Die Stadt Freiburg und ihre Vermarktungstochter FWTM wollen die Innenstadt beleben. Während sie auf das nötige Geld vom Bund warten, präsentierten sie jüngst Ideen dafür.
VON KATHRIN ERMERT
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ziemlich genau fünf Jahre nachdem der große Platz der Alten Synagoge entgegen den Warnungen von Klimaexperten seine Grünfläche verloren hat und unter Steinplatten verschwunden ist, überlegt man im Freiburger Rathaus nun, den ungleich kleineren Platz vor der neuen Synagoge klimatisch zu verbessern. Details oder Konkretes gebe es dazu noch nicht, sagte Stadtplaner Roland Jerusalem jüngst bei einer Pressekonferenz zur Innenstadtentwicklung an einem heißen Julitag. Aber man habe, ebenso wie beim Holzmarkt, Gespräche mit allen anwohnenden Gruppen gestartet.
Mit solchen „Klimamaßnahmen“ will die Rathausspitze auch dafür sorgen, dass die Menschen sich in der Innenstadt wohl fühlen, dass sie vor allem wieder gern ins Zentrum kommen. Denn das tun sie viel weniger als früher. Am letzten Samstag vor den Sommerferien zählte die Messstation an der Kaiser-Joseph-Straße knapp 30.000 Menschen. Am entsprechenden Samstag 2019, also vor der Pandemie, waren es mehr als 54.000 gewesen und selbst zum gleichen Zeitpunkt im ersten Coronasommer 2020 rund 42.000.
Die Probleme der Innenstadt sind bekannt, die Pandemie ist nicht das einzige. Demos schrecken viele ab, der wachsende Onlinehandel setzt ihr schon lang zu und zuletzt die kriegsbedingte Inflation. Einige Nöte gab es schon vor Corona. Anfang 2020 war deshalb eine Freiburger Delegation nach Münster gereist, um sich in der nordrhein-westfälischen Unistadt Impulse zu holen. „Wir waren beeindruckt, wie gut die Akteure dort organisiert sind“, berichtete FWTM-Chefin Hanna Böhme. „Wir sind voller Ideen zurückgekommen und wollten eigentlich gleich loslegen“, sagte Oberbürgermeister Martin Horn.
Was im Ideen-Füllhorn alles lag, verriet er nicht. Einzelhändler hatten in den zwei Jahren seit der Reise ohnehin beklagt, dass sie über den Verlauf des Münster-Ausflugs nicht informiert wurden. Die Pandemie hat die Umsetzung gebremst und schuf überdies Probleme, die Freiburg zuvor kaum gekannt hatte, wie zunehmende Leerstände.
Deshalb hatte der Gemeinderat die Verwaltung vor knapp einem Jahr beauftragt, ein Konzept zur Wiederbelebung der Innenstadt zu erarbeiten. Das ist nun teilweise geschehen und soll noch weiterführen. Zu dem Paket, das der Gemeinderat vor seiner Sommerpause absegnete, zählen neben den Klimamaßnahmen auch die Umgestaltung des Colombiparks – er soll an seiner Nordostseite einen Spielplatz mit etwas Wasserspaß für Kinder bekommen, sobald die dortige Drogenszene an einen neuen Treffpunkt umgezogen ist. Hinzu kommen „Familiensamstage“ mit kostenfreier Fahrt in den städtischen Bussen und Bahnen.
Manches ist schon realisiert wie ein paar Pop-up-Stores oder die 80 grünen Stühle, die sich nach Pariser Vorbild auf einigen städtischen Plätzen verteilen. Für die meisten Maßnahmen, die sich die Stadtplaner zusammen mit Einzelhandelsvertretern überlegt haben, steht ihnen Geld vom Bund in Aussicht. Um 1,18 Millionen Euro hat sich Freiburg beim Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung beworben – aber noch keine Bewilligung erhalten. Den erforderlichen Eigenanteil in Höhe von 295.000 Euro teilen sich Stadt (168.00 Euro) und FWTM (127.000 Euro). Ein Teil davon kommt aus der Bettensteuer, die der Verwaltungsgerichtshof jüngst bestätigt hat.
Böhme, Horn und Jerusalem betonten, dass sie alle Schritte gemeinsam mit Händlervereinigungen und Bürgervertretern gehen. Im Dialog mit dem Einzelhandel habe sich zum Beispiel herausgestellt, dass ein verkaufsoffener Sonntag, der eigentlich versprochen war, angesichts knapper Belegschaften gar nicht mehr oben auf der Wunschliste der Händler stehe, sondern kostenfreier ÖPNV. In der Vergangenheit seien die Tage, an denen die Menschen ohne Fahrkarte mit Bahnen und Bussen in die Innenstadt kommen konnten, die umsatzstärksten überhaupt gewesen. Allerdings war der bislang letzte Aktionstag dieser Art zur Eröffnung der Stadtbahn am Rotteckring im März 2019 – und somit vor der Pandemie, die immer noch für geringere Fahrgastzahlen sorgt.