Beim Kinzigtäler Unternehmen Streit Service & Solution wird das vorgelebt, was man den Kunden vermitteln möchte – ein Prozess, der neue Lebensräume für Mitarbeiter und Führung kreiert – nicht nur mit Hilfe neuer Innenarchitektur.
Von Rudi Raschke
Der erste Eindruck: in Büros zu arbeiten, wo ein flokati-artiger Bodenbelag eine Lounge in der Mitte des Raums schmückt, dürfte nicht das Schlechteste sein, was einem widerfahren kann. Bei der traditionsreichen Firma „Streit“ in Hausach war die Ausgangsidee für ihr eigenes schmuckes Interieur gar nicht so sehr die Eigenwerbung. Sondern durchaus ein Human-Resources-Aspekt: „Wie muss ich als Arbeitgeber auftreten, um wettbewerbsfähig zu sein?“, sagt Clemens Imberi, Leiter der Sparte „Streit inhouse“. Vor allem, wenn zu bedenken ist, dass der Arbeitsmarkt in der Umgebung des Kinzigtals als gesättigt bezeichnet werden darf. Die Steigerung der Arbeitgeber-Attraktivität war mehr als nur ein Nebenaspekt.
So kam das renommierte Unternehmen bei seiner eigenen Ausstattung zu einer Neuerfindung, die sie umso glaubwürdiger den Kunden vorleben kann: Dass es bei der Einrichtungsplanung von Arbeitsplätzen bei weitem nicht nur darum geht, ein Stuhlmodell der Marke „08/15“ gegen das eines namhaften Herstellers zu tauschen. Sondern durchaus um etwas, was als Change-Prozess bezeichnet werden kann, bei dem es um eigene Werte, um die Kultur eines Unternehmens und seinen Wandel geht. Und zu dem am Ende auch die Betriebsorganisation, die Mitarbeiter-Gesundheit und eben die Raumgestaltung gehören.
Die Mitarbeiter von Streit durften ihr eigenes „Work-Wellness“-Konzept gestalten: In Gruppen Wünsche artikulieren, die zu einer umgesetzten Vision wurden – mit teilweise überraschenden Ergebnissen: Nicht jeder, der die clean-desk-Politik in den offenen Räumen vorfindet, denkt, dass sie vom Team selbst erarbeitet wurde. Inklusive eines selbst auferlegten „Verbots“ von rumstehenden Kaffeetassen auf Schreibtischen.
„Macht Euch Gedanken über 1300 Quadratmeter“ lautete 2012 der launige Auftrag für Workshops, die Betroffene zu Beteiligten machen sollten, und somit auch Vorbild für jene Prozesse war, die Streit heute bei seinen Kunden in Gang setzt. Im Vordergrund stehen bei der Suche nach dem richtigen Interieur die Arbeitsabläufe, vor allem aber die Kommunikationsstruktur. Wer muss am nächsten zu wem sitzen, welche Tätigkeitsbereiche können größeren Abstand vertragen? Warum nicht die Logistik-Verwaltung dorthin setzen, wo sich die LKW-Fahrer nah beim Eingang ihre Aufträge abholen können? Wer braucht überhaupt noch ein abgeteiltes Büro? (Antwort bei Streit: Der Chef nicht, aber die Personalabteilung) Wie kann man sich innerhalb der Büroetage für ein Meeting wegsetzen, ohne dass die Räumlichkeit nach steriler „Konferenz“ schreit?
Als Antwort auf die letzte Frage kam eine stylishe, offene Holzlounge auf dem Flur zustande, die abgeschirmt und zugleich offen ist, in der Besprechungen stattfinden können, aber die vom Flair an eine Eckbank mit Herrgottswinkel erinnert. Es sind heitere Effekte, die das Vorzeige-Konzept ausstrahlt. Das alles an der Seite von Trends wie flexiblen Plätzen (25 von 86 Arbeitsplätzen sind mobil anzudocken) oder dem Versuch, die Dinge papierlos zu regeln: Ausdrucke, die bis abends nicht mit dem persönlichen Chip am gemeinsamen Drucker abgeholt wurden, verfallen. Was manchen sinnlos-Druck überflüssig macht.
Zusammen mit einem alles andere als eintönigen Wandfarben-Konzept, das zugleich der Ressort-Gliederung dient, wirkt das Büro des Hausacher Unternehmens als lebendiger Beweis für alle, die nicht nur räumlich etwas Verbesserung wollen. Denn, darauf wird Imberi nicht müde hinzuweisen, das neue Mobiliar geht nur als Teil eines Prozesses, der viele andere Dinge auf den Weg bringt. Und der ohne etwas nicht-zu-Kaufendes nicht funktioniert: Wertschätzung. Jener vom Chef für die Angestellten, der vom Personal untereinander, aber auch der des Angestellten für sein Unternehmen.
Die Frage „Was bringt’s?“, kann Imberi vielschichtig beantworten: Eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit, die die Wettbewerbsfähigkeit steigere, eine niedrigere Fluktuation, eine gestiegene Innovationskraft – und am Ende auch überdurchschnittliche Umsätze. Dies sei umso bemerkenswerter, wenn man bedenke, dass auch teures Mobiliar – Streit arbeitet im wesentlichen mit zehn Lieferanten von günstig bis vitra – letztlich nur einen geringen Prozentsatz ausmache, aber sich überaus positiv auf den größten Anteil auswirke: den Kosten für das Personal. Belegt auch dadurch, dass Streit erneut beim Arbeitgeber-Wettwebewerb „Great place to work“ unter den Top3 Baden-Württembergs in seiner Größe gelandet ist.
Zur Investition in die Unternehmenskultur kommt bei Streit ein aufwändiges betriebliches Gesundheitsmanagement, das für die Firma mehr ist als nur eine Schale mit Äpfeln im schön gestalteten Küchenbereich, wo alle am langen Stehtisch zum Plaudern zusammenfinden: Über 30 Maßnahmen zum Thema habe man in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt, sagt Imberi.
Die Firma, die neben dem Hauptsitz in Hausach auch Verkaufsräume in Freiburg, Donaueschingen und Reutlingen unterhält, startete übrigens in der Nachkriegszeit als schlichter Büro- und Papierladen im Kinzigtal, noch heute wird mit „Streit office“ auch Büromaterial gehandelt. Mit dem Unternehmen Streit systec betreibt man den Handel mit Drucker-Lösungen weiter, der sich daraus ergeben hat.
„Streit inhouse“ schließlich kämpft für ansehnlichere Büroeinrichtungen. Und geht damit nicht nur an den Wandanstrich, sondern an die Grundpfeiler: An der eigenen Adresse lässt sich sehr anschaulich belegen, dass die Frage nach der Einrichtung weit mehr als nur bequeme Stühle mit sich bringt. Sondern auch an sozialen Umgangsformen und Büro-Etiketten rührt. Imberi spricht von „Leitlinien“, die der Prozess dem Unternehmen beschert hat. Und die umso glaubwürdiger an die Kunden weitergegeben werden.
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