Der SC Freiburg und das Sponsoring – definitiv eine Erfolgsgeschichte, aber auch eine, auf die Fans ein kritisches Auge werfen. Zwischen Emotion und Ratio: Was bringt es den Unternehmen?
VON RUDI RASCHKE
Unter den Themen, die in der spielfreien Zeit die meisten Fußballfreunde zu Co-Trainern machen, ist die Gerüchtewelt um Spielerverpflichtungen sicher das wichtigste. Danach folgt vermutlich die Trikotgestaltung, aber eben auch das Sponsoring. Spätestens hier wird aus dem gefühlten Co-Trainer auch noch der Co- Marketingvorstand. Gern geledert wird über passende und unpassende Sponsoren, über regionale und internationale Werbepartner, über das, was hätte sein können und das was dann kam.
Der eine oder andere Fan ist dann meistens enttäuscht und weiß es besser. Ein Autohändler aus dem Internet! Warum nicht ein lokaler Radhersteller? Ein Familienunternehmen aus der Ortenau! Warum nicht ein amnesty-international- Stadion?
Auch wenn die Wünsche der Fans hier nicht immer in Erfüllung gehen, ist der SC Freiburg ein gefragter Sponsoring- Partner. Bis zu ein Sechstel seines zuletzt bei 110 Millionen Euro liegenden Umsatzes erwirtschaftete der Club in den vergangenen Jahren über die Werbeflächen auf Banden, Trikots und dem Stadiondach. Die 12,8 Millionen Euro der Spielzeit 20/21 für den SC sind beachtlich, aber deutlich unter dem Durchschnitt von 46,5 Millionen Euro bei den 18 Bundesligisten. Insgesamt nahmen die Vereine der Bundesliga 835 Millionen Werbe-Euro ein.
Beim SC bedeutet das auch: Mangels Großkonzernen, aber auch ohne ethisch hässliche Sponsorings wie das Qatar-Engagement bei Bayern München, findet er sich eher am Schlusslicht der Sponsoren-Tabelle. Seine Sponsoringeinnahmen stützen sich auf die Schultern von mittlerweile über 400 Partnern – vom britischen Internet-Autohändler, der auf dem Trikot als Hauptsponsor wirbt, bis zum einfachen Werbepartner, der Hütten vermietet. Sechs solcher Ebenen von oben bis unten kennt die Sponsoring-Architektur. Vom Sockel bis zur Spitze gleicht sie eher einer Pyramide als einem Hochhaus.
Gutes Image hilft
Gerade beim Sponsoring kommt dem Sportclub neben dem neuen Stadion das jahrelange gute Image, das mit dem Pokalfinale einen Höhepunkt erreicht hat, zugute. Die sportlichen Erfolge tun ihr übriges. Gleichwohl, so betont Finanzvorstand Oliver Leki, seien in der Kernregion des SC Freiburg im Radius von rund 100 Kilometern um die Stadt, „noch nicht alle großen Unternehmen Partner beim Sport-Club“. Die wolle man noch überzeugen.
Eines der Unternehmen aus der Region, das den SC unterstützt, ist die Firma WeberHaus aus Rheinau-Linx in der Ortenau. Der Fertighaus-Hersteller ist einer von neun sogenannten „Exklusivpartnern“ und darf sich zusätzlich noch mit den etwas kuriosen Titel „offizieller Hausbau-Partner des SC Freiburg“ schmücken. Exklusiv bedeutet vor allem: WeberHaus ist im Fernsehen deutlicher präsent als andere Sponsoren, neben den klassischen Werbebanden beispielsweise auf den Rücksetzern für TV-Interviews. Bringt’s das?
Eindeutig ja, sagt WeberHaus-Marketingleiter Klaus-Dieter Schwendemann. Sein Unternehmen sei zu 95 Prozent auf dem deutschen Markt aktiv, den decke der SC hervorragend ab. „Der Sport-Club ist ein Reichweitenbringer, der traditionelle Werte verkörpert, aber nicht unmodern ist.“ Und dann erklärt er, dass auch ein 14. Platz für das Unternehmen kein Problem sei, der SC Freiburg könne mit einem Trainer wie Christian Streich auch ab- und wieder aufsteigen.
Das alles klingt nicht nach sechs- bis siebenstelligen Eintrittsgeldern pro Jahr, sondern wie aus einem Fanmagazin. Und nach echter Partnerschaft. Dabei war das Sportsponsoring von WeberHaus schon 1996 Gegenstand einer Diplomarbeit im Fach Technische Betriebswirtschaft. Erkenntnis der Wissenschaftlerin damals: Wichtig sei, dass die Entscheidung für ein Sponsoring systematisch geplant wird. Aber auch, dass die Hälfte der Werbemaßnahmen im Sportsponsoring ihren Zweck erfüllen. Was bedeutet, dass die andere Hälfte ihr Ziel verfehlt. Ist es nun emotional zu betrachten oder rational? Vermutlich mit einer Mischung aus beidem.
Sascha Jusufi ist ehemaliger Fußballprofi und spielte unter anderem beim Hamburger SV. Der 59-Jährige betreibt in Hamburg die Agentur Mehrwert, die die früheren SC-Sponsoren Suzuki und Duravit betreute. Aus dieser Erfahrung heraus sagt er, dass eine klare Zielsetzung von Anbeginn an feststehen müsse. Bei Suzuki sei dies die Verjüngung der Marke gewesen, die in Deutschland damals überwiegend von älteren Herrschaften gekauft wurde. Mit einem Ausbildungsverein wie dem SC zu arbeiten habe sehr wohl einen Imagetransfer gebracht.
Trikotwerbung ist nur ein Teil
Aber jede Zusammenarbeit müsse mit Leben gefüllt werden, so gesehen geht die Marketingarbeit mit der Unterschrift erst richtig los. Bei Duravit war dies die Platzierung in redaktionellen und werblichen Umfeldern der Sportberichterstattung, bei Suzuki die Einbeziehung der Händler. Sascha Jusufis Faustregel: Fast der gleiche Betrag wie für die Trikotwerbung muss noch einmal für das ausgegeben werden, was er „Aktivierung der Marke“ nennt: Anzeigen, Spots, Events.
Bei allem müssen beide Partner genau hingucken, mit wem sie sich einlassen, sagt er. Auch der Sponsor kann in Fällen wie Doping, Wettbetrug oder Rassismus durch den Verein einen Imageschaden erleiden, nicht nur umgekehrt. Bisweilen hat man den Eindruck, dass für Sportsponsoring zu viel Geld ausgegeben wird. Jusufi sagt dazu: „Die Beträge sind immer dann richtig, wenn sie gezahlt werden.“ Das gelte für regionale wie für internationale Partner.
Abschlussfrage an Oliver Leki, den zuständigen SC-Vorstand: Und warum ist jetzt kein regionales Unternehmen neuer Haupt- und Trikotsponsor geworden, sondern der britische Onlineautohändler Cazoo? Es sei durchaus schwierig, „ein Unternehmen zu finden, das die Marktpreise bezahlen kann“, sagt Leki. Cazoo sei ein internationales Unternehmen, das mithilfe des Fußballsponsorings in den deutschen Markt eintreten will. „Dass wir als Verein dabei das Rennen gemacht haben, ist positiv zu bewerten.“
Mitarbeit: Susanne Maerz