Die Freiburger Beratungsgesellschaft en.value ist bei Finance-Themen ein zunehmend gefragter Partner. Unter anderem auch bei Fragen zu Nachfolgen und Übernahmen, unserem Titelthema der Februar-Ausgabe. Ein Gespräch mit den beiden Geschäftsführern Ulrich Kenk und Patrick Lux.
INTERVIEW: RUDI RASCHKE
Für Finanzexperten wie Ihr Freiburger Unternehmen en.value spielt das Thema „Nachfolge“ eine immer größere Rolle. An welchem Punkt kommt bei einer Nachfolge das Thema Finance ins Spiel?
Kenk: Wir sind eine unabhängige, spezialisierte Beratungsgesellschaft und professioneller Outsourcing-Partner. Gerade in Zeiten einer Nachfolge brauchen Unternehmen eine leistungsstarke Finanzorganisation und aktuelle Zahlentransparenz mit verlässlichen Daten.
Beim Thema Nachfolge sind Sie dann nicht in Themen wie Personalfindung oder Ähnliches involviert, sondern eher in Abläufen?
Lux: Genau – und zwar in alle Prozesse im Finance-Bereich. Wir begleiten unsere Kunden während der gesamten Transaktion – ganz gleich, ob es sich um eine Nachfolgelösung innerhalb der Familie handelt oder externe Investoren in ein Unternehmen einsteigen. Wir sind sowohl bei Generationenwechsel, bei Unternehmensverkäufen und im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen tätig. Dabei fungieren wir als Sparringspartner im Unternehmen und kümmern uns nicht nur um eine Bestandsaufnahme der Finance-Prozesse und bilanziellen Abgrenzung der Vermögenswerte des Unternehmens, sondern sorgen bei Bedarf mit den richtigen Systemen auch dafür, dass das das Unternehmen ein aussagekräftiges Monats-, Liquiditäts-, oder Working-Capital-Reporting zur Hand hat, um richtig in die Zukunft zu steuern.
Kenk: Bei vielen Transaktionen sind wir Mittler zwischen mittelständischen Unternehmen und Investoren. Da stoßen nämlich oft zwei Welten aufeinander, die mit ganz unterschiedlicher Geschwindigkeit Entscheidungen fällen. Wir sehen uns auch als Coach und diskutieren mit unseren Kunden über Geschäftsmodelle und ob man mit den Produkten auch morgen noch Geld verdienen kann.
In Investoren-Kreisen spricht man vom „Onboarding“ inzwischen nicht mehr nur bei neu eingestellten Mitarbeitern, sondern auch bei ganzen Unternehmen, die übernommen werden. Was verbirgt sich dahinter?
Lux: Wenn Private-Equity-Gesellschaften ein Unternehmen kaufen oder sich daran mehrheitlich beteiligen, wird dieses Unternehmen Bestandteil ihres Portfolios. Sie bringen sozusagen ein neues Unternehmen „an Bord“.
Kenk: Wenn ein Familienunternehmen an die nächste Generation übergeben wird, ist der Prozess sehr ähnlich. Allerdings sind der zeitliche Druck und die Tiefe der Information bei einem externen Investor ein wenig größer, weil dieser das Unternehmen naturgemäß nicht so gut kennt wie ein Familienmitglied. Mit dem Einstieg eines externen Investors geht fast immer auch ein gewisser Wandel im Unternehmen einher.
Als Beratungsunternehmen für Finanzthemen und Outsourcing-Partner verzeichneten Sie zuletzt Wachstumsraten von 85 und 25 Prozent trotz Corona. Wie erklären Sie selbst das?
Kenk: Wir sind nicht nur bei Unternehmenstransaktionen wie Nachfolge oder Verkauf aktiv, sondern übernehmen für unsere Kunden die Finanz- und Lohnbuchhaltung, die Erstellung von Jahresabschlüssen oder sonstigen finanziellen Berichten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels lagern viele Unternehmen Teile ihrer Finanzabteilungen aus. Darüber hinaus unterstützen wir Unternehmen bei Restrukturierungen oder beraten sie in allen weiteren Finance-Fragen. Was uns unserer Ansicht nach ausmacht, ist die Verbindung von Beratungskompetenz mit einer operativen Erfahrung als CFO. Damit sind wir Sparringspartner auf Augenhöhe. Dazu kommt unsere Kompetenz mit der Reporting-Software LucaNet. Unsere Beratung beschränkt sich somit nicht auf eine Folienpräsentation, sondern wir liefern Lösungen und setzen die Dinge mit dem Unternehmen auch aktiv um.
Setzen Sie in Unternehmen auf kurzfristige Einsätze oder eher langfristige Mandate?
Lux: Es gibt auch bei der Transaktionsbegleitung kaum Beratungsaufträge, wo wir lediglich vier Wochen absolvieren und dann wieder aufhören. Unser Ziel ist immer, dass der Kunde eine eigene, schlagkräftige Finanzorganisation aufbaut und wir nicht bis zum Sanktnimmerleinstag dabei bleiben. Aber in ganz vielen Fällen kommen die Unternehmen bei Finance-Fragen auch nach Abschluss der eigentlichen Transaktion punktuell immer wieder auf uns zu. In Projekten, bei denen Unternehmen ihre Buchhaltung oder ihre komplette Finanz-Abteilung auslagern, ist die Zusammenarbeit natürlich sowieso langfristig ausgelegt.
Wie sieht eine erste Kundenanfrage bei Ihnen aus?
Kenk: Wir arbeiten aktuell sehr viel für Investoren. Hier erhalten wir in der Regel erst einmal die sogenannten Due-Diligence-Unterlagen zur Prüfung, also sämtliche Zahlen des Unternehmens. Damit arbeiten wir uns ein und überprüfen diese Zahlen teilweise auch vor Ort. Dann steht die Finanzierungsstruktur im Fokus, denn mit dem Einstieg eines Investors ändern sich oft die Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch die Einbringung einer Konsortialfinanzierung. Erst später geht es um die Optimierung von Finanzprozessen.
Wo sind Ihre Kunden angesiedelt, eher im Raum Südbaden oder darüber hinaus?
Kenk: Wir arbeiten sehr gerne mit Kunden aus Südbaden, aber der überwiegende Teil unseres Geschäfts ist überregional mit Projekten aus ganz Deutschland.
Lux: Auch die ersten Projekte in der Schweiz und Österreich sind jetzt dazugekommen.
Zu Ihren Kunden zählen Dienstleister wie Jobrad aus Freiburg, aber auch produzierendes Gewerbe. Wie setzt sich der Stamm insgesamt zusammen?
Lux: Wir haben fast alle Branchen bei unseren Kunden vertreten – Online- und Software-Unternehmen, Dienstleistung und Industrie, vom Freiburger Service-Anbieter Jobrad bis zum Premiumhersteller von Taschenlampen.
Kenk: Etwa 40 Prozent gehören zum produzierenden Gewerbe, darunter auch Medizintechnik, der Rest sind Dienstleister.
Wie sieht Ihre Leistung bei Firmen wie Jobrad konkret aus?
Kenk: Jobrad ist eigentlich ein gutes Beispiel für viele unserer klassischen Finance-Beratungsmandate. Hier ging es nicht um eine Nachfolge oder einen Unternehmensverkauf. Wir haben bei Jobrad mit LucaNet eine Software-Lösung eingeführt, mit der sich der Konzernabschluss und das Finanz-Berichtswesen erheblich vereinfachen und beschleunigen lässt und haben im Hinblick auf die Gestaltung der Finanz-Prozesse beraten.
Jobrad steht für ein riesiges Wachstum auf nunmehr über 500 Angestellte. Eine spannende Herausforderung?
Kenk: Absolut spannend, denn die Organisationsstrukturen, gerade auch im Finanzbereich, müssen dort ja mitwachsen. Unsere Dienstleistung ist für Außenstehende nicht immer ganz leicht zu greifen. Für uns ist es eine tolle Motivation zu sehen, wie sich so ein Unternehmen entwickelt.
Was sehen Sie zuerst, wenn Sie ein Unternehmen betreten, worauf achten Sie zuerst?
Kenk: Erst auf die Menschen, dann auf die Produkte und Services. Wir wollen die Gesellschafter, Führungskräfte aber auch die Mitarbeiter kennenlernen. Bei den Produkten ist für uns wichtig, wie die Planung aussieht – und mit welchem Produkt oder Geschäftsmodell die Umsätze in fünf Jahren getätigt werden sollen.
Kommt es hin und wieder zu einem Clash der Kulturen? Wenn ein Münchner Investor einen Mittelständler im Südschwarzwald übernimmt?
Kenk: Ja, das sind die vorhin schon angesprochenen zwei Welten. Das erfordert oft viel Fingerspitzengefühl und Vermittlungsarbeit. Wir müssen Mitarbeitern die Angst vor dem Neuen nehmen oder einen Investor auch einmal „einbremsen“, damit er die Leute nicht verliert. Ohne den menschlichen Faktor geht das nicht.
Sie haben eingangs erwähnt, dass Sie ab Due-Diligence-Prüfung dabei sind. Lautet Ihr Rat da auch manchmal „Finger weg“ mit Blick auf eine Übernahme?
Lux: Wir werden gefragt und geben Rat, aber entscheiden müssen diejenigen, die den Geldbeutel aufmachen. Häufig lautet auch hier die Frage: „Was würden Sie tun, wenn es Ihr Geld wäre …?
Inwieweit spielt hier für Sie eine Rolle, was ein Unternehmen entwickeln könnte – ein Produkt oder eine Leistung, die vielleicht in der Gegenwart noch gar keine Rolle spielt.
Kenk: Unser Fokus ist sicher der Finance-Bereich. Aber auch hier spielen Innovationszyklen eine Rolle, weil das zum Beispiel Investitionsentscheidungen nach sich zieht und auch Systeme und Prozesse möglicherweise in Frage stellt. Macht das Warenwirtschaftssystem das in den nächsten Jahren noch mit? Haben wir mit den bestehenden Systemen auch mit den neuen Produkten noch die notwendige Transparenz? Das sind Fragen, die wir diskutieren.
Lux: Nachdem wir die Menschen kennengelernt haben, ist die nächste Frage meistens die, womit ein Unternehmen heute und in Zukunft sein Geld verdient. Das ist heute die Aufgabe vieler Finanzchefs bzw. CFOs. Früher hatten sie nur den Monatsabschluss zu erledigen. Heute geht es vielmehr um die Erkenntnisse und Maßnahmen, die sich daraus ableiten lassen. Weniger rückwärtsgewandt, sondern strategisch nach vorne gerichtet, beispielsweise in Zusammenarbeit mit den Entwicklungsleitern eines Unternehmens oder den Marketingleuten.
Es geht weg von der Aufgabe des Ober-Controllers?
Lux: Die bleibt, aber es gibt ganz neue Herausforderungen. CFOs sind jetzt auch gefragt, wenn es z. B. um Verkaufsdaten geht. Denken Sie an die Geschäftsmodelle, wo es längst nicht mehr um Produktabsatz geht, sondern um Dienstleistungen. Das Abo-Modell finden Sie mittlerweile in vielen Geschäftsmodellen, selbst beim Auto. Das stellt die Finanzabteilung vor ganz neue Aufgaben.
Wie gelingt vor diesem Hintergrund Innovation am Produkt am besten?
Lux: Unserer Ansicht nach ist Innovation dann am erfolgreichsten, wenn man den Kunden von Anfang an mit auf die Reise mitnimmt. Man entwickelt also nicht im stillen Kämmerlein ein Produkt und versucht es dann zu verkaufen, sondern entwickelt im Dialog mit dem Kunden eine Lösung für das, was der Kunde sucht. In der Medizintechnik werden beispielsweise neue Produkte als Prototypen in OPs gebracht, wo sie angefasst werden können, weit vor der endgültigen Version.
Was glauben Sie, wie wird sich das Thema Unternehmensnachfolge aus Ihrer Sicht in Zukunft entwickeln?
Kenk: Das Thema Unternehmensnachfolge bzw. die Wachstumsfinanzierung und -begleitung ist im deutschen Mittelstand in den kommenden Jahren weiter ein absolutes Top-Thema. Wir sehen schon heute, dass es einen verstärkten Trend hin zu Unternehmensverkäufen an Private Equity-Unternehmen gibt. Immer mehr Unternehmen haben Schwierigkeiten, eine familiäre Nachfolgeregelung zu finden oder wollen das Risiko einer Wachstums- oder Internationalisierungsphase nicht alleine tragen und suchen einen verlässlichen und erfahrenen Partner auf Gesellschafterebene. Für uns bietet das Chancen, denn gerade bei einem Verkauf oder einem Wechsel im Gesellschafterkreis benötigen alle Seiten verlässliche Unternehmensdaten – und da kommen wir ins Spiel.
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