Wo schlafen eigentlich die gegnerischen Fans, wenn sie nach Freiburg kommen und macht es für die Hotellerie einen Unterschied, wann das Spiel stattfindet? Wir haben nachgefragt.
VON JULIA DONÁTH-KNEER
Als Juventus Turin in Freiburg spielte, belagerten die Anhänger das Colombi Hotel. Tag und Nacht bildeten sich Fan-Trauben vor dem Fünfsternehaus, immer in der Hoffnung, einen Blick auf das Team zu erhaschen. Auch wenn der FC Bayern München kommt und im Colombi absteigt, stehen die Menschen Schlange. So etwas ist durchaus nervig für die Hoteliers, aber es gehört dazu.
Aber nicht nur die Mannschaften müssen untergebracht werden, auch die Entourage braucht ein Bett in der Stadt: Im Novotel am Konzerthaus etwa schlafen häufig die Schiedsrichter, im Traditionsgasthaus Löwen in der Herrenstraße kamen bei den Europa-League-Spielen die mitgereisten Polizisten unter. Die Freiburger Polizisten gehen aber auch häufig hier mit ihren angereisten Kollegen essen, erzählt Chefin Uschi Munkelt, die das Haus seit über 55 Jahren mit ihrem Mann Ingo führt. Im Löwen sind Fußballfans generell gern gesehen: „Bei uns schlafen Auswärtsfans sämtlicher Vereine.“ Sobald der Spielplan steht, kommen die Reservierungen rein. Es gibt unterschiedliche Zimmerkategorien in dem historischen Gebäude, zum Beispiel auch ganz einfache mit Dusche auf dem Gang für den schmalen Geldbeutel. Für Fußballfans, die mit hoher Promille nach dem Spiel einfach nur ins Bett fallen wollen, ideal.
Das Traditionshotel mit der berühmten Gaststätte, bei der man bis kurz vor Corona jede Nacht bis drei Uhr nachts Schweinshaxe essen konnte, hat sich über die Jahre den Ruf erarbeitet, dass Fußballfans willkommen sind. Manche Vereine, zum Beispiel Werder Bremen, verweisen sogar explizit auf ihren Fanseiten auf den Löwen, für all diejenigen, die sich „von dem urigen Schwarzwald-Charme verzaubern lassen möchten“.
Direkt nebenan im Schwarzwälder Hof kommen ebenfalls Fußballfans unter, aber nicht nur die gegnerischen. „Wir haben zum Beispiel eine SC-Fangruppe aus der Schweiz, die buchen die ganze Saison im Voraus“, erzählt Betreiber Christoph Engler, der das Haus in dritter Generation leitet. Ausgebucht ist das Hotel mit 70 Betten am Wochenende sowieso fast immer, dennoch merkt Christoph Engler einen Unterschied, seit das Stadion an die Messe gezogen ist.
Viel Bier im Kühlschrank
Vom neuen Standort profitieren vor allem die Hotels auf dem Güterbahnhofsareal, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind. Das Aparthotel Adagio Access ist eines von ihnen. „Wir merken sofort, wenn Spieltag ist“, erzählt General Managerin Wiltrud Rösler, die gleichzeitig DEHOGA Vorsitzende Tourismus und Hotellerie für Baden-Württemberg ist. Sie und ihre Kollegen warten genau wie die Fans gespannt auf die Bekanntgabe der Spielpläne, um dann im richtigen Moment die Preisspanne anzupassen. Das Adagio ist ebenso wie das Hampton by Hilton, das Fourside Hotel und das Super 8 by Wyndham in Laufnähe des Europa-Park-Stadions. Ein riesengroßer Standortvorteil. „An Spieltagen achten wir darauf, dass unser Selbstbedienungskühlschrank gut mit Bier bestückt ist“, sagt Rösler, die sich über die Fans in ihrem Haus freut. Ihr Aparthotel hat einen weiteren Vorteil: „Wir sind eines der wenigen Häuser in Freiburg, die Familienzimmer anbieten. Sie werden von Fußballgruppen mit Begeisterung gebucht, da sie viel günstiger sind als zwei Doppelzimmer.“ 153 Zimmer hat das Haus insgesamt, davon 21 Vierbettzimmer, sie sind regelmäßig an Spieltagen lange im Voraus ausgebucht. Stress gibt es nicht, selbst wenn gegnerische Fans auf SC-Anhänger treffen. „Anfangs hatte ich Befürchtungen wegen Alkohol, Party, Lärm und Krawall. Aber ich bin sehr positiv überrascht, wie friedlich und gut die Stimmung bei uns ist“, meint Wiltrud Rösler. Nur einmal, beim Europa-League-Spiel gegen den FC Nantes, warnte die Polizei die umliegenden Hotels vor Hooligans, die aus Frankreich anreisen würden.
„Am interessantesten für uns sind die Samstagabendspiele, denn dann fährt wirklich keiner mehr nach Hause.”
Wiltrud rösler, dehoga
Die Europa-League, bei der Fans aus ganz Europa kommen, ist ansonsten ein großer Gewinn für die Hoteliers, sagt die Expertin. „Oft werden die Donnerstagsspiele zum Anlass genommen, ein verlängertes Wochenende zu bleiben. Für uns ist es toll, wenn aus dem Stadionbesuch ein richtiger Trip wird.“ Sonntagsspiele hingegen sind für die Hotellerie eher unspannend, weil insgesamt deutlich weniger Fans kommen würden. Ähnlich ist es am Freitagabend. Samstagmittag funktioniere gut, jedoch reisen zum Beispiel die Fans aus Frankfurt, Stuttgart, Hoffenheim am selben Tag wieder ab, weil sie keinen allzu weiten Weg haben. „Am interessantesten für uns sind die Samstagabendspiele, denn dann fährt wirklich keiner mehr nach Hause“, sagt Wiltrud Rösler.
Gute Stimmung
Wochendendtrips, die Fußballfans mit dem Stadiongang verbinden, erlebt auch Claus Busse, Geschäftsführer von Busses Camping. Der beliebte Campingplatz am Möslepark, zu dem mittlerweile auch Busses Guesthouse mit 18 Zimmern gehört, ist an Spieltagen ebenfalls regelmäßig voll. Hier kommen gerne Familien unter, die Samstagmittags ins Stadion gehen. Außerdem reist seit vielen Jahre eine Handvoll Schalke-Fans an – vorausgesetzt, Schalke spielt erstklassig.
Das Motel One ist vor allem bei Gruppenreisenden beliebt. Einige Fans würden das ganze Wochenende anfragen, noch bevor sie wissen, wann das Spiel terminiert ist, berichtet Cluster Manager Ole Paduch. Daher ist das Motel One, obwohl es das größte Hotel der Stadt mit 252 Zimmern ist, an Spieltagen weit im Voraus ausgebucht. Es gibt aber auch Unterkünfte, bei denen Stadiongänger nicht gerne gesehen sind. Das Black Forest Hostel in der Kartäuserstraße versteht sich explizit „nicht als Partyhostel“, weswegen Gruppenreservierungen von Fußballfans nicht angenommen werden.
Das läuft bei Uschi und Ingo Munkelt im Löwen ganz anders. „Es ist immer friedlich“, erzählt Uschi Munkelt. „Da sitzen die SC- mit den Auswärtsfans gemeinsam am Tisch.“ Hier sei jeder nach dem Spiel willkommen, auch wenn er kein Übernachtungsgast ist – und egal, wer gewonnen und wer verloren hat, die Stimmung sei gut, das Bier fließt. Schweinshaxen gibt es auch.