Das Kinzigtal war einst von seinen Flößern geprägt, heute ist der Standort Haslach auf halber Strecke zwischen Offenburg und Freiburg vor allem mit einer gut diversifizierten Wirtschaft gesegnet: Große Handwerksbetriebe, mittlere Industriefirmen, aber auch Hidden Champions sind hier vertreten.
VON RUDI RASCHKE
Einer, der Landschaft pflegen will, ist der Haslacher Bürgermeister Philipp Saar. Seine Hoffnungen richten sich auf die interkommunale Zusammenarbeit im Kinzigtal. Nur gemeinsam konnten wichtige Fragen zu Unternehmensansiedelungen und Wohngebieten beantwortet werden, sagt Saar.
Die Geschichte des Kinzigtals um Haslach ist mit dem Bergbau verbunden, heute sind es natürlich ganz andere Wirtschaftszweige: Namen wie Haser Metallbau aber auch BBS Motorsport. Ditter Plastic ist ein ebenso wichtiges Unternehmen wie die Streit Datentechnik, die zu den Hidden Champions der Ortenau zahlt. Aber auch große Handwerksfirmen wie Elektro Prinzbach und Moser Fensterbau bereichern den Standort. Die Firma Benz Werkzeugsysteme hat sich gerade aus dem gut wachsenden Haslach ins benachbarte Gengenbach verabschiedet. Ein 17-Millionen- Invest, der jetzt woanders stattfindet. Der Wegzug des 300-Menschen- Unternehmens lenkt das Gespräch im Haslacher Rathaus auf eine zentrale Idee von Bürgermeister Saar: das Denken in interkommunalen Nachbarschaften, in Raumschaften.
Saar (44) selbst ist einer von vielen Rückkehrern in die sudbadische Heimat. In Berlin war er unter anderem beim Recyclingunternehmen Alba, zugleich Namensgeber des Basketball-Bundesligisten, im Management und in politischer Lobbyarbeit tätig. Nach gewonnener Wahl kam der in Emmendingen Aufgewachsene 2017 nach acht Jahren Hauptstadt zurück. Die Gemeinde hat 7000 Einwohner, sie zahlt aber trotz dieser überschaubaren Zahl zu einem der bekannteren Orte in der Ortenau, die Tradition von Fachwerk und Fasnet tragt zum Image des Ortes bei.
Die Entwicklungsmöglichkeiten sind an dieser Stelle des Kinzigtales gleichwohl auch geografisch begrenzt: Sowohl beim Gewerbe wie beim Wohnungsbau sind keine allzu großen Sprünge möglich, auch der Burgersinn verhindert manche Ansiedlung von Unternehmen oder Wohngebieten. Das gilt nicht nur für Haslach.
Das Zauberwort heißt für Saar interkommunale Gewerbegebiete, im Verwaltungsjargon ist es das Projekt Interkom II. Dabei geht es zunächst darum, dass sich Haslach mit der Nachbarkommune Steinach Firmenansiedlungen teilen könnte, auf Steinacher Grund, im Gegenzug aber vielleicht auch Wohnungen in Haslach geschaffen werden könnten. Oder sich für Senioren- und Pflegeeinrichtungen zusammentun könnte. Für das Interkom II gab es im Jahr 2015 eine knappe Niederlage bei einem Bürgerentscheid in Steinach. Saar war sich trotzdem nicht zu fein, die Verbindlichkeit des Entscheids über lediglich drei Jahre öffentlich wieder aufzuwerfen.
Das Thema rührt an etwas Grundsätzliches hier in der Region: Wie können kleine Gemeinden unter Beachtung der Nachhaltigkeit zukunftssicher gemacht werden? Sowohl was Gewerbesteuer wie anteilige Einkommenssteuer-Strome, aber auch eine funktionsfähige Wirtschaftswelt von Handel bis Handwerk angeht?
Philipp Saar, der als Haslacher Bürgermeister einer Verwaltungsgemeinschaft von insgesamt 16.000 Einwohnern (mit Haslach, Hofstetten, Steinach, Fischerbach und Mühlenbach) vorsteht, sieht hier weitere Möglichkeiten für Synergien. In der Verwaltungsgemeinschaft hat er sie bereits: als Standort der unteren Baurechtsbehörde werden bei ihm Anträge gestellt, ohne den Umweg über das Landratsamt im fernen Offenburg zu nehmen. Auch im Kammererwesen ist für ihn eine Zentralisierung, beispielsweise im Abrechnungsbereich, denkbar. Er sieht sich im Selbstverständnis dahingehend als Manager der Gemeinde, der auch einmal „Spaßbremse“ sein müsse – aber eben auch als Problemloser, der Verbindliches anbieten will.
Mit seinem Gestaltungswillen ist er so etwas wie der Bürgermeister 2.0, einer, der andernorts schon in anderen Größenordnungen gewirtschaftet hat, aber ein jovialer Politiker-Typ von hier ist. Für das Kinzigtal um Haslach konnte das Gemeinsam-Denken à la Saar tatsachlich noch wichtig sein – die benachbarten Gemeinden Gengenbach, Ohlsbach und Berghaupten haben diesen Schritt bereits vollzogen. Ihr sogenannter Kinzigpark reiht aktuell Neubau um Neubau entlang der B33. Konkurrenz belebt die Gemeinden. Aber auch das Miteinander belebt sie.