Wie geht’s denen, die im Umfeld jener arbeiten, die sich eigentlich alles leisten können? Wir haben mit Menschen aus den exklusivsten Berufen gesprochen.
Text: Julia Donáth-Kneer • Fotos: Alex Dietrich
Gerhard Ernst (29), Chauffeur
Gerhard Ernst ist einer von drei Geschäftsführern des vor zwanzig Jahren gegründeten Limousinenservice Phaeton. Insgesamt arbeiten fünf festangestellte Fahrer sowie mehrere Aushilfen für das Freiburger Unternehmen, das seit Kurzem unter dem neuen Markennamen Mobility Plus fährt.
„Als Chauffeur bist du ein Begleiter, unauffällig, diskret, pünktlich, seriös. Dazu gehört auch das entsprechende Outfit: dunkler Anzug, weißes Hemd, elegante Krawatte. Handschuhe und Mütze, wie man sie aus den Filmen kennt, sind zum Glück nicht mehr angesagt. Unseren Service gibt es in drei Kategorien: Economy, Business und First Class. Im Economybereich fahren wir Menschen zum Beispiel zum Flughafen. Im Businessbereich buchen uns Geschäftsleute für Transfers, Firmenbesuche oder Shuttleservices zu Events. Wir holen zum Beispiel jedes Jahr die Künstlerinnen und Künstler des Sea You Festivals am Flughafen ab, bringen sie zum Gelände, abends ins Hotel und sind auch sonst für sie zur Stelle.
Im First-Class-Bereich gibt es keine Grenzen nach oben: Da kann sich der Kunde auch einen Maybach wünschen. Wir begleiten ihn auf Reisen, bleiben auch mal drei Tage in Davos und stehen ihm vor Ort als Fahrer zur Verfügung. Generell fahren wir viele Stammgäste, häufig sind das Wochenendpendler: Unternehmer, die in Freiburg wohnen, aber in Zürich, Stuttgart oder Frankfurt arbeiten und sich nicht auf die Bahn verlassen möchten. Sie wollen sich entspannt ins Auto setzen, in Ruhe arbeiten und effizient von A nach B kommen. Alle unsere Limousinen – wie die Mercedes S-Klasse lang oder unsere Vans Mercedes V-Klasse lang – sind mit WiFi, Steckdosen und einem Tisch ausgestattet. Ob das Luxus ist? Für viele sicher schon, hier in Freiburg geht es aber eher bodenständig zu, übertriebene Wünsche kommen so gut wie nicht vor. Es geht um Komfort, Sicherheit und Effizienz.
“Übertriebene Wünsche kommen so gut wie nicht vor.”
Es gibt auch Kundinnen, die uns für Shoppingtouren buchen. Dafür müssen wir uns als Fahrer auskennen: Wo ist der nächste Gucci-Store? Wo finde ich eine Hermes-Tasche? Generell gehört es zum Leben des Chauffeurs dazu, die Sichtweise der Gäste zu verstehen. Es ist nicht gut, selbst nur in Dönerbuden zu gehen, wenn man die Kunden regelmäßig in Sternerestaurants bringt. Wir müssen die Region kennen, manche Gäste fragen nach touristischen Highlights oder buchen uns für Schwarzwaldtouren. Als Chauffeure sollten wir uns angemessen ausdrücken können – auf Deutsch und auf Englisch. Das ist unsere Gratwanderung: Du bist als Begleiter zwar immer dabei, mischst dich aber nur ein, wenn du explizit darum gebeten wirst.“
Katja Newman (57), Hotellerie
Katja Newman führt das 1446 gegründete Parkhotel Adler in Hinterzarten in 16. Generation. Das Resorthotel mit Restaurant beschäftigt 100 Mitarbeitende, hat 64 Zimmer – vom Einzelzimmer bis zur Präsidentensuite –, einen Wellnessbereich mit Schwimmbädern, Saunen und Dampfbad sowie einen rund 40.000 Quadratmeter großen Privatpark.
„Wir sind ein Luxushotel auf dem Land und müssen uns den Gegebenheiten hier anpassen. Vieles läuft in Hinterzarten anders als in klassischen Städtedestinationen. Bei uns ist zum Beispiel das Drumherum enorm wichtig.
Als ich vor 24 Jahren anfing, war der Investitionsstau hoch. Seither renoviere ich kontinuierlich, insgesamt habe ich rund 22 Millionen Euro investiert. Mein Anspruch ist, dass alles tipptopp sein soll: die Zimmer einwandfrei, der Wellnessbereich tadellos, das Restaurant auf Spitzenniveau, der Service ausgezeichnet. Wir haben fünf Sterne, aber die Klassifizierung habe ich entfernen lassen. Ich denke, dass fünf Sterne eine Hemmschwelle sein können. Viele unserer Gäste sind Unternehmer aus der Industrie. Der Anspruch an Luxus ist hoch, aber die meisten wollen kein großes Tamtam. Niemand reist mehr mit riesiger Entourage.
“Der wahre Luxus ist Aufmerksamkeit.”
Unsere Gäste können sich auch im Alltag viel leisten und sind daran gewöhnt, von exklusiven Dingen umgeben zu sein. Daher ist bei uns der wahre Luxus die Aufmerksamkeit, die wir jedem schenken. Es ist dieser persönliche Kontakt, den viele schätzen. Man ist nicht irgendeine Nummer, sondern wir legen Wert darauf, dass an jeder Ecke jemand ansprechbar ist und bei allen Fragen weiterhelfen kann. Natürlich haben wir auch materiellen Luxus wie einen hauseigenen Rolls-Royce, der für Feste oder als Shuttleservice genutzt werden kann, oder einen Conciergeservice für Wünsche aller Art.
Generell müssen wir als Resorthotel viel bieten, weil wir eben nicht in einer Großstadt sind. Bei uns ist das unter anderem die Kulinarik: Im Adler kann man den ganzen Tag essen. Am Nachmittag ist vor allem die Teatime in der großen Halle beliebt. Es gibt Tee, Etageren voller Leckereien und Livemusik am Piano. Das kommt sehr gut an und bringt Leben ins Haus.
Wir haben erstaunlich viele Generationentreffen im Hotel: mit Großeltern, Kindern und Enkeln. Da ist dann jede Menge los. Das finde ich toll. Ich kann gar nicht verstehen, dass einige Luxushotels keine Kinder mögen. Für mich sind das die Gäste von morgen und ich freue mich immer sehr, wenn jemand kommt und mir erzählt, dass er schon als Kind bei uns Urlaub gemacht hat.“
Lukas Frysch (35), Privatkoch
Lukas Frysch ist gelernter Koch mit jahrelanger Erfahrung in der gehobenen Gastronomie. Als Privatkoch kann er für Private Dinner, Events oder Küchenpartys gebucht werden.
„Viele denken, Frysch sei mein Künstlername, weil er so gut zu meinem Beruf passt. Aber ich heiße wirklich so. Koch wollte ich schon als Teenager werden, obwohl ich nicht aus einer Gastronomenfamilie stamme. Daher war mein Umfeld anfangs eher skeptisch, als ich nach dem Abitur eine Ausbildung gemacht habe. Ich war bei Thomas Merkle in Endingen – eine harte Zeit, in der ich viel gefördert, aber auch viel gefordert wurde und zum Schluss mit richtig gutem Handwerkszeug rausgegangen bin. Nach einer Auszeit in Asien kam ich zurück nach Freiburg und fing in der Wolfhöhle an. Zwei Jahre später erhielt das Restaurant den Stern, ich habe mich bis zum Küchenchef hochgearbeitet und auf hohem Niveau ein fantastisches Team führen können. Im September 2019 habe ich dennoch beschlossen, mich als Privatkoch selbstständig zu machen. Ich wollte einfach mehr Zeit für meine Familie haben. Das Timing hätte nicht besser sein können: Ich bin im Februar 2020 ausgeschieden, dann kam Corona. Mein Konzept – ein Restauranterlebnis in den eigenen vier Wänden – passte perfekt in die Zeit. Werbung habe ich nie wirklich gemacht, ich lebe von Mund-zu-Mund-Propaganda. Meine Faustregel ist: Jeder zufriedene Kunde bringt mindestens ein neues Event.
“Natürlich ist es Luxus, ein Fünfgangmenü zu bekommen und dafür keinen Finger zu rühren.”
Gebucht werden kann ich für vieles: Küchenpartys, Firmenveranstaltungen, Private Dinner, Kochkurse. Ich erledige den gesamten Einkauf und bringe auch sonst alles mit: vom Messer, Topf und Schneidebrett bis zu Salz, Pfeffer und Öl. Gemeinsam mit den Auftraggebern bespreche ich das Menü, die Speisen und die Abfolge. Ich empfehle in der Regel mindestens vier Gänge, meistens sind es fünf oder sechs. Ich bin ja ohnehin die ganze Zeit vor Ort, das kann man doch nutzen.
Mittlerweile habe ich eine eigene Produktionsküche, in der ich viel vorbereiten kann, sodass es reicht, etwa anderthalb Stunden vor dem Essen zu kommen. Bei größeren Events bringe ich Personal mit, ansonsten mache ich alles allein. Meine Preise richten sich nach den Teilnehmern und den Produkten. Natürlich ist mein Service Luxus, die meisten Kunden haben ein Einkommen, bei dem es nicht wehtut, sich so einen Abend zu leisten. Aber es ist mir wichtig, dass es auch möglich ist, mit simplen Produkten ein erschwingliches Dinner zu bekommen – etwas, das man sich mal gönnen kann. Es müssen ja nicht immer Trüffel, Gänseleber und Austern sein. Ich beziehe in punkto Qualität die gesamte Wertschöpfungskette mit ein, nicht nur das fertige Essen auf dem Teller. In diesem Sinne schlägt jede Schwarzwaldforelle eine Gelbschwanzmakrele aus dem Indischen Ozean. Mein größtes Highlight es, aus einfachen Produkten etwas Herausragendes zu machen. Wenn am Ende des Abends ein überraschend zubereitetes Radieschen stärker im Gedächtnis bleibt als das perfekte gegarte Steak, bin ich glücklich.“
Mathias Lebtig (48), Vermögensmanager
Mathias Lebtig hat vor 22 Jahren gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Jürgen Schwab das Finanzdienstleistungsunternehmen Financial Planning Freiburg gegründet und berät seither vermögende Privatkunden in allen Geldangelegenheiten.
„Bei der Vermögensanlage gibt es zwei Gegenpole: Angst und Gier. Die Kunst ist es, sich dazwischen zu bewegen. Unseren Kundinnen und Kunden geht es darum, ihr Vermögen zu bewahren, zu sichern und zu mehren. Manche wollen zocken. Wir helfen ihnen dabei, das Spannungsverhältnis zwischen Rendite und Risiko einzuschätzen. Wir zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, erklären, wie der Markt tickt und welche Änderungen zu beachten sind. Zum Job gehört Empathie und natürlich viel Vertrauen, weil wir als Vermögensmanager Einblick in alle Finanzen brauchen – auch was private Konstellationen angeht. Mir macht es Spaß, mich um Geldanlagen zu kümmern und Aktivität zu zeigen.
Manche unserer Kundinnen und Kunden verfügen auf einmal über ein großes Vermögen – sei es durch Erbe, Unternehmensverkauf, Immobilienverkauf, eine Scheidung oder einen Lottogewinn – und haben plötzlich ein Problem, das eigentlich keines ist: Wohin damit? In der ersten Phase leisten sich viele erstmal etwas, wovon sie schon lange träumen. Doch irgendwann ist das Bedürfnis danach gesättigt und sie beginnen zu überlegen, wie sie den Rest gut bewahren können. Diejenigen, die aus sehr vermögenden Familien kommen, sind von Anfang an eher auf den Erhalt bedacht. Aber für alle gilt: Nichtstun ist keine Lösung. Man kann viel Geld ja nicht einfach auf dem Konto liegen lassen. Also was stelle ich damit an? Welche Anlagemöglichkeiten gibt es? Welche Investitionen sind sinnvoll?
“Meine erster Luxus war ein Mercedes Cabrio.”
Auch hier gibt es zwei Enden einer Skala: Es gibt diejenigen, denen man ihren Reichtum überhaupt nicht ansieht. Die leisten sich selbst so gut wie nichts. Und dann gibt es jene, die Wert auf Statussymbole legen: teure Autos, schicke Uhren, Luxusurlaube. Manchmal treffen wir auf den klassischen badischen Unternehmer, der sich über Jahrzehnte seinen Reichtum erarbeitet hat. Da ist die Wertschätzung noch mal anders. Wofür unsere Klientinnen und Klienten Geld ausgeben, geht uns natürlich nichts an. Wir zeigen aber auf, welche Auswirkungen eine hohe Investition auf das Depot haben kann, welche Umschichtungen nötig sind, welche Konsequenzen das hat.
Generell empfehle ich, Vermögenswerte wie Kunst, Gold oder Oldtimer dann ins Portfolio zu nehmen, wenn man Spaß daran hat. Wer sich über ein schönes Gemälde an der Wand freut und gleichzeitig damit Vermögenserhalt schafft, hat doppelt Freude daran. Daran habe ich mich auch selbst gehalten. Mein erster Luxus als junger Mann war ein Mercedes Cabrio. Unser befreundeter Unternehmensberater hat damals gesagt: Wenn man ein Statussymbol mit einem Lächeln im Gesicht nutzt, dann ist es stimmig und passt.“
Martina Schwab (57), Private Personalvermittlung
Martina Schwab ist seit 2015 Inhaberin der Mary Poppins Agentur in Freiburg, einer Personalvermittlung für Privathaushalte. Das Franchiseunternehmen wurde 1998 in Hannover gegründet, mittlerweile gibt es über 20 Standorte in Deutschland, sowie je vier in der Schweiz und in Österreich.
„Einer der beliebtesten Berufe, die ich derzeit vermittele, ist der Job der persönlichen Assistentin. Sie erledigt zuhause alles, was anfällt: Handwerker koordinieren, einkaufen, Urlaube buchen, eine Überdachung für die Terrasse organisieren, Gäste empfangen, Kleider zur Reinigung bringen, Arzttermine vereinbaren und so weiter. Das ist ein Vollzeitjob, der nicht zu unterschätzen ist. Er verlangt vor allem viel Flexibilität: Man muss auch mal mit dem Kunden auf Geschäftsreisen gehen, am Wochenende abrufbar sein und zum Beispiel weitere Wohnungen in anderen Orten versorgen. So etwas kann nicht jeder, dafür muss man wirklich brennen. Da muss ich die perfekte Person finden, jemanden, der Biss hat, flexibel und taff ist. Ich kenne die Kunden und ihre Ansprüche und ich kenne die Arbeitnehmerinnen. Ich führe die Vorstellungsgespräche, sichte die Unterlagen und erstelle ein persönliches Profil. Alles läuft diskret ab, bis ich die Menschen zusammenbringe. Dass das dann passt, ist meine Aufgabe, und das klappt meistens sehr gut. Bislang musste ich noch nie nachvermitteln.
Meine berufliche Erfahrung reicht von meiner Ausbildung zur Friseurin über meine Tätigkeit als Vertriebsleiterin bis hin zu meiner früheren Arbeit als Hauswirtschafterin. Zudem habe ich selbst zwei Kinder großgezogen. Daher kenne ich die Herausforderungen, die Eltern tagtäglich bewältigen müssen, und weiß aus eigener Erfahrung, worauf es im Alltag wirklich ankommt. Neulich hat zum Beispiel ein Kunde mit einer 800 Quadratmeter großen Villa eine Haushälterin für 15 Stunden die Woche gesucht. Das reicht natürlich nicht. Ich denke, ich finde auch deshalb Personal, weil ich solche Dinge realistisch einschätzen kann und weiß, worauf die Kunden, aber auch die Angestellten Wert legen. Für mich zählt vor allem das Menschliche. Zeugnisse und Referenzen sind gut und schön, aber es muss auf der persönlichen Ebene passen.
“Ob eine Haushälterin Luxus ist? Ich finde, es ist eher eine Überlebensstrategie.”
Der Beruf der Persönlichen Assistentin ist recht neu, das machen wir erst seit rund zwei Jahren, es kommt aber sehr gut an. Ansonsten vermittele ich vor allem Haushälterinnen, die sich um den Haushalt, ums Kochen und Einkaufen kümmern. Eine Haushälterin ist die gute Seele des Hauses, sie ist der Mittelpunkt von allem. Wenn Kinderbetreuung hinzukommt, ist es quasi eine Stufe mehr: die Familienmanagerin, die die Aufgaben der Haushälterin und die Aufgaben einer Nanny vereint. Ob so etwas Luxus ist? Ich finde, wenn beide viel arbeiten und Kinder haben, ist das eher eine Überlebensstrategie. Natürlich ist es eine Frage der finanziellen Möglichkeiten. Viele meiner Klienten stammen aus einem Umfeld, in dem Geld keine Rolle spielt. Einige von ihnen führen große Unternehmen mit zahlreichen Angestellten und beschäftigen eben zusätzlich noch ein bis zwei Mitarbeiter im privaten Haushalt.“