Das Freiburger Ladengeschäft sowie der dazugehörige Onlineshop „Zündstoff“ verkaufen seit über neun Jahren
zeitgemäße Bio- und Fairtrade-Mode und das mit wachsendem Erfolg.
Von Anna-Lena Gröner
Bio-Welle der Lebensmittelbranche hat uns längst mitgerissen, wenn nicht sogar überrollt. Beinahe jeder ist schon mal auf ihr gesurft. Wir wollen wissen, wo unser Essen herkommt, welche Tierhaltung bei Fleischprodukten oder unseren Eiern dahinter steckt, und welche Wege unser Gemüse zurückgelegt hat. In der Textilbranche ist dieser Ton noch recht leise und die Regale sind daher voll mit billig produzierten Waren, an denen viel zu kleine Hände, viel zu lange gearbeitet haben.
Bei Mode machen sich zu viele zu wenige Gedanken und das Klischee von gewalkten Taschen und kratzigen Stoffen hält sich bis heute. Dabei ist die nachhaltige Textilbranche längst keine kleine Hippie-Woge mehr. Bei der Ethical Fashion Show auf der Berlin Fashion Week laufen gestylte Models inzwischen in nachhaltiger Biomode über die Laufstege. Seit gut zehn Jahren erfährt die Branche einen Wandel.
Genau zu dieser Zeit sind Matthias Rau und Sascha Klemz in Freiburg auf die Fair-Fashion-Welle aufgesprungen. 2006 starteten sie ihren Onlineshop „Fair Wear“ mit fairer und nachhaltiger Biomode für Frauen und Männer. „Anfangs gab es in unserem Onlineshop superwenig. Einige T-Shirts, die wir selbst aus Nicaragua importiert hatten, sowie kleine T-Shirt Marken und Schuhe von No Sweat“, erinnert sich Matthias Rau.
Seither hat sich viel getan, auch für die beiden Unternehmer. 2008 eröffneten sie neben ihrem Onlineshop einen kleinen Laden auf dem Grethergelände in Freiburg, erweiterten ihr Sortiment und zogen schließlich 2012 in ihr heutiges rund 100 Quadratmeter großes Ladengeschäft in die Moltkestraße 31. Aus „Fair Wear“ wurde „Zündstoff“, mit einer zündenden Wirkung bis heute und inzwischen vier Festangestellten.
„Erst im Herbst sind wir mit unserem Büro und Lager auf die andere Seite der Dreisam umgezogen, weil uns auch hier der Platz zu klein wurde“, sagt Geschäftsführer Matthias Rau. Inzwischen haben sie in ihrem Freiburger Laden im Sedan-Quartier über 40 Marken im Sortiment. Von Unterwäsche, über T-Shirts, Langarmshirts, Kleider, Jacken, Jeans bis hin zu Accessoires und Schuhen gibt es in ihrem Laden alles, was man auch in anderen angesagten Casual- und Streetwear Läden findet.
Die Preisspanne ist relativ groß und es finden sich durchaus auch günstigere Basics wie Sweater ab 9,60 Euro oder Jeans ab 89 Euro an den Stangen. Verkauft wird nur faire Kleidung aus Biobaumwolle oder Wolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung und Schuhe aus Stoff oder auch Leder, das pflanzlich gegerbt wurde und ebenfalls aus kontrolliert biologischer Tierhaltung stammt.
Um diesem Anspruch sich selbst und den Kunden gegenüber gerecht zu werden, achten Klemz und Rau bei ihrer Ware besonders auf den so genannten Global Organic Textile Standard (GOTS), dem weltweit führenden und anerkannten Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern, sowie das Fairtrade Siegel. Anders als in der Lebensmittelbranche ist die Lieferkette und der Produktionsprozess von Kleidung wesentlich komplexer. Hier reicht nicht nur der faire Anbau von Biobaumwolle, sondern die gerechte und sichere Produktion in den Fabriken muss zusätzlich gewährleistet sein.
Spätestens nach dem dramatischen Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch im Jahr 2013, bei dem 1100 Textilarbeiter ums Leben kamen, ist das Bewusstsein für bessere Arbeitsbedingungen in der Textilbranche weltweit geschärft worden und der Einsatz dafür wächst.
So titelte das Handelsblatt nur vier Monate nach dem Unglück „Fairtrade ist das neue Bio“. Eine Entwicklung, die bis heute anhält und die die beiden Freiburger Fair-Fashion-Vertreiber begrüßen dürften. Trotzdem verlassen sich Sascha Klemz und Matthias Rau nicht einfach nur auf Siegel. „Wir stolpern immer wieder an dem Punkt, an dem wir merken, dass wir in Bezug auf einzelne Produkte oder insgesamt bei der Entwicklung einer Marke noch mal nachhaken müssen“, so Rau. „Wir fragen dann konkret nach, wo ein bestimmtes Produkt produziert wurde. Normalerweise ist die Antwort für uns zufriedenstellend. Wir haben in der Vergangenheit aber auch schon bei einzelnen Herstellern allgemeiner nach einer Nachhaltigkeits- beziehungsweise Fairness-Strategie oder Zertifizierung gefragt, zusammen mit anderen öko-fairen Bekleidungsläden aus Deutschland.“
Insgesamt nehmen die Herren von Zündstoff nur Marken in ihr Sortiment auf, die von Anfang an eine konsequente und transparente Linie verfolgen. Geschäftlich bleiben Klemz und Rau ihrer Linie ebenfalls treu. Sie setzen auf langsames Wachstum mit guter Qualität und auf das Einhalten ihrer Leitlinien. Pläne für einen weiteren Laden gibt es daher momentan nicht. Den Onlineshop wollen sie jedoch ökologisch weiter verbessern. „Versand ist per se etwas unökologisch. Aber wir versenden mit DHL GoGreen, das heißt, unsere Emissionen werden ausgeglichen. Da auch in Freiburg einige über unseren Online-Shop bestellen, würden wir hier demnächst gerne die Ware mit dem Fahrradkurier ausliefern lassen“, sagt Matthias Rau. Die Kunden wissen diesen Einsatz offensichtlich zu schätzen – und surfen die Fair-Fashion-Welle immer weiter aus der Nische in den Mainstream.