikumsfrequenz, telefonische Anfragen eingeschlossen, sogar 50 Prozent höher. „Wir spüren einen deutlichen Greta-Effekt“, sagt Klausmann, der auch in den heißen Sommermonaten keinen Rückgang beobachten konnte.
Was früher zur Fasnet begann, nämlich die Planung größerer Reisevorhaben mit der Bahn, beginne jetzt schon zu Weihnachten. Es ist zweifellos ein Wachstum bei Bahnfahrten zu beobachten, das ein wenig losgelöst von früheren Preis- und Umweltgründen betrachtet werden kann, findet Klausmann.
Umsteigen aufs Gleis
Er selbst hat Kunden befragt, was sie zum Umsteigen bewegt. Weil es früher so war, dass selbst wohlmeinende Anfragen mit Ökologie-Bezug angesichts von Billigflügen chancenlos waren. „Die Umweltgründe reichten allein nicht aus“, sagt Klausmann, dies sei erstmals anders.
Die gut informierten Kunden seien nun klarer festgelegt, den Zug vorzuziehen. Er stelle ein „Bewusstsein wie im Bioladen“ bei sich am Schalter fest. Ein eventueller Mehrpreis für die Nachhaltigkeit wird bezahlt, es habe sich aber auch die Einstellung zum (manchmal) entspannteren Fortbewegungsmittel Bahn gewandelt.
Bewusste, gut-informierte Kunden – das beobachtet auch Aron Stiefvater, dessen Reisebüro an sieben Adressen im Dreiländereck und in Freiburg angesiedelt ist. Das Geschäft mit Flug- und Pauschalreisen sei zwar keineswegs rückläufig, sagt Stiefvater – allerdings finde sich bei ihm sowohl eine wachsendes Nachfrage als auch ein wachsendes Angebot für einen nachhaltigen, ressourcenschonenden Tourismus. Als Beispiel nennt er Öko-Tourismus in Botswana, wo das Angebot an sich wie in anderen afrikanischen Ländern auch eine Chance und einen Schub für neue Erwerbsmöglichkeiten darstellt.
In den Details, sagt Stiefvater, sei es vielerorts klar geregelt, dass die Natur hier nicht dem Tourismus untergeordnet wird – sondern auch Lodges so angelegt sein müssen, dass ein Rückbau und ein Weiterziehen jederzeit möglich ist. Wie Gleisnost vertreibt auch das Reisebüro Stiefvater Kreuzfahrtreisen, selbst hier sieht Stiefvater Empfehlungen in Sachen Nachhaltigkeit, die auch diese Reiseart ermöglichen.
Kunden können beispielsweise Segelkreuzfahrten wie bei der „Sea Cruise II“ belegen, auch dies ein Trend, den sein Haus vermittelt. Die Reisebranche wird ebenfalls einen Umbruch vor sich haben, bei dem sich die Individualität des Reisens auch an veränderten Umweltbedürfnissen ausrichten wird, das deuten die Gespräche mit Stiefvater und Klausmann an.
Wenngleich die nüchternen Zahlen des benachbarten Euro-Airport Basel-Mulhouse eine andere Sprache sprechen: Gerade dort, wo einerseits sehr viele Geschäftsflüge, aber auch sehr viele der sogenannten Lowcost-Carrier abheben, wachsen die Zahlen enorm. Im Juli 2019 war das Passagieraufkommen mit über 900.000 Menschen knapp dreimal so hoch wie zehn Jahre zuvor im Juli 2009.
Insgesamt soll in diesem Jahr erstmals die neun-Millionen-Passagiere-Hürde übersprungen werden. Matthias Suhr, der Chef des Flughafens rechnet bereits mit einem Szenario, in dem 12 bis 15 Millionen Fluggäste realistisch sein können. Der EuroAirport ist ein gut geführter Betrieb, der diese Zahlen nicht per Zufall einfährt.
Er profitiert aber ausgerechnet auch in Umweltfragen von der Bi-Nationalität: Eine Schweizer Umweltabgabe auf Flugtickets könnte nur mit Zustimmung der Franzosen eingeführt werden. Umgekehrt sind neun von zehn Passagieren nicht von der französischen Abgabe ab nächstem Jahr betroffen. Auch das sollte erwähnt werden, wenn es um die globalen Bemühungen um einen nachhaltigen Tourismus geht.