Das Unternehmen von Otmar und Timo Horl bleibt das erfolgreiche Rolemodel für Haushaltsgeräte aus der Region. Das zeigt die Weiterentwicklung ihres Messerschleifers – mit viel Innovation und Detailliebe geht die Firma zur zweiten Generation über.
VON RUDI RASCHKE
Noch gibt es die Anmutung eines Garagenunternehmens in einer alten Werkstatt im Freiburger Westen, schräg gegenüber dem Eisstadion. Einer jener Höfe mit Handwerksbetrieben, die Liebenswürdigkeit ausstrahlen, in Stadtnähe aber auf dem Rückzug sind. In einer alten Schreinerwerkstatt haben Vater und Sohn Horl ihren Betrieb angesiedelt, noch, ehe es bald auf die andere Straßenseite in einen Neubau beim Hotel „Stadt Freiburg“ geht. Dafür hat das Wachstum gesorgt, aber eben auch die Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens.
Die reine Tüftlerwerkstatt ist auch am alten Standort bereits um ein wenig Start-up-Atmosphäre ergänzt worden. Eine Ecke Showroom, ein wenig Lounge, auch die Ränge eines großen Holzpodests und Apple-Bildschirme zählen zum Bild. Draußen wartet der Großgrill auf die Wiederkehr von Kunden- und Mitarbeiter-Verköstigungen. Denn die Horls stellen Roll-schleifer her für Messer.
Man muss das gar nicht mehr so ausdrücklich sagen, denn die Erfindung von Vater Otmar Horl hat den Familiennamen fast synonym werden lassen mit dem Produkt, einem neuartigen, handlichen Holz-Accessoire für die Küche. Designtechnisch eine runde Sache – aber „der Horl“ hat eben wie manches neue Produkt überhaupt erst ein Bedürfnis geweckt, in diesem Fall, Messer auf schöne Art zu schleifen.
Vater Horl hat das Produkt entwickelt und in einem ersten Auftritt zu großer Präzision gebracht: Langlebigkeit von Schleifscheiben, Holzqualitäten in Eiche und Nussbaum von hier, dazu ein Rollgetriebe im Inneren, mit dem es Spaß macht – plus Erforschung der richtigen Winkel fürs Schleifen.
Spannend ist aber, was sich seit dem letzten Besuch von netzwerk südbaden in der Manufaktur vor über einem Jahr getan hat. Denn tatsächlich haben Vater und Sohn nicht nur einen beachtlichen Erfolg auf Messen und im Handel erzielt, ohne auch nur einem Sternekoch ein Exemplar für Werbezwecke schenken zu müssen. Sie haben ihr Business auch nicht ruhen lassen und sich in technischer Weiterentwicklung und Vermarktung recht gut aufgestellt.
Für Letztere ist Timo Horl verantwortlich, der 2016 mitgewirkt hat, dass die 23 Jahre alte Idee seines Vaters überhaupt in Serie gehen konnte. Gemeinsam haben sie in der Produkt-palette das bestehende durch drei neue Geräte erweitert: Ein Einsteigermodell in weiß (99 Euro), der Klassiker (139 Euro) und die Premium-Edition (299 Euro). Wer als Hobby- oder Profikoch soviel fürs Schärfen ausgibt, erhält tatsächlich einen Rollschleifer, in den ein sogenanntes „Planetengetriebe“ eingebaut ist. Das bewegt sich dann beim Schleifen auch ungefähr so geschmeidig voran wie ein Himmelskörper im Weltall.
Jenseits von „nice to have“ oder High-End ist mit der Erneuerung des Produkt-Portfolios auch eine wichtige Abwehr gegen billige Plagiate errichtet. Das Original bleibt im Gespräch und verbessert sich. Der mögliche Nachbau aus China, auch bei Haushaltshelfern gang und gäbe, bekommt Schwierigkeiten.
Aber nicht zuletzt ist Horl auch mit seiner digitalen Ausrichtung mustergültig unterwegs. Statt auf Werbemodels setzen sie auf die reale Gemeinschaft der Nutzer, auf Instagram und im Web gibt es Erklärvideos und Communityinformation. Zum Gesamterlebnis gehört am Ende auch die Verpackung. Wer den weißen Karton des Rollschleifers öffnet, fühlt sich vermutlich nicht ganz zufällig an ein Produkt von Apple erinnert. Das südbadische Unternehmen „Horl 1993“ hat tatsächlich ein Lebensgefühl rund ums Messerschleifen etabliert.
Dieser Artikel erschien in der Printausgabe von netzwerk südbaden zum November 2020. Hier geht’s zum Abo!