Ein guter Obstbrand erzählt eine Geschichte, sagt Florian Faude. Doch im Gespräch über seinen Berufsstand spürt man neben Leidenschaft und Begeisterung auch Enttäuschung und Wut.
Zum Jahresbeginn ist das Branntweinmonopol weggefallen. Es garantierte allen Kleinbrennern, dass sie ihren Alkohol verkauft bekommen – zur Not an den Staat, der mehr zahlt als der freie Markt. Die Gesetzesänderung bedrohe eine ganze Branche, sagt der Kleinbrennerverband. Florian Faude (34) ist dem Kleinbrennertum mittlerweile entwachsen. Und doch kann er leidenschaftlich für die Sache streiten. Man könnte auch sagen: Er brennt dafür.
Redakteur Philipp Peters hat mit ihm gesprochen.
Herr Faude, war Ihnen bereits bewusst, dass das Branntweinmonopol wegfallen würde, als Sie mit „Faude feine Brände“ gestartet sind?
Florian Faude: Nein, es war mir damals nicht bewusst. Zumindest nicht, als ich damals 2003 die ersten Gehversuche in Sachen Brennerei unternommen habe. Die feinen Brände gibt es ja erst seit 2006.
Welche Folgen hat der Wegfall des Gesetzes für Sie?
Keine. Ich habe von Anfang an, nahezu alle meine Erzeugnisse voll versteuert. Für mich war klar, dass ich meinen Obstbrand vermarkten möchte. Deshalb war jeder Tropfen essenziell. Da ich seit Mitte 2017 in den Kreis der Verschlussbrenner aufgestiegen bin, hat die Kleinbrennerei – genauer gesagt die landwirtschaftliche Abfindungsbrennerei – kaum noch eine Bedeutung für mich.
Wie viele Liter brennen Sie denn pro Jahr?
Im Jahr 2017 haben wir etwa 12.000 Liter reinen Alkohol destilliert. Im vergleich zur Abfindungsbrennerei mit ihren klassischen 300 Litern ist das eine riesige Zahl. Man muss aber bedenken, dass gut zehn Prozent davon auf Vor- und Nachlauf entfallen. Von den 12.000 Litern sind etwa die Hälfte Obstbrände, ein Viertel ist Getreide und den Rest bezeichne ich salopp als „geistreiche Spielereien“. Dazu kommt ein Verlust durch Warmherstellung von etwa 300 Litern. Wir Brenner nennen das: den Anteil der Engel.
Und wo machen Sie Ihren Umsatz?
40 Prozent vom Umsatz macht der Handel. Gastronomie, Direktvertrieb und Auftragsarbeiten teilen sich den Rest zu gleichen Teilen.
Welches sind die umsatzstärksten Produkte?
In absteigender Reihenfolge sind das Williams, Zibärtle, Mirabelle, Blutorangengeist, Gurkengeist, Himbeergeist – eben wie bei vielen anderen Brennereien auch. Bis auf die Gurke, damit bin ich noch Exot.
Der Verband der Kleinbrenner sieht durch den Wegfall des Branntweinmonopols auch den Charakter der Landschaft im Südwesten bedroht. Viele Streuobstwiesen würde es nur noch geben, weil man den daraus gewonnenen Branntwein sicher absetzen konnte, heißt es. Teilen Sie diese Sorge?
Da hat der Verband nicht ganz unrecht, wobei man hier ganz klar auch auf regionale Unterschiede hinweisen muss. Wenn ich mich in meiner Heimatgemeinde Bötzingen umsehe, finde ich kaum noch klassische Streuobstwiesen. Das mögen noch drei Hektar sein, wenn überhaupt. Die Arbeit mit Streuobst ist sehr mühsam. Bei den Bäumen kommen ab einer Höhe von 1,80 Meter die ersten Äste. Da gehen Sie nicht mit dem Vollernter durch. Ich selbst bewirtschafte etwa einen Hektar. Das meiste sind Äpfel und Birnen.
Und in den Nachbargemeinden, rund um den Kaiserstuhl?
Da dominiert natürlich das Rebland, nicht die Streuobstwiese. Fährt man aber ins Schwäbische oder an die Ränder und Täler des Schwarzwaldes, findet man noch mehr Streuobstwiesen als hier bei uns. Kaiserstühler haben immer schon mehr Weinerzeugnisse gebrannt als Brenner vom Bodensee, aus Schwaben oder aus dem Schwarzwald.
Aber wie rechtfertigt das eine Subvention auf die Ernte?
Man kann die Streuobstwiesen nur erhalten, wenn man die Produkte auch vermarktet bekommt – als Obstbrand oder auch Saft. So war es ursprünglich gedacht. Da sich aber auch hier die Märkte ändern und der Import günstiger ist, kommt eben viel aus dem Ausland. Apfelsaftkonzentrat kommt zum Beispiel aus China. Bei uns bekommt ein Landwirt zehn Euro für 100 Kilo Streuobst. Das ist eine Frechheit! Für das Geld bückt sich doch kein Mensch!
Beim Apfelsaft guckt der Käufer eben auf den Preis.
Ja, leider. Weil das Gros der Gesellschaft verlernt hat, welche Werte in unseren Böden stecken. Die Sortenvielfalt war früher größer, der Saft war deutlich besser. Es gibt immer noch Pioniere und bestimmt auch Enthusiasten, die voll auf Streuobst abfahren und es entsprechend
vermarkten. Würden wir alle Säfte aus dem Ländle kaufen, dann hätten wir tatsächlich blühende Landschaften und nicht diese Monotonie, die hier mittlerweile Einzug hält. Und dann wundert man sich, wenn hier kaum noch Insekten fliegen. Das finde ich traurig.
Ist der regionale Obstanbau für Sie überhaupt relevant oder beziehen Sie ihre Rohstoffe ohnehin aus südlicheren Ländern?
Der regionale Obstbau spielt für mich die größte Rolle! Ich kaufe 90 Prozent des Obstes in der Region. Ich kenne die Erzeuger und die Felder, die sie bewirtschaften, seit Jahren persönlich. Eine der wenigen Ausnahmen sind die Blutorangen, die wachsen hier nun mal nicht. Aber auch da habe ich persönlichen Kontakt zum Erzeuger. Ich war selbst vor Ort und habe direkt vom Baum genascht, danach ist die Palette zu uns gefahren und wir haben es verarbeitet. Ohne Zwischenstation.
Bei all der Schwarzmalerei – für Qualität scheint in der Nische immer noch Platz zu sein?
Der Obstbrand erfährt eine Renaissance, Kunden kommen immer mehr zurück auf einen typischen unverfälschten Geschmack. Es ist teilweise echte Aufklärungsarbeit. Menschen wollen eben Geschichten und Emotionen verbunden mit echtem Handwerk erleben.
Florian Faude machte seine Leidenschaft zum Beruf. Als Kind des Kaiserstuhls absolvierte er eine Ausbildung
zum Winzer und Obstbrenner. Seit 2006 macht er die Früchte seiner Heimat zu Hochprozentigem und
verkauft dies unter der Marke „Faude feine Brände“. Er lebt in Bötzingen.