Rund 120 Fanclubs mit weit mehr als 5000 Mitgliedern zählt die Fangemeinschaft des SC. Die meisten davon im Badischen. Doch auch weit entfernt von Freiburg fiebern Anhängerinnen und Anhänger mit dem Sport-Club. Beispiele aus Berlin, Münster, Bad Oeynhausen und dem niederländischen Coevorden.
Von Kathrin Ermert
Vom Campingplatz Kirchzarten ins Dreisamstadion
In der niederländischen Kleinstadt Coevorden direkt an der deutschen Grenze gibt es eine der größten SC-Fangemeinschaften. 180 Mitglieder zählt der Coevorden Fanclub Freiburg, den Eric Ekkelenkamp vor fünf Jahren gegründet hat. Wie kam es dazu? „Das geht weit zurück“, sagt der 56-Jährige in nahezu perfektem Deutsch mit niederländischem Akzent. Als Kind machte er viele Jahre mit seinen Eltern und seinem Bruder Urlaub auf dem Kirchzartener Campingplatz. Weil Vater und Söhne sehr fußballinteressiert waren, daheim stets die erste und zweite Bundesliga im deutschen TV verfolgten, besuchten sie ein Turnier des Zweitligisten SC. Das war in den Achtzigerjahren, im Dreisamstadion gab es weder richtige Tribünen noch Flutlicht, doch der Funke sprang über. Seither sind die Ekkelenkamps dem SC Freiburg treu. Und nicht nur sie.
Immer mehr Gäste aus Coevorden reisten auch nach Kirchzarten. „Mein Vater hat sehr für den Campingplatz geworben“, erzählt Erik Ekkelenkamp. Die Eltern fuhren weiterhin jedes Jahr dorthin, die Söhne kamen später mit ihren eigenen Familien. Viele Freunde taten es ihnen gleich, und einige davon sind Mitglied im Fanclub. Erik Ekkelenkamp, der als Projektleiter eines Türen- und Fensterherstellers arbeitet, ist häufig in Südbaden. Im Juli reiste er zum Schlossfest nach Kirchzarten, im August kommt er mit seinem 21-jährigen Sohn zur Saisoneröffnung des Sport-Clubs. Vier- bis fünfmal pro Saison gehen sie ins Europa-Park Stadion und besuchen ähnlich oft Auswärtsspiele, die in ihrer Nähe sind. Das Pokalspiel in Osnabrück und die Bundesligapartien in Dortmund, Leverkusen und St.Pauli sind für diese Saison geplant.
Zu den Auswärtsspielen reisen oft fünfzig oder mehr niederländische SC-Fans an, berichtet Ekkelenkamp: „Da nehmen wir einen Bus oder auch mal zwei.“ Die längste Zeit hätten sie nie ein Spiel gesehen, das der Sport-Club gewann. Das hat sich mit dem Erfolg der vergangenen Jahre geändert. Ekkelenkamp trauert indes den alten Zeiten ein wenig hinterher. „Ich glaube, es wird etwas groß“, sagt er. Wenn sie nicht im Stadion sind, schauen die niederländischen Fans die SC-Spiele im Fernsehen, manchmal in kleinen Gruppen privat, manchmal im Vereinsheim des Coevordener Fußballclubs. Zum letzten SC-Heimspiel der Saison veranstalten sie dort eine große Feier mit Tombola und Currywurst.
Heimspiel auf der Wunschliste
Dennis Krüger ist ein echter Ostwestfale: lebt in Bad Oeynhausen, arbeitet in Minden bei Melitta und spricht in der für die Gegend typischen Art, sagt also zum Beispiel „Freiburch“. Krüger ist aber in Emmendingen geboren und hat Freunde und Verwandte in Kenzingen, Endingen, Riegel. Als Kind besuchte er oft die südbadischen Großeltern und kommt jetzt noch regelmäßig. „Auch fußballmäßig habe ich die Verbundenheit stets gewahrt und immer den SC unterstützt“, erzählt Krüger. Und er hat damit andere Ostwestfalen angesteckt, zuvorderst seine Frau und Mannschaftskollegen. „Der SC weckt Sympathien weit über Freiburg hinaus“, sagt der 32-Jährige. Er bekomme immer positives Feedback, wenn er mit SC-Trikot unterwegs ist. Bald reisten zehn Ostwestfalen zu Auswärtsspielen des Sportclubs.
Um für die wachsende Gruppe besser Tickets zu bekommen, gründete Dennis Krüger vor zwei Jahren das Fankollektiv – FAKO – Freiburg-Ostwestfalen, das mittlerweile 20 Mitglieder zählt. Damit sind sie Teil der Fangemeinschaft und können Bedarf für deren Kontingent an Auswärtstickets anmelden. Etwa ein halbes Dutzend Mal pro Saison tun sie das und fahren zu den SC-Partien, die für sie am besten erreichbar sind, nach Dortmund, Bochum, Wolfsburg oder Bremen und zweimal schon nach Berlin, wo sie die Spree Bobbele trafen. Zwar ist FAKO nicht als Verein eingetragen, hält aber jährlich eine Jahreshauptversammlung ab samt Vorstandswahl. „Es soll seine Ordnung haben“, sagt Krüger. Außerdem seien den Mitgliedern Aktivitäten wichtig. Eine steht weit oben auf ihrer Wunschliste: der gemeinsame Besuch eines Heimspiels in Freiburg.
Elzacher Schäufele fürs Nikolausfest
Ausgerechnet in einem schwäbischen Restaurant im Berliner Stadtteil Moabit trafen sich im Jahr 2000 fünf Ex-Kommilitonen aus Freiburg und beschlossen in einer weinseligen Stimmung, einen SC-Fanclub zu gründen. Markus Giesecke war einer davon. Der 59-Jährige stammt aus Osnabrück, hat von 1988 bis 1993 in Freiburg Politik und Geschichte studiert, während der Zeit regelmäßig das Dreisamstadion besucht und in seinem letzten Semester den Aufstieg in die Bundesliga erlebt. Seither ist der Politologe, der 1999 nach Berlin zog und aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter eine parlamentarische Staatssekretärin unterstützt, treuer SC-Fan.
Davon gibt es offensichtlich einige in der Hauptstadt. Die Spree Bobbele zählen mittlerweile 167 Mitglieder. In der Selbstbeschreibung auf der Website nennen sie sich „eine bunte Mischung“, zu der Studierende, Bundestagsabgeordnete und -mitarbeitende, Angestellte, Schüler, Lehrer, Rentner, Arbeitslose, Medienschaffende, Sozialpädagogen, ein Arzt, ein Wirt und andere gehören. Daran habe sich nichts geändert, sagt Giesecke, obwohl die Website sonst nicht auf dem aktuellen Stand ist. Dazu sei er in der zurückliegenden Zeit nicht gekommen, weil die Fangemeinschaft stark wuchs – vor allem während des „Streich-Hypes“ in den vergangenen Jahren und sich die Kommunikation auf Social-Media-Kanäle verlagert habe. „Wir bekommen Anfragen aus ganz Deutschland“, berichtet Giesecke. Mitglied kann aber nur werden, wer in der Gegend Berlin-Brandenburg lebt – nicht am Bodensee. Man darf es allerdings bleiben, wenn man aus Berlin wegzieht. Der Fanclub verjüngt sich nicht nur durch die Kinder der Gründungsgeneration, sondern auch durch neu zugezogene Südbadener. Und manche Berlinerin verbindet allein die Sympathie mit Freiburg.
Die Bobbele trafen sich anfangs zu den Live-Übertragungen der SC-Spiele in den Schwarzwaldstuben in Berlin-Mitte, dann in einem Pub in Friedrichshain, der Schwalbe in Prenzlauer Berg und seit einigen Jahren in der Gaststätte Tante Käthe im Mauerpark. Wenn der SC in Berlin gastiert, gehen mehr als 100 Bobbele ins Stadion. Und zwar nicht nur zur ersten Herrenmannschaft, sondern auch zu besonderen Partien anderer SC-Teams in Berlin, beispielsweise der Junioren, die regelmäßig das Pokalfinale erreichen. Sie treffen sich mit anderen Fangemeinschaften, die nach Berlin kommen und haben mehrere Trainer und Präsidenten kennenlernen können. Die Bobbele fahren zu nahegelegenen Auswärtsspielen etwa in Wolfsburg oder Leipzig und waren auch bei einigen europäischen Begegnungen sowie Heimspielen in Freiburg dabei. Es gibt zwei Dauerkarten fürs Europa-Park Stadion, die sie buchen können. Zwei Termine jenseits des Spielplans haben einen festen Platz im Kalender, betont Markus Giesecke: das Sommergrillen sowie das Nikolausfest mit Kartoffelsalat und badischem Schäufele. Das bestellt er bei der Unteren Metzgerei Winterhalter in Elzach. Zum 25. Jubiläum im nächsten Jahr soll es ein besonderes Event mit einem prominenten Gast des SC geben.
Beim Pokalfinale entstand die Idee
„Sempre com Friburgo“ ist portugiesisch, heißt „immer mit Freiburg“ und ergibt abgekürzt die Vereinsinitialen SCF. Deshalb erschien der Name den fünf Freunden um Wenzel Voß und Moritz Kessler passend für ihren Fanclub, den sie vor zwei Jahren gründeten. Fans sind sie allerdings schon viele länger, eigentlich solange sie denken können. „Dass mein Vater mich mit ins Dreisamstadion genommen hat, ist eine meiner ersten Kindheitserinnerungen“, erzählt Voß. „Ich saß bei meinem Vater auf den Schoß, und er hat mich beim Torjubel über den Kopf gehoben“, erinnert sich Kessler. Warum ein portugiesischer Name? Weil Voß zwischen Grund- und Hauptstudium ein Jahr in Brasilien verbrachte.
Die Freunde, Jahrgang 1995 und 1996, haben sich im Gymnasium kennengelernt, gemeinsam gekickt, das Stadion besucht und Abi gemacht. Danach verstreute sich die Clique, traf sich aber weiterhin zu Heim- und Auswärtsspielen des SC. Voß lebt in Münster, wo er gerade sein Rechtsreferendariat beendet hat. Kessler arbeitet bei einem Start-up in Köln. Die anderen sind in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Bremen, Zürich, Wien und Großbritannien. Beim Pokalfinale 2022 in Berlin beschlossen sie, ihrer Gruppe mehr Struktur zu geben und den Fanclub zu gründen. Weil sie noch neu in der Fangemeinschaft sind, habe sich die Chance, an Tickets zu kommen, damit nicht wesentlich verbessert. Aber irgendwie schaffen sie es dennoch regelmäßig ins Stadion. Mindestens fünf bis sechs Auswärtsspiele besuchen sie pro Saison, und Familienbesuche koordinieren sie mit dem Heimspielkalender. Bislang sind die gemeinsamen Reisen die einzigen Aktivitäten der mittlerweile rund 20 Mitglieder von Sempre com Friburgo. Falls es mal eine Vereinssitzung geben sollte, wissen sie aber schon wo: im Eschholzstüble. Das betreibt die Mutter von einem der Gründer.