Mit dem „Kreuzeck“ in der Freiburger Wiehre meldet sich ein Quartiers-Wirtshaus mit vielfältiger Historie wieder zurück – Eindrücke eines Lunch-Besuchs für unsere Mittagessen-Rubrik.
VON RUDI RASCHKE
Den Namen „Kreuzeck“ kennen eingefleischte Wanderer aus der Bergwelt um Garmisch, der entsprechende Gipfel im Wettersteingebirge ist nahe der berühmten Kandahar-Abfahrt. Anderweitig Sportinteressierte kennen den Ausdruck im süddeutschen Raum auch für den oberen Winkel des Fußballtores, Christian Streich spricht gern davon, dass ein Ball idealerweise im „Kreuzeck“ einschlägt.
Ob das gleichnamige Wirtshaus in der Freiburger Unterwiehre ein alpenländischer Treffer wird, wird sich zeigen, eine Bereicherung ist das eben eröffnete Haus schon jetzt. Und das aus mehreren Gründen:
Am Schauplatz des „Kreuzecks“ logierte über viele Jahre einst das „Exil“, zwischen Studentenbewegung und Hausbesetzung eher für die Szene-Verpflegung zuständig, es folgte über Jahrzehnte das „Mondo“, ein zuletzt aus der Zeit gefallener Ethnotreff mit Schwammtechnikwand. Als das „Johann“ 2019 nach einer aufwändigen Sanierung übernahm und dieses Jahr aufgrund von Corona bereits wieder in die Knie ging, war nicht abzusehen, dass die Nachfolge einfach wird. Martina Feierling-Rombach, die Verpächterin des schönen Restaurants in einer Reihe von Jugendstilhäusern, konnte bereits im Hochsommer eine Wiedereröffnung präsentieren, die das „Johann“-Interieur komplett nutzt.
Das „Kreuzeck“ bezieht sich mit Speisen und Getränken vielfach auf eine österreichische Küche, die für ein Stadtteilwirtshaus mehr als vorzeigbar ist. Es fällt ja ohnehin auf, dass gerade im Bionade-Biedermeier des Stadtteils Wiehre die Sehnsucht nach Handfestem, Gebrutzeltem und Frittiertem mit Fleisch oder Fisch groß sein muss: Mögen Oberstudienrats- und Architekten-Kühlschränke daheim mit Soja- und Hülsenfrucht-Paketen ausgekleidet sein – die Speisekarten von „Schützen“, „Anker“, „Kaiser“, aber auch „Lollo“ und „Castillo“ sprechen eher für gegenteilige Gelüste.
An dieser Stelle kommt das „Kreuzeck“ mit einer Karte ins Spiel, die höher anzusiedeln ist als bei mancher „…mit Brägele“-Einkehr: Es gibt Entrecote und Gröstl, Gulasch und Kalbsschnitzel (kein Wiener!), Rindfleischsalat und Kaiserschmarrn. Das ist insofern fein, weil es in der selben Stadt auch Beispiele gibt, wo die Küche aus dem Alpenraum eher mit Neo-Sepplflair serviert wird. Hier dagegen ist Raffinesse geboten, an der Seite zweier schmackhafter Tagesgerichte (zwischen 9,50 und 10,90 €, eins mit, eins ohne Fleisch) gibt es mittags eine gute Auswahl von Tellern. Für weniger am Bayrisch-Österreichisch Interessierte auch eine sehr ordentliche Ausweich-Pasta Carbonara (9 €).
Hervorzuheben der Kaiserschmarrn für zwei (12 €) aus einem guten Mehlspeisen-Rezept mit Quark-Verfeinerung. Beachtlich aber auch nette Aufmerksamkeiten wie den „Pfiff“, ein klassisches Wiener 0,1 l-Apero-Bierchen (hier von Waldhaus) und die aus guten Empfehlungen bestehende Weinkarte. Wo die Speisekarte ein wenig bemüht wie rückwärts ins Österreichische übersetzt wirkt – Sahne ist „Schlagobers“, Kartoffeln stets „Erdäpfel“ – wird beim Ambiente auf jegliche alpine Folklore verzichtet. Die Gäste sitzen auf edlem Holzmobiliar unter hohen offenen Altbau-Decken, vereinzelt mit Kronleuchter, draußen gibt es für die letzten sonnigen Tage einen angenehmen Wirtshausgarten im Kies. Das stellt nicht nur eine gute Qualität für ein Quartiers-Restaurant dar. Auch unter den spärlicher werdenden Mittagstischen in der Region eine tolle Gelegenheit – gleich ob für einen Business-Lunch oder als Stärkung für einen kleinen Ausflug in die umliegenden Hügel.
Das “Kreuzeck”
Johann-von-Weerth-Straße 9, FreiburgTel. 0761 401 982 70
Öffnungszeiten:Do. bis Mo. 12 bis 23 Uhr , Dienstag & Mittwoch Ruhetag
Warme Küche 12–14:30 Uhr & 18–21:30 Uhr