Als Steuerfabi erklärt Fabian Walter die komplexe Welt des Steuerrechts. Mittlerweile betreibt der 34-jährige Freiburger Deutschlands erfolgreichsten Social-Media-Kanal zum Thema, schreibt Bücher, hält Vorträge und ist mit Finanzminister Christian Lindner per Du.
Text: Julia Donáth-Kneer • Fotos: Santiago Fanego
Den Espresso müssen wir ihm nicht schmackhaft machen. Fabian Walter, aka Steuerfabi, trinkt sowieso immer einen. Das ist kein Zufall, wie er beim Gespräch im Freiburger Fili-Café erklärt, mit dem er sogar geschäftlich verbunden ist – dazu später mehr. „Mein erstes Thema in meinem allerersten Video war daher auch: Kann man Kaffee von der Steuer absetzen?“, erzählt Fabian. Damals, das war im April 2020, mitten in der ersten Coronalangeweile. Ursprünglich wollte der studierte Steuerrechtler seinem Kumpel nur beweisen, dass dröge Finanzthemen auf hippen Plattformen wie Tiktok nicht funktionieren. Ahnung von Social Media hatte er „null Komma null“. Das Video nahm er in seiner Küche auf, er dreht das Smartphone um – „ich wusste nicht mal, dass man mit der Frontkamera filmen kann“ – und lehnte es an einen Waschmittelkarton auf dem Herd. Als Lichtquelle diente die Lampe der Dunstabzugshaube.
Allen Widrigkeiten zum Trotz funktionierte das Video – und wie. Innerhalb kürzester Zeit sammelte der überraschte Steuerfabi knapp 50.000 Views. „Danach habe ich nie wieder aufgehört“, sagt er jetzt. Jeden Tag veröffentlicht er seither ein Stück Content. Allein auf Tiktok folgen ihm 750.000 Leute, auf Instagram knapp eine halbe Million. Seine Videos wurden mehr als 100 Millionen Mal gesehen. Gibt es überhaupt so viel zu erzählen? „Leider ja“, sagt der 34-Jährige. Es ändere sich ja ständig etwas und vieles sei extrem vielschichtig: „Allein zur Einkommensteuer könnte ich tausend Videos machen.“
Die Clips sind kurz, die meisten dauern nur etwa 30 Sekunden, und immer noch selbst gefilmt – auch wenn Fabian mittlerweile Stativ und Frontkamera für sich entdeckt hat. „Komplexe Themen verständlich erklären, das war mein Antrieb“, betont er. Sein Vater ist Steuerberater, hat eine Kanzlei in Furtwangen. „Die zu übernehmen, kam für mich dann aber nicht infrage.“ Lieber wollte er in die Bildung, erklären, wie man mit einfachen Tipps Steuern sparen kann. Nach dem Studium fing er bei der Haufe Gruppe im Bereich Fort- und Weiterbildung für Steuerberaterinnen und Steuerberater an. Der Job machte ihm Spaß, doch dann legte die Social-Media-Maschinerie richtig los: Die Anfragen für Vorträge häuften sich, hinzu kam ein Buchvertrag, dann ein zweiter. Er reiste nach Brüssel, um vor dem europäischen Parlament zu sprechen, war Speaker auf großen Konferenzen im ganzen Land. Mit Bundesfinanzminister Christian Lindner trifft er sich seit drei Jahren regelmäßig, einmal im Jahr gehen die beiden live auf Instagram.
„Allein zur Einkommensteuer könnte ich tausend Videos machen.“
2021 hängte er den Job bei Haufe an den Nagel. „Danach schlief ich erstmal nicht ganz so gut. Von heute auf morgen war ich selbstständig.“ Sein Unternehmen nannte er Steuerversum GmbH mit dem Ziel „Deutschland steuerfit“ zu machen. Heute ist das eines von mehreren Standbeinen: Fabian verdient Geld mit Vorträgen, mit den Büchern und dem sich daraus ergebenden Lizenzgeschäft – beide sind Spiegel-Bestseller geworden –, mit Werbekooperationen und -partnerschaften sowie mit Kaffee, womit wir wieder beim Espresso und dem Fili-Café sind. Gemeinsam mit dem Freiburger Gastronomen Filipos Klein hat Fabian eine eigene Fairtrade Espressobohnenmarke ins Leben gerufen und Delonghi als Vertriebspartner gewonnen. Der Freiburger Kaffee wird nun aus Italien verschickt. Das Produkt heißt 19.6 Espresso Fiscale, benannt nach dem Paragrafen, den er in seinem ersten Video erläutert. Für alle, die es wissen wollen, fasst Fabian noch mal zusammen: „Ja, es ist sehr wohl möglich, dass ein Arbeitgeber den Kaffee für seine Mitarbeitenden als Betriebsausgabe von der Steuer absetzt.“
Der wichtigste Steuertipp von Fabian Walter: „Macht eine Steuererklärung. Viele der Beschäftigten tun das nicht und verschenken unnötig viel Geld“, sagt der Experte. „Dabei bekommen rund 90 Prozent derjenigen, die eine abgeben, eine Rückerstattung – und zwar in einer durchschnittlichen Höhe von 1095 Euro.“ Der Fiskus verdient damit in Milliardenhöhe.