Das Bauunternehmen des Freiburgers Peter Unmüßig ist mit einem Volumen von über 1,5 Milliarden Euro ein etwas größerer mittelständischer Häuslebauer.
INTERVIEW: RUDI RASCHKE
Sie feierten vor zwei Monaten Ihren 70. (Glückwunsch nachträglich!), Ihr Unternehmen wird dieses Jahr 75. Wie sehr sind Sie damit beschäftigt, dass der Name und die Inhalte von Unmüssig* weiter existieren und eine erfolgreiche Übergabe stattfindet?
Danke für den Glückwunsch! Unsere Aufgabe und Verantwortung ist es, das Unternehmen gesund und stabil der nächsten Generation zu übergeben. Es ist wie ein unendliches Spiel. Aber anders als beispielsweise beim Fußball ohne feste Regeln oder bekannte Spieler in begrenzter Anzahl. Bei Familienunternehmen geht es darum, im Spiel zu bleiben, also mit den eigenen Ressourcen entsprechend umzugehen, dass man weiter mitspielen kann – für die nächsten Generationen, für die Mitarbeiter und für die Kunden.
Wie sieht diese Übergabe in der Familie aus, in welcher Form geschieht dies? Wie lange wurde dieser Prozess vorbereitet?
Um ein wenig weiter auszuholen: Die Unmüßigs sind über Jahrhunderte Bauern gewesen. Johann Unmüßig, mein Großvater, hat vor gut einem Jahrhundert erkannt, dass er seinen Hof an nur einen Nachfolger vererben muss, damit er ertragreich bewirtschaftet werden kann. Es ist so etwas wie das Unmüßig-Familiengesetz daraus geworden. Auch mein Vater Adolf Unmüßig, der das Bau-Unternehmen gegründet hatte, hat sich für lediglich einen Nachfolger entschieden. Aber auch hier gibt es nicht den einen Vorbereitungsprozess. Es ist das tägliche Leben, das mich geformt und gebildet hat. Meine Eltern, die dieses Unternehmen gemeinsam nach dem Krieg aufgebaut haben, haben uns Kindern tagtäglich vorgelebt, dass es darum geht, mutig Probleme anzugehen, Verantwortung zu übernehmen, die Ärmel hochzukrempeln und eigentlich immer länger als sieben Stunden täglich zu arbeiten. Wobei wir Kinder selbst große Freiheiten hatten. Auch ich habe versucht, meinen Kindern Vorbild zu sein und ihnen Werte zu vermitteln wie Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit, Respekt, Verantwortung. Aber auch Selbstwirksamkeit zu erfahren. Dass ich mit meinem Handeln etwas bewirken kann.
Und diese Erfahrung wünsche ich ihnen von Herzen, dass sie erleben, wie beglückend und erfüllend es ist, Erfolg zu haben. Ich habe die Nachfolge geregelt: Mein Sohn Maximilian soll der Nachfolger werden. Er ist als Geschäftsführer eingetragen, wann er offiziell meine Nachfolge antritt, werden wir gemeinsam festlegen. Aktuell ist er als Investmentmanager für mehrere Projekte, unter anderem für den Green City Tower, verantwortlich.
Was nehmen Sie sich für die kommenden Jahre in Ihrem Unternehmen vor? Werden wir Peter Unmüßig eher mit einem schrittweisen Rückzug, einem von-jetzt-auf-gleich- oder einem überhaupt-nicht-Abschied erleben?
Ich habe für mich nicht das Gefühl, an einem Scheidepunkt angekommen zu sein. Wir haben gerade so viele Projekte in der Pipeline, mehr als jemals zuvor und daran arbeite ich genauso wie immer. Einige werden vermutlich erst in 20 bis 30 Jahren realisiert werden. Da werde ich sehr wahrscheinlich von oben runter auf Unmüssig schauen und hoffen, dass die Jungs und Mädels alles richtig machen.
Welche Herausforderungen neben der Generationenübergabe sind für Sie aktuell die wichtigsten als Mittelständler?
Die zunehmende Staatsgläubigkeit, das Rufen nach dem Staat, sollte gestoppt und marktwirtschaftliches Denken verstärkt werden. Die Privatwirtschaft hat gelernt, im Wettbewerb zu agieren und Probleme zu lösen. Aufgabe des Staates ist es, den Rahmen zu schaffen, ein starker Schiedsrichter zu sein, aber selbst nicht mitzuspielen. Er muss die notwendigen Freiräume schaffen, dass kreatives Handeln möglich ist. Ansonsten muss der Staat ohne Einschränkung für die Menschen da sein, die in Not sind, nicht aber für die, die nur den bequemsten Weg gehen wollten. Es geht um das Unternehmertum an sich. Es braucht wieder mehr Leute, die Haltung zeigen, zu ihrer Überzeugung stehen und Risiko übernehmen. Einer Studie zufolge wollen über 25 Prozent aller Studenten und Studentinnen in den öffentlichen Dienst. Sicher auch deshalb, weil sie nichts über Unternehmertum gelernt haben und das Image des Unternehmertums eher schlecht ist. Die Unternehmer müssen sich zu Wort melden, politisch Einfluss und Verantwortung übernehmen. Ohne sie ist Deutschland tot. Deshalb brauchen wir eine Revitalisierung der Zivilgesellschaft.
*(Anmerkung der Redaktion: Das Unternehmen schreibt sich aus typografischen Gründen anders als die namengebende Familie nicht mit „ß“)