Schweizer, Österreicher und Franzosen, aber auch Stammgäste aus den USA und Deutschland buchen bei einer Waldkircher Unternehmerin Segel-Yachten – ein Saisongeschäft.
Von Katharina Müller
Als Hanne Roth (55) vor rund 13 Jahren in Waldkirch ihr Gewerbe “Segeln und Mehr” anmeldete, wurde sie verwundert angesehen. Und auch heute noch finden viele das, was sie macht, ein bisschen exotisch: Seit einigen Jahren pendelt sie zwischen Waldkirch und der griechischen Insel Korfu – früher war es auch Frankreich oder Italien – und vermittelt internationalen Gästen Segel-Yachten und Katamarane.
Sie bewegt sich zwischen zwei Welten: Business und Urlaub. Das sei nicht immer leicht zu vereinen, gerade die Griechen belächeln manchmal ihre deutsche Art, ihre Korrektheit und vielleicht auch ein wenig die Dienstleistungsmentalität. Sie kümmert sich um die meisten Dinge selbst, schaut auf dem Weg zum Hafen mehrmals bei der Segeltuchschneiderin vorbei, erinnert an den Abholtermin, damit das Segel fertig ist, bevor die nächsten Gäste kommen.
Es ist mehr als eine reine Bootsvermittlung und mehr als lediglich Reisen zu verkaufen. Der Aufenthalt auf Schiffen ist ein Abenteuer und „da ist es wichtig“, dass sie sich persönlich „um alles kümmere“. Gerade weil es so viele verschiedene Anliegen ihrer Gäste gibt, die sie erfüllen möchte.
In diesem Sommer beispielsweise suchte sie den Seglern neben dem Bootsführer, im Fachjargon „Skipper“, auch eine Hostess, die für den Einkaufsservice und die Kinderbetreuung im Urlaub zuständig ist, kocht und anfallende Arbeiten übernimmt. Dann gibt es Stammgäste, die seit
Jahren mit demselben Skipper fahren und diesen wechseln wollen. „Es ist mir ein Anliegen, das alles selbst zu organisieren, die Gruppen zu planen und mit den Gästen in Kontakt zu sein und letztlich auch mit den Schiffen.“
Sogar das Putzen der Schiffsräume ihrer eigenen beiden Schiffe lässt sich Hanne Roth nicht nehmen: Mit einer Putzangestellten wechselt sie in regelmäßigen Abständen ab, um stets auf dem aktuellen Stand zu sein und sich „selbst ein Bild vom Zustand zu machen“, während der Sommersaison hat sie für ihre Boote wöchentlich Buchungen, auf die anderen vier Schiffe kann sie je nach Personenkonstellation und Buchungsengpass ausweichen.
Aus eigenen Erfahrungen weiß die dreifache Mutter, dass ein Segelurlaub etwas Spannendes ist und man diese Form von Urlaub mit Pauschalurlauben so gar nicht vergleichen könne. Entsprechend individuell soll dann aber auch der Service sein: „Ich bin rund um die Uhr erreichbar, beantworte Fragen und helfe, wenn etwas unklar ist. Zum Beispiel, wenn ein Gast anruft, der gerade vor Zakynthos segelt und spontan wissen will, wo die schönsten Strände dort sind, wo es sich lohnt zu ankern.“ Unvorhersehbare Situationen sind normal, sagt sie, „beim Segeln muss man flexibel sein, sich auf neue Situationen einstellen können.“ Flauten, plötzlich aufkommender starker Wind, hohe Wellen und dann auf einmal doch die Möglichkeit, schneller voranzukommen als noch am Tag zuvor gedacht. Ein Sport, ein Abenteuer, ganz nah an der Natur eben.
Die Liebe zum Wasser hat Hanne Roth in jungen Jahren entwickelt: Zwischen dem Deutsch- und Sport-Studium und der Familiengründung arbeitete sie als Surflehrerin in Griechenland. Den Schiffen konnte sie aber lange nichts abgewinnen, obwohl ihr Mann ein Motorboot besaß: „Ich dachte, dass mir der Kontakt zum Wasser auf einem Boot zu sehr fehlen würde. Nachdem die Kinder aber älter waren und wir die ersten Familienurlaube auf dem Segelschiff gemacht haben, waren alle unglaublich begeistert.“
Und so tauschten sie das motorbetriebene Boot ein. Wer beides kennt, weiß die Unterschiede: Statt des stetigen Brummens saust nur noch der Wind. Die Stille und die Weite auf dem Wasser sind faszinierend, die Begeisterung für den Segelsport war entfacht. „Wir merkten allerdings schnell, dass es dem Schiff nicht guttut, wenn es fast das ganze Jahr im Hafen liegt und nur in unseren Urlauben genutzt wird. Wir vermieteten es erst an Freunde, dann auch an entfernte Bekannte. Und damit war schließlich die Geschäftsidee geboren.“
Um den Verleih professionell als Business aufzuziehen, kauften Hanne Roth und ihr Mann Hannes 2004 auf der Bootsmesse für die Unternehmensgründung eine französische Yacht. Wie in einem Küchenstudio können Elemente und Materialien selbst ausgewählt werden: Holz, Türen, Griffe, die Aufteilung von Kabinen und Nasszellen, wie die Bäder genannt werden.
Das Ergebnis ist ein Segelschiff mit überdurchschnittlicher Ausstattung, auf der Homepage steht dazu: „luxuriöse Innenausstattung für die anspruchsvolle Crew“. Getauft wurde das Segelschiff damals auf den Namen „Felicità“, was auf Deutsch Glückseligkeit heißt. Für den Transport von Schiffen dieser Dimension, mit fast 17 Metern Länge und fast fünf Metern Breite, muss die Autobahn gesperrt werden, eine mit Warnlichtern ausgestattete Kolonne begleitet den dunkelblauen Schiffskörper bis in den Hafen.
Hanne Roth erinnert sich an viele spannende Momente. Dazu gehört als Highlight auch das Yachtrennen in der Karibik dazu. Bis zu zehn Plätze können belegt werden, dabei achte sie bei der Konstellation von Gruppen auf die Mischung der Personen: „Ich bringe beispielsweise nicht unbedingt eine Familie mit Kindern und junge Leute auf ein Boot zusammen, das passt nicht“. Eine Woche oder mehr auf einem ungewohnt begrenztem Raum gemeinsam mit Fremden zu verbringen, das müsse man auch wollen. „Das sind meist Leute, die etwas Anderes und Neues im Urlaub suchen“, denn beim Segeln gehöre auch die Abstimmung über die Ziele dazu.
Das Publikum sei international, Schweizer, Österreicher und Franzosen, aber auch Amerikaner sowie zahlreiche Stammgäste aus ganz Deutschland. Sie selbst sagt, segeln sei Freiheitsgefühl. Erfahrung spiele dabei auch eine Rolle. Manchmal ist auch Nervenkitzel dabei und manchmal geht es auch schief: Erst vergangenen Oktober musste ihr Schiff in einer aufwendigen Aktion geborgen werden – teuer für die Versicherung. Bei einem starken Sturm war es auf eine Sandbank gefahren. „Wenn man aber sich durch gefährliche Stürme gekämpft hat und die Crew gemeinsam das Schiff sicher manövriert hat, dann ist das ein tolles Gefühl.“
Von der Absatzkrise am Markt für Segelboote in den Mittelmeerländern merke sie nichts. Sie besetzt eine Nische im Tourismus, der Segelsport insgesamt habe sich dennoch verändert. Der Trend, so Roth, gehe weg vom sportlichen Segeln in kleinen Booten, hin zu sehr großen Yachten, mit außergewöhnlicher Ausstattung in Technik und Design. Ein Grund, warum sich Hanne Roth und ihr Mann vor drei Jahren nochmal für ein weiteres Schiff entschieden haben.
Es ging darum, diesen gestiegenen Bedarf zu decken. Sie kauften die noch größere Hanse 575 und benannten sie nach dem italienischen Song „Via con me“ von Paolo Conte. Diesmal allerdings von einer deutschen Werft in Greifswald, die auch 2016 noch immer mit der Krise am Markt zu kämpfen hat.
Damals wollten Hanne Roth und ihr Mann nicht nur ein großes, sondern auch ein deutsches Boot und etwas Besonderes. Ein mutiger Schritt war diese enorme Investition, findet sie. Denn die Hanse ist ein Schiff, das von renommierten Designern entworfen wurde – vielleicht 80 Stück gibt es weltweit. Seit kurzem ist die „Via con me“ beispielsweise im Musikvideo von Ragheb Alama, eine Pop-Ikone der arabischen Welt zu sehen, gefilmt in den Heimatgewässern vor der griechischen Insel Korfu. Eine Buchung, auf die sie auch stolz ist.
Dennoch sei eine solche Reisevermittlung mit Yachten nicht immer leicht. „Es hat schwierige Zeiten gegeben“, denn Segeln ist kein Massenphänomen. Und für Hanne Roth ist es ein reines Saisongeschäft, auch wenn sie meist ziemlich ausgebucht ist. Manchmal, so Hanne Roth, sei es eben mit den Geschäftsentscheidungen auch ein bisschen wie beim Segeln: „Das Glücksgefühl, das sich einstellt, wenn etwas klappt, wofür man richtig gekämpft hat, ist sehr intensiv.“ Dann bewegt man sich eine Zeitlang wieder in sicheren Fahrwassern, bis man wieder aufbricht.
Vielleicht, so sagt sie, brauche sie auch nochmal ein weiteres Boot, eine weitere Investition. Dann aber kein so großes wie die Hanse. Und auf keinen Fall mehr „Made in Germany“, sondern wieder ein französisches Boot trotz der Sprachprobleme, die es bei den technischen Details gibt. Dafür aber vielleicht wieder mit einem italienischen Namen.