Kontakte knüpfen ist wichtig für Beruf und Karriere. Manchmal geht es aber auch darum, im Gespräch den eigenen Horizont zu erweitern.
Von Katharina Müller
Business und Networking gehören zusammen. Keine Frage. Inzwischen gibt es dafür große soziale Plattformen, Portale wie Xing oder LinkedIn. Diese ermöglichen Geschäftspartnern miteinander in Kontakt zu bleiben, ebenfalls mit entfernten Bekannten, Kunden oder Arbeitskollegen – auch wenn diese schon längst keine mehr sind. Soziale Kontakte sind als komplexes Geflecht in der Businesswelt gefragt, inzwischen gibt es dafür eben auch die entsprechenden medialen Kanäle.
Aber das technologische Prinzip des unkomplizierten Datenaustauschs hat sich wieder verstärkt in der Alltagswelt etabliert, Face-to-Face gewinnt wieder an Bedeutung. Fast jeder kennt das: Vorträge, Kommunikation, ein bisschen Austausch und natürlich Fingerfood – netzwerken eben.
Sehr real und gar nicht nur digital, obwohl es auch um Informationsaustausch und Beziehungspflege geht und darum, dass Menschen unkompliziert und unverbindlich miteinander in Kontakt treten. Netzwerken ist inzwischen fast überall angesagt, zum Beispiel auch bei „die club“, ein neues Frauennetzwerk in Freiburg.
Und so offen wie die dezentrale Netzstruktur organisiert ist, so offen will auch „die club“ sein. Das Netzwerk, das mit dem männlichen Artikel spielt, ohne dabei konkret auf die feministische Sprachkritik anspielen zu wollen, hat kaum feste Aufnahmekriterien. Es richtet sich an arbeitende, gestandene Frauen jeder Branche und jeden Alters. Frauen, die Verantwortung im Arbeitsleben tragen und Interesse daran haben neue Leute mitzubringen, dort kennenzulernen und Gespräche zu führen jenseits der klassischen Frauen- und Arbeitsweltthemen, aber eben auch offen zu sein für neue Projekte.
Die Gründerinnen sind Nazli Kaner (49) und Nicole Thompson (47), sind Gründerinnen im doppelten Sinne. Sie haben nicht nur im Oktober 2016 das Netzwerk „die club“ ins Leben gerufen, sondern leiten auch seit 2010 eine Agentur für zeitgemäße Kommunikation in Freiburg, die nach ihnen benannt und nun zugleich der Treffpunkt für das neue Netzwerk ist. Beide fanden damals den Schritt in die Selbständigkeit reizvoll, sich selbst etwas aufzubauen und flexibel zu sein.
Allerdings wollten die beiden nach sieben Jahren Agenturleben und privat abgeschlossener Familienplanung auch neuen Wind. Zwar seien die Projekte und Aufträge sehr vielfältig, das sei nicht das Problem gewesen. Beide reizte ebenso, aus dem Alltagstrott zu entfliehen, neue Menschen zu treffen, abseits der reinen Kunden-Dienstleister-Ebene. Nicole Thompson sagt: „Das ersten Treffen war überwältigend. Gut besucht, mit toller Stimmung und auch das Feedback danach war sehr positiv. Es war auch faszinierend zu sehen, wie viele spannende Frauen es in Freiburg gibt und wie viele tolle Persönlichkeiten gekommen waren, um zu schnuppern und sich schließlich zu engagieren.“ Bei reiner Konversation, Sekt-Schlürfen und Fingerfood blieb es nämlich nicht: Die über 70 Interessierten gründeten mehr als zehn Interessensgruppen und Werkstätten für Bereiche wie Kunst und Kultur, Kulinarik oder Sport.
Gegen die vielzitierte Kritik am Netzwerken, dass diese oft keinen konkret sichtbaren und kausal zurückführbaren Gewinn für den Einzelnen habe, erwidert Nazli Kaner: „Das Problem ist, dass im Alltag oft der Zufall bestimmt, ob sich Menschen irgendwann, irgendwo, irgendwie treffen und sich daraus etwas ergibt“, sei es im Geschäftsleben oder Privat. Netzwerken als letztes Überbleibsel einer auf Effizienz getrimmten und durchgeplanten Welt? Der letzte Bereich, wo noch der Zufall regiert?
Netzwerken jedenfalls könnte man als Versuch deuten, die Wahrscheinlichkeit des Zufalls zu erhöhen. Bei „die club“ finden drei Mal im Jahr auf begrenztem Raum Treffen statt: „Wir bringen hier jene Menschen aus der Stadt und Umgebung zusammen, die in spannenden Projekten arbeiten und offen sind, andere Leute kennenzulernen und vielleicht gemeinsam etwas Neues anzugehen. Es hat schon geklappt, die richtigen zusammenzubringen“, die Arbeitsfelder seien oft nicht mehr so streng voneinander getrennt, insbesondere in der Dienstleistungsbranche. „Da stimmt dann die Chemie und darüber sind die Frauen unglaublich erfreut.“ Während Nazli Kaner spricht wird klar, der Konjunktiv bekommt hier plötzlich Relevanz: Es geht darum Menschen zu treffen, die Türöffner sein können oder neue Geschäftspartner werden könnten oder auch einfach nur spannende Geschichten zu erzählen haben, die den eigenen Horizont erweitern.
Nicole Thompson ist der Ansicht, dass man heutzutage ein funktionierendes Netz aus Kontakten brauche, denn „persönliche Erfahrungen und Empfehlungen werden immer wichtiger“. Viele Frauen würden sich dieses Netzwerk auch am liebsten unkompliziert und ganz informell aufbauen, insbesondere, wenn man neu ist in der Stadt und noch niemanden kenne. Und genau dieses Anliegen versuchen Kaner und Thompson umzusetzen, mit kleinen Ansteck-Buttons, die weder Arbeitgeber noch Nachname verraten.
Nazli Kaner sagt: „Wir wollen auch keine Pflichttermine schaffen, sondern gemeinsame Treffen, die wir wie ein Fest organisieren.“ Das nächste Event findet am 19. Oktober statt, mit Eintrittspreis von ca. zehn Euro. Dabei gibt es auch immer einen kleinen Auftrag, neben der Idee neue Gäste mitzubringen: Jede Frau sollte mit mindestens drei Frauen am Abend sprechen, die sie zuvor nicht kannte oder noch nicht gesprochen hat. Natürlich gibt es da dann auch Fingerfood und Sekt, aber eben auch Musik und gute Rhythmen – natürlich von „einer DJane“.
Nicole Thompson (links) und Nazli Kaner haben das Frauennetzwerk die club gegründet. Foto: Christina Dages