Wie werden wir in Zukunft einkaufen? Unternehmensberater Wolfgang Binninger arbeitet an der Digitalisierung des stationären Handels.
PROTOKOLL: RUDI RASCHKE
„Im Einzelhandel wird Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen: Sie übernimmt die Kontrolle, sie hilft aber auch mit Empfehlungen und der Steuerung der Kundenwege. Die ersten Märkte in Deutschland mit sogenanntem self-scanning sind in Betrieb. Der Kunde scannt mit seinem Mobiltelefon oder einem anderen Scan-Gerät in der Hand selbst seine Artikel ein.
Es gibt die Möglichkeit, Kunden über Promotionaktionen auf dem Gerät zu informieren. Er ist dadurch schneller, ist besser über Vorteile und Angebote informiert und kann von seiner Kundenkarte Gebrauch machen.
Wenn genug Kameras seinen Wagen erfassen, wird auch der Checkout mit dem Bezahlen relativ schnell vonstatten gehen. Zukünftig wird es eher darum gehen, den Warenkorb des Kunden mit Kameras und Sensorik korrekt zu erfassen, als mit Hilfe von Waagen den Einkauf zu überprüfen, wie es vereinzelt beim selbstständigen Kassieren, dem Self-Checkout- am Einkaufsende erfasst der Kunde seine Artikel-, geschieht.
„Letztlich könnte das Einkaufen auf dem Land mit Apps und Selfscan gerettet werden, auch ohne Kassenpersonal. “
Wolfgang Binninger, Geschäftsführer ABC Retail
Ich denke nicht, dass dies langfristig nur bei Lebensmittel-Märkten ein Thema ist, es wird auch im Mode-Einzelhandel eines werden. Generell setzt es aber die Bereitschaft zu einem Investment voraus, da verhält es sich wie damals bei den Onlineshops: wer als erster investiert hat, hat vielerorts das Rennen gemacht.
Auch Click & Collect ist weiterhin im Rennen: Beispielsweise für Kunden, die hingelegt bekommen wollen, was sie online ausgesucht haben und es vor Ort in der Kabine probieren möchten, ohne Zeit zu verlieren. Im besten Fall können ihnen noch weitere Kleidungsstücke oder Accessoires während der Anprobe aufs Mobiltelefon gespielt werden.
Weitere relevante Entwicklungen im Modehandel wie zum Beispiel Virtuelle Spiegel, RFID und produktgesteuertes Digital-Signage werden in der Modebranche optimiert und öfters zum Einsatz kommen. Digitale Lösungen können Einzelhändlern schon jetzt Kosten sparen und bis zu 40 Prozent mehr Umsatz bescheren – es fehlt ja ohnehin an Fachkräften.
Öffnungszeiten könnten auf diese Weise ausgedehnt werden, das sehen wir schon jetzt an Supermärkten, mit denen wir arbeiten. Übrigens nicht nur in Großstädten: Über 400 Märkte der Kette Penny haben wir mit neuer Technik ausgestattet, darunter auch zwei kleinere Filialen in Ihringen und Bad Krozingen.
Letztlich könnte das Einkaufen auf dem Land mit Apps und Selfscan gerettet werden, mit weniger oder auch ohne Kassenpersonal. Was für uns noch nach Zukunftsmusik klingt, ist andernorts längst verwirklicht. Generell sind uns einige Länder mit entsprechenden Technologien fünf Jahre voraus, nicht nur die digitalaffinen Israelis, sondern auch Supermärkte in England und Frankreich. Auch unser in der Schweiz ist bereits sehr weit.“
Wolfgang Binninger ist Geschäftsführer des Unternehmens ABC Retail in Hartheim, einem Anbieter für Prozessund IT-Beratung im filialisierten Einzelhandel. Zu den Kunden zählen viele große und mittelständische deutsche Adressen in Lebensmitteleinzelhandel und Mode.