Das Unternehmerehepaar Gabriela Unbehaun-Maier und Hermann Maier eint die Leidenschaft für Kunst, Automobile und Architektur. In ihrem MAC Museum Art & Cars in Singen präsentieren sie all dies der Öffentlichkeit.
Text: Susanne Maerz
„Sie haben uns ein Denkmal gebaut“ – an diese Liedzeile des Songs „Denkmal“ der Band „Wir sind Helden“ fühlt man sich in der Industriestadt Singen unweigerlich erinnert: Am Fuße des Hohentwiels errichteten und führen Gabriela Unbehaun-Maier und ihr Mann Hermann Maier das MAC Museum Art & Cars. An diesem wolkenverhangenen Herbstmorgen Ende Oktober ist von dem ehemaligen Hegau-Vulkan nichts zu sehen. Doch aus der Nebelwand erheben sich die beiden imposanten grauen Museumsbauten: Das kleinere, an der Straße gelegene MAC 1 mit seinen Rundungen erinnert an die Burgruine auf dem Hohentwiel. Das größere, etwa doppelt so hohe MAC 2 ragt fast 30 Meter in die Höhe. Es ist einem Gesteinsbrocken nachempfunden, der vom Vulkanberg abgebrochen sein könnte.
Innen ist es ruhig an diesem Montagvormittag – das Museum hat geschlossen, lediglich einige der Beschäftigten arbeiten in den Büros, als Hermann Maier und Gabriela Unbehaun-Maier durch die verschiedenen Etagen führen. Die Wände, in schlichtem grauen Sichtbeton gehalten, lenken nicht ab von den unterschiedlichen Kunstobjekten. Gabriela Unbehaun-Maier schaltet die digitale Installation an, die die Wände des mehr als 20 Meter hohen Lichtdoms bunt in Szene setzt. Am Computer generiert, mit Musik unterlegt wechseln sich verschiedene Sequenzen ab. Erst fallen digitale Feuerfunken die Wände herab, ihnen folgen Flammen wie aus einem unsichtbaren Mund gespuckt. Wer die Treppen empor steigt, dem bietet sich von jeder der Galerien ein anderer Blick auf das Spektakel.
Oldtimer aus Berliner Luxus-Karosserieschmiede gepaart mit Pop Art
Auf vier Ebenen laden verschiedene Ausstellungen zum Erkunden ein – stets sind es Automobile, die gemeinsam mit Bildern präsentiert werden. Zum Beispiel die Nobelkarosserien der 1920er- und 1930er-Jahre des Unternehmens Erdmann & Rossi, die umrahmt werden von Bildern der Serie „Women in Cars“ des Pop-Art-Künstlers James Francis Gill. Hermann Maier bleibt vor einem blauen Bentley Coupé aus dem Jahr 1938 mit roten Ledersitzen stehen. „Das sind noch heute die Farben der Privatbank Oppenheim“, erklärt er. Das Automobil ließ sich der Baron Harold von Oppenheim fertigen und nahm es mit ins Exil in die USA. Damals, berichtet Maier, sei es üblich gewesen, sich von Autobauern wie Bentley, Audi oder Mercedes nur das Fahrgestell mit Rahmen, Motor und Getriebe zu bestellen, um sich dann dafür eine individuelle Karosserie fertigen zu lassen. Erste Adresse war in dieser Zeit der Berliner Luxuskarosseriebauer Erdmann & Rossi – „eine der fünf bedeutendsten Autokarosseriebauer der Welt“, sagt Maier über den Bentley und schwärmt von der „einzigartigen Sammlung“ von Saulius Karosas, aus dessen Nachlass die Automobile stammen.
Dass sie in Singen zu sehen sind, liegt an den Kontakten, die das Unternehmerehepaar, so wie ihr Kurator Emmanuel Bacquet, in vielen Jahren in der Automobilszene geknüpft hat – und die das Museum dort bekannt gemacht hat. Gleiches gilt für die Kunstszene. Darunter sind Queens Kunstgalerien, die ihren Hauptsitz in Emmendingen haben und den US-amerikanischen Künstler James Francis Gill betreuen. Seine Werke, die das Museum präsentiert, können direkt dort erworben werden. So profitieren im besten Fall beide Seiten.
Fotoausstellung in Tokio, Paris und Singen
Dank ihrer Verbindungen und denen ihrer Kuratorin Beatrice Hug ist es auch gelungen, Bilder von Alain Fleischer, die dieser als einziger Fotograf jemals im Ferrari-Werk in Maranello machen durfte, nach Singen zu holen. Seit Ende Oktober sind sie im MAC 2 zu sehen. Gabriela Unbehaun-Maier schwärmt davon, dass dies geklappt hat und berichtet, wie überregionale Kunstkritiker verblüfft anriefen und nicht glauben konnten, dass Fotografien Fleischers nicht etwa wie sonst in Tokio oder Paris, sondern tatsächlich in Singen ausgestellt werden.
Aufmerksamkeit wie diese freut das Ehepaar. Denn die beiden stecken gemeinsam mit ihrem etwa 40 Köpfe fassenden Team aus festen und freien Mitarbeitenden viel Zeit, Mühe und Engagement in das Museum. Und natürlich auch Geld aus ihrem Vermögen. Noch heute betreiben sie verschiedene Firmen, die unter dem Dach der Maier Vermögensverwaltung GmbH in Singen gebündelt sind und bundesweit Handelsimmobilien zum Beispiel für Lidl oder Rewe bauen und vermieten.
Sowohl bei Gabriela Unbehaun-Maier als auch bei Hermann Maier liegt das Unternehmertum, ebenso wie der Sinn fürs Künstlerische und Kreative in der Familie. Der 80-Jährige stammt aus einer kunstbegeisterten Singener Unternehmerfamilie, die beispielsweise Großhandelsgeschäfte für Farben betrieb, Kunst sammelte und selbst malte. Wie Hermann Maier auch als Hobby. Die Kunstsammlung der Familie bildet heute den Grundstock des Museums. Seine 72-jährige Frau hatte das Bekleidungsgeschäft ihrer Eltern in Hannover übernommen und groß gemacht, bevor sie 1980 nach Singen zu ihrem Mann zog. Schon bei ihrer Arbeit in der Modebranche kam ihr der Sinn fürs Kreative zugute.
Beide eint die Begeisterung für Architektur und Design, ebenso für Kunst und Automobile. Seit Mitte der 1970er-Jahre sammeln sie beides – ausgewählte Kunst aus dem süddeutschen Raum und vorwiegend britische Oldtimer – und nehmen immer wieder gern an Oldtimerausfahrten teil. Nur wenige Tage nach dem Interviewtermin sollten sie sich auf den Weg nach London machen, um am ersten Novemberwochenende bei der legendären wie auch traditionellen Oldtimerrallye „London to Brighton Veteran Car Run“ mitzufahren. Auch ein Teil ihrer eigenen Oldtimersammlung ist im MAC 2 zu sehen.
Die eigene Sammlung in Stiftungen überführt
Rund 3000 Bilder hat das kinderlose Ehepaar in die Südwestdeutsche Kunststiftung und die Gabriela & Hermann Maier Stiftung überführt. Ebenso weitere Grundstücke und Gebäude aus ihrem Besitz. Auf diese Weise tragen sie dafür Sorge, dass die Museen, deren Bau sie aus ihrem Vermögen finanziert haben – das Grundstück für das MAC 1 steuerte die Stadt Singen bei – auch über ihren Tod hinaus erhalten bleiben.
Auch wenn die von Daniel Binder entworfenen Gebäude aus den Jahren 2013 und 2019 Architekturdenkmäler ihrer Zeit sind, ging es Gabriela Unbehaun-Maier und Hermann Maier nicht darum, sich selbst ein Denkmal zu setzen. „Uns war von vorneherein klar, dass wir architektonisch gut gelungene Gebäude bauen müssen“, sagt Unbehaun-Maier. Nur so werde man entsprechend wahrgenommen und ziehe auch Besucher an. Denn darum geht es ihnen schließlich auch: „Uns ist es wichtig, dass die Werke gesehen werden und dass die einzigartige Automobilgeschichte nicht in Vergessenheit gerät“, betont die Enthusiastin. Daher stellt das Ehepaar auch Hotels sowie Unternehmen in der Region Bilder als Leihgaben zur Verfügung, die diese wiederum in ihren Räumen zeigen.
Ebenso freuen sich die Kunstliebhaber, wenn sie renommierte Künstlerinnen und Künstler für ihre eigenen Museen gewinnen – wie etwa Romulo Feliciano Kuranyi, Bruder des ehemaligen Fußballprofis Kevin Kuranyi. Dessen an die Werke Keith Harings erinnernde Bilder sind noch bis Anfang Januar in Singen zu sehen, gemeinsam mit sogenannten Mikro-Cars, die nach dem Zweiten Weltkrieg in vielen europäischen Ländern stellvertretend für den wirtschaftlichen Aufschwung standen.
Wenn Gabriela Unbehaun-Maier davon berichtet, wie Kuranyi eines der Gemälde vor Ort im Museum malte, ist ihr die Begeisterung für ihr Tun ebenso anzusehen wie ihrem Mann, wenn er von einem aktuellen Projekt erzählt. Vor etwa dreieinhalb Jahren stieß er auf ein Buch über die in Vergessenheit gerate Hellé Nice, die in den 1920er- und 1930er-Jahren von einer Nachtclubtänzerin zu einer bekannten und erfolgreichen Rennfahrerin wurde. „Sie hat die Männer in Grund und Boden gefahren“, berichtet Hermann Maier. „Vielleicht hat das nicht in die Erinnerung an diese von Männern dominierte Rennwelt gepasst?“ Diese Frage stellte er sich zusammen mit seiner Frau, und schon bald fassten sie den Entschluss: „Diese Geschichte müssen wir erzählen und in einer Ausstellung präsentieren.“ Gesagt, getan: Mitte des Monats eröffnet die Ausstellung über die „Bugatti-Queen“.