Hofeis für die Region, Black Forest Ice Cream für Deutschland: Die bislang lokal aufgestellte Schwarzwälder Eismanufaktur setzt mit ihrer neuen Marke zum Sprung ins bundesweite Geschäft an.
VON KATHRIN ERMERT
Nach acht Stunden Reifezeit und einer ersten Runde im Froster kommt die verführerisch aussehende, rosafarbene Masse aus der Eismaschine: Himbeer-Fichte wird heute abgefüllt. Das geht am besten bei einer Temperatur von minus sechs Grad. Mit Deckel versehen fahren die Pappbecher anschließend in den Schockfroster, der sie auf minus 45 Grad herunterkühlt. So kann das Eis monatelang im Kühllager auf seine Auslieferung warten. In den zurückliegenden Wochen, als die Nachfrage noch so verhalten wie der kalte Frühling war, produzierte die Eismanufaktur in Schallstadt auf Vorrat. Geschäftsführer Matthias Rothacher harrte beim Interviewtermin im Mai der Dinge. Er wusste: Es kann jederzeit richtig losgehen, wenn es wärmer wird.
Vom Tierpark in die Region
Denn seine Schwarzwälder Eismanufaktur ist mit einer neuen Marke am Start – und das in guter Position. Black Forest Ice Cream hat nicht nur die Ausschreibung fürs ICE-Bordbistro gewonnen, wo das neue Bioeis seit März verkauft wird, sondern ist jetzt auch bei mehreren großen Einzelhändlern in ganz Deutschland und der Schweiz gelistet. Es ist deshalb gut möglich, dass die Nachfrage sprunghaft steigt und Rothacher die Produktion hochfahren muss. Bislang gibt es nur eine Schicht, in der sechs der insgesamt achtzehn Beschäftigten arbeiten. Neu bedruckte Becher in ausreichender Menge warten im Lager. „Das ist alles gerade sehr spannend”, sagte Rothacher im Mai. „Die neue Marke ist wie eine Blackbox.“ Solange der Beginn der Eissaison auf sich warten ließ, wusste er nicht, wohin die Reise geht, und konnte viele Fragen nicht beantworten: Die alte Marke Hofeis beibehalten? Bio und konventionell parallel fahren? In eine eigene Stieleisproduktion investieren?
“Das ist gerade alles sehr spannend. Die neue Marke ist wie eine Blackbox.”
Matthias Rothacher, Schwarzwälder Eiismanufaktur
Black Forest Ice Cream soll das nächste Kapitel einer Entwicklung einläuten, die vor einigen Jahren im Freiburger Tierpark Mundenhof begonnen hat. Dort betreibt Rothacher seit zwanzig Jahren zusammen mit seiner Frau Jeanine die Hofwirtschaft. Er ist Gastronom und hat im Colombi-Hotel gelernt. Weil sie die Qualität von Industrieeis nicht überzeugte, begannen die Rothachers, selbst Eis herzustellen. Zusammen mit dem ausgebildeten Eismacher Silvano Baccichilti entwickelten sie Rezepte, kauften eine Eismaschine und starteten mit kleinen Mengen. Unter der Woche produzierten sie etwa 1500 Becher, die sie am Wochenende verkauften.
Diese Menge reichte bald nicht mehr. Das Hofeis, wie sie es passend zum Mundenhof nannten, kam so gut an, dass eine größere Produktion nötig wurde. Die Investition in die Eismanufaktur in Schallstadt war ein großer Schritt und die Grundlage für die jetzige Expansion. Einen siebenstelligen Betrag haben die Rothachers in das Gebäude und die in Italien gekauften Anlagen investiert. Seit 2017 stellen sie dort ihr Eis her, das längst nicht mehr nur beim Mundenhof, sondern in Freiburg auch im Strandband und in der Innenstadt sowie in vier Foodtrucks und bei einigen Edeka-Händlern verkauft wird.
Hohe Qualität, hoher Preis
In Freiburg und Umgebung kennt wahrscheinlich jedes Kind Hofeis. Rothachers eigene, sieben und zwölf Jahre alt, sind ebenso große Fans wie sämtliche Nachbarskinder in Gottenheim, die gern zum Eisessen kommen. Hier ist die Marke eng mit dem Mundenhof verknüpft, was einen Teil des Erfolges ausmacht. Gleichzeitig ist das der Grund, dass es außerhalb der Region nicht ganz so gut funktioniert. Deshalb kreierten Rothacher und sein Team eine neue Brand, weg vom regionalen Tierpark hin zum bundesweiten Biotrend.
Seit einem Jahr gibt es Black Forest Ice Cream als reines Biolabel. Anders als beim Hofeis, wo vieles nebenbei und selbst gemacht wurde, hat Rothacher diesmal Profis ins Design und den Launch einbezogen. Außerdem hat er den Markt und die Zielgruppe gründlich analysiert. Er sieht eine Nische in der Qualität, dem Bezug zum Schwarzwald und den ungewöhnlichen Sorten wie die eingangs erwähnte Himbeer-Fichte, die Silvano Baccichilti und dessen Sohn Claudio kreiert haben. Mit dem Anspruch, bundesweit ins Geschäft zu kommen, hebt sich die Schwarzwälder Eismanufaktur von regionalen Konkurrenten wie Bolleschlotzer in Münstertal oder Seebodenhof in Efringen-Kirchen ab.
Dem bisherigen Feedback nach scheint Rothachers Kalkül aufzugehen. Auf der größten Messe für Biolebensmittel, der Bio Fach in Nürnberg im Februar, besuchte der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk den Stand der Schwarzwälder Eismanufaktur. Und in die Zentrallager mehrerer Einzelhandelsketten zu kommen, ist auch etwas Besonderes. Doch ob den Käufern das neue Schallstädter Bioeis schmeckt, muss sich erst noch zeigen. Denn Qualität bedeutet auch: ein hoher Preis. Den muss Rothacher den Kunden, die Industrieeis gewohnt sind, genauso erklären wie die Konsistenz seines Eises. Das ist nämlich deutlich fester, weil keine Luft hineingepumpt wird. Damit es die gleiche Konsistenz wie beim Abfüllen bekommt, muss man es vor dem Verzehr etwas antauen. Das Warten auf das Eis soll sich dann auch lohnen.