Südvers-Chef Manfred Karle hat mit 23 Jahren das Unternehmen gekauft und aus einem kleinen Versicherungsmaklerbüro mit sieben Angestellten einen Branchenriesen mit mehr als 630 Mitarbeitenden und rund 760 Millionen Euro Umsatz gemacht. In unserer Rubrik „Gut beraten“ spricht der 78-Jährige darüber, wie wichtig Motivation und Ehrgeiz sind.
„Meine Grundmotivation war immer: Ich wollte Unternehmer werden, vor allem, weil ich das von Haus aus so kannte. Mein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann, leider starb er, als ich 15 Jahre alt war. Aber er hat mir dieses gewisse Etwas – ich nenne es das Unternehmer-Gen – mitgegeben. Außerdem hat mich die Herausforderung motiviert. Dinge, die auf den ersten Blick unmöglich erschienen, haben mich gereizt und meinen Ehrgeiz geweckt. Ein Beispiel: Damals, als ich anfing, gab es den Beruf des Versicherungsmaklers ausschließlich in Norddeutschland. Mein Ziel war es, das zu ändern. Das war eine riesige Chance, aber auch ein schwieriges Unterfangen. Ich habe mich dabei immer an den Besseren und Größeren der Branche orientiert, auch wenn damals zwischen uns noch Welten lagen.
Ich hatte zudem immer Vorbilder, das waren nicht unbedingt Unternehmer aus meiner Branche, sondern Menschen, die etwas erreicht haben. Und ich habe mir immer Ziele gesetzt. Große und kleinere. Das halte ich für essenziell, um im Leben voranzukommen – und zwar unabhängig davon, in welcher Position man gerade ist. Deshalb ist das ein Ratschlag, den ich gerne weitergebe: Man kann sich auch große – sogar sehr große – Ziele setzen, muss aber wissen, wie man sie erreichen kann. Das meiste geht nicht von heute auf morgen. Das ist nicht weiter schlimm, man muss überlegen: Welche Schritte sind nötig? Was mache ich zuerst? Wie gehe ich jede einzelne Stufe an?
“Es dauerte fast zehn Jahre, bis ich in Freiburg Fuß fassen konnte.”
Ich bin als junger Mann ein großes Risiko eingegangen, als ich meinen sicheren Job als Versicherungskaufmann gekündigt und einen unscheinbaren Sieben-Mann-Betrieb gekauft habe. Es dauerte fast zehn Jahre, bis ich in Freiburg Fuß fassen konnte. Der Sohn des Vorbesitzers hat mir die Nachfolge nicht zugetraut und machte meinen Ruf als Jungunternehmer schlecht.
Am wichtigsten war damals schon, dass ich ein klares Ziel vor Augen hatte und dieses konsequent verfolgt habe, auch wenn es immer wieder mal Hürden oder Stolpersteine gab. Heute bin ich sehr stolz darauf, wie erfolgreich Südvers geworden ist. Und das als Familienunternehmen.
Ich hatte dieses Jahr mein 55-jähriges Firmenjubiläum, das heißt, ich bin seit mehr als einem halben Jahrhundert für unsere Kunden ansprechbar. Doch ich wollte auch meine Nachfolge rechtzeitig geregelt wissen. Ich habe deshalb schon relativ früh angefangen, Verantwortung abzugeben. Mittlerweile hat mein Sohn Florian als Geschäftsführender Gesellschafter die Geschäftsführung übernommen und ich habe mich komplett aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Aber: Diese Firma ist mein Leben, deshalb komme ich nach wie vor jeden Tag ins Büro. Das ist der Spagat für mich als Familienunternehmer: Weiterhin sichtbar zu sein, und gleichzeitig nicht zu denken, dass es ohne mich nicht geht.“
Protokoll: Julia Donáth-Kneer