Nachdem der Tuttlinger Aesculap-Konzern das Denzlinger Medizintechnikunternehmen Schölly Fiberoptic komplett übernommen hat, wechselt nun Firmenchef Holger Reinecke vollständig zu den neuen Eigentümern. Und sein Nachfolger Stefan Schnekenburger kommt von dort.
VON SUSANNE MAERZ
Es sind unruhige Zeiten für die Mitarbeitenden der Schölly Fiberoptic GmbH in Denzlingen. Schon allein deshalb, weil Anfang des Jahres Regula Schölly im Alter von 72 Jahren aus der Geschäftsführung des Unternehmens ausgeschieden ist und nun alle Anteile am Unternehmen an die Aesculap AG aus Tuttlingen verkauft hat. Fast 50 Jahre hatte sie die Firma geprägt: 1973 hatten das Ehepaar Werner und Regula Schölly das Medizintechnikunternehmen gegründet und es bis zum Tod von Werner Schölly im Jahr 2016 gemeinsam geführt.
Als Nachfolger für ihren kranken Mann hatte Regula Schölly 2015 den Professor für Prozesstechnologie an der Uni Freiburg, Holger Reinecke, an die Firmenspitze geholt, der bereits im Beirat des Unternehmens saß. Nun sind Reineckes Tage bei Schölly Fiberoptic gezählt. Zum 1. Januar 2024 wechselt der 59-Jährige komplett zu Aesculap, wo er bereits seit Mitte 2022 Vorstandsmitglied für Forschung & Entwicklung und Regulatory Affairs ist.
„Beide Leitungsfunktionen haben inhaltlich einen sehr unterschiedlichen Fokus. Dafür benötigen beide Positionen die volle zeitliche Aufmerksamkeit“, antwortet die Pressestelle von Schölly auf die Frage nach dem Grund für den Wechsel. Bei Aesculap ist der Fokus die Ausrichtung und Umsetzung der weltweiten technologischen Innovationen im Rahmen des B. Braun-Konzerns, bei Schölly Fiberoptic, das seine Technologien und Lösungen Medizintechnikfirmen auf der ganzen Welt anbietet, die Ausrichtung des kompletten Unternehmens.
Aesculap ist die Chirurgie-Sparte des B. Braun-Konzerns aus Melsungen und beschäftigt weltweit knapp 13.000 Mitarbeitende, rund 3.400 davon am Stammsitz in Tuttlingen. Die Lösungen für chirurgische und interventionelle Kernprozesse sind weltweit in Krankenhäusern im Einsatz. Schölly Fiberoptic ist Experte für Visualisierungslösungen in der minimalinvasiven und robotisch-assistierten Chirurgie. Von den weltweit rund 550 Beschäftigten arbeiten circa 350 in Denzlingen. Beide Unternehmen kooperieren bereits seit 1989 im Bereich der endoskopischen Visualisierung.
1998 hat Aesculap erste Anteile an Schölly erworben und im Jahr 2021 die Mehrheit übernommen, zum Jahreswechsel schließlich die restlichen Anteile. Ist die vollständige Konzernzugehörigkeit der Grund für den Wechsel Reineckes nach Tuttlingen – auch wenn die Denzlinger weiterhin eigenständig agieren? „Die Anpassung der Führungsstruktur ist sachlich begründet“, antwortet Schölly Fiberoptic auf Anfrage. Der Wachstumsprozess beider Unternehmen solle damit weiter gestärkt werden.
Reineckes Nachfolger in Denzlingen kommt im Gegenzug von Aesculap: Der Wirtschaftsingenieur Stefan Schnekenburger, der bereits zum 1. September den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen hat, war zuletzt für das Supply-Chain-Management und die Beschaffung bei den Tuttlingern zuständig. Insgesamt verfügt der 44-Jährige über 19 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen bei medizintechnischen Unternehmen, unter anderem als Geschäftsführer des früheren Joint Ventures Aesculap Fleximed von Schölly und Aesculap. Auch bei Schnekenburger seien nicht die Konzernzugehörigkeit, sondern seine Erfolge und Erfahrungen die Gründe für die Entscheidung, heißt es vom Unternehmen. Dem bis zum Jahresende nun vierköpfigen Vorstand von Schölly Fiberoptic gehören nach wie vor der CMO Günter Olbrich (56) und der CFO Markus Wintz (53) an.