In der Wirtschaft wird viel und intensiv über Industrie 4.0 geredet, sodass einige das Thema als Zukunftsvision abtun könnten. Der Software-Entwickler United Planet bietet Orientierung mit dem ersten Freiburger Industrie 4.0 Tag, einer Veranstaltung mit konkreten Praxisbeispielen regionaler Unternehmen.
Von Katharina Müller
Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung und das Internet nur ein Hype. Kaiser Wilhelm II irrte und auch Bill Gates soll eine falsche Prognose abgegeben haben. Heute ist man vorsichtiger mit den Aussagen über Technologien und deren Entwicklungen. Industrie 4.0, die Digitalisierung der Wirtschaft und der Industrie ist kein reines Hype-Thema. Auch wenn es den ein oder anderen Skeptiker auf den Plan ruft. Es gibt inzwischen auch bei kleinen und mittelern Unternehmen zahlreiche Beispiele, die zeigen, welches Potenzial darin steckt.
Um das sichtbar zu machen und zu erklären, lud Manfred Stetz, Geschäftsführer von United Planet ein und bat Kunden und Partner zu referieren und von den Erfahrungen zu berichten, was derzeit in Südbadens Produktionshallen schon umgesetzt wird.
Via Skype bekamen rund 50 Interessierte dann Einblicke, beispielsweise in die Produktionshalle der Knoll-Firmengruppe Feinmechanik, Geschäftsführer Frank Steinhoff erklärte, wie die Applikation der Ski-Schleifmaschine rechtzeitig anzeigt, wenn der Stein abgenutzt ist und gewechselt werden muss, die Maschine falle nicht einfach aus.
Aber auch die intelligenten Sensoren der Sick AG aus Umkirch wurden vorgestellt ebenso wie die Digitalisierungs-Strategie von Hago Feinwerktechnik, mit konkreten Zahlen als Ergebnis aus der Zusammenarbeit mit Cemsoft: Harald Röder, Inhaber des Laufenburger IT-Unternehmens, erklärte gemeinsam mit Patrick Kuner, Abteilungsleiter im Bereich Lasertechnik bei Hago, wie ein Digitalisierungsprojekt innerhalb von drei Monaten gemeinsam umgesetzt wurde: Mittels Echtzeit-Monitoring wird angezeigt wie die Maschinen laufen, ob Wartungen anstehen, per Email teilt die Maschine zudem an den Schichtführer die erreichte Qualität mit.
Das Ergebnis sei beeindruckend, so Kuner: Hago konnte 13 Prozent Qualitätssteigerung erreichen sowie 2,3 Prozent mehr Potenzial in der Produktion. Das führte auch dazu, dass sich bereits nach 6 Monaten die Investitionen in die Schnittstelle und Plattform (Intrexx) amortisiert hatten. Zudem mehr Transparenz, gestiegene Effizienz und Einsparungen – die Mitarbeiter konnten dadurch ihr Wochenende wahrnehmen, die Samstagsschichten, beginnend mit der Freitag-Nacht-Schicht vielen weg, ein Mehrwert in Sachen Arbeitgeber-Attraktivität.
Doch Industrie 4.0 sollte nicht nur als konkretes Projekt verstanden werden, sondern auch als Aufruf, sich prinzipiell damit zu beschäftigen. Dabei waren sich United Planet-Geschäftsführer Manfred Stetz, Werner Reif von der IHK Südlicher Oberrhein und auch Oliver Lingg, Leitung im Bereich Industrial Software bei Sick, einig.
Noch vor vier Jahren soll die schriftliche Dokumentation bei rund 75 Prozent der KMU verbreitet gewesen sein und sogar rund 39 Prozent der Großunternehmen hielten Daten manuell und nicht digital fest.
Dabei könnten Datenanalysen und intelligente Sensoren enorm zur Effizienzsteigerung beitragen. Oliver Lingg beschrieb es so: Die Kunden von Sick greifen von überall her auf die Angebote zu, wollten individuell zugeschnittene Lösungen, ohne lange warten zu müssen. Dazu brauche es entsprechende Hard- aber insbesondere auch gute und sichere Software sowie intelligent geführte Kameras – Sensortechniken seien dabei elementar.
Kein Hype. Das ist jetzt schon Realität und wird in Zukunft immer stärker gefordert sein. Continental Vorstandschef Elmar Degenhart hat das schon 2015 gesagt: Software sei das neue Rad der Industrie – schon jetzt drehe sich nichts mehr ohne sie.