Im Bio-Markt und beim Biokisten-Lieferservice Brokkolise arbeiten 50 Prozent Menschen mit Behinderung, Geflüchtete und Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit. Der Betreiber und seine Partner setzen damit ein klares Statement für ein soziales Miteinander in Waldkirch.
VON CHRISTINE WEIS
„Wir sind Profis im Bereich Sozialarbeit und wissen, wie man Menschen mit Behinderung begleitet und für sie sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schafft. Wie allerdings ein Bio-Markt mit Vollsortiment funktioniert, war Neuland für uns“, sagt Michael Danner von Wilpert, einer der Geschäftsführer der Dreisamwerke. Zu ihnen gehört seit Anfang des Jahres das gemeinnützige Inklusionsunternehmen mit Bio-Markt und Abo-Kiste namens Brokkolise.
Dennoch wollte er kein Franchise-Unternehmen gründen, um flexibel zu sein, sowohl im Produktangebot als auch bei den Lieferanten. Das notwendige Knowhow kam von Unterstützern wie dem Biogroßhändler Rinklin aus Eichstetten. Die Stuttgarter Heidehofstiftung, der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS), die Aktion Mensch, die das Projekt mit 450.000 Euro fördert, unterstützen Brokkolise ebenfalls.
Das rund 400 Quadratmeter große Geschäft an der Langestraße mitten in der Altstadt eröffnete im Mai. Ein Bioladen fehlte in der Kandel-Stadt, das Rathaus war seit Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Betreiber. Die Kundenresonanz der ersten Monate sei sehr positiv, lautet die Einschätzung von Danner von Wilpert.
Zusammenarbeit von Bruckwald Werkstätten und Brokkolise
Mit im „Brokkolise-Boot“ sind das Sozialwerk Breisgau und deren Einrichtung „Am Bruckwald“ aus Waldkirch. In der Gemeinschaft mit betreuten Wohneinrichtungen und Werkstätten leben und arbeiten rund 250 Menschen mit Behinderung. Zum Bruckwald gehören unter anderem eine Bäckerei, Gärtnerei, Kaffeerösterei und eine Nudelwerkstatt.
Angelique Müller leitet die Werkstätten und ist im Führungsteam der Brokkolise. Kaffee, Nudeln, Backwaren und Gemüse vom Bruckwald werden direkt im Bio-Markt und der Abo-Kiste verkauft. „Wir bauen biologisch an, demnächst erfolgt die Bio-Zertifizierung, dann wird noch mehr Gemüse von unseren Gärten in die Innenstadt wandern“, sagt Müller. Mit der Übernahme des Abo-Kistenbetrieb der Gärtnerei Distel in Endingen startete der Onlinevertrieb im Januar.
Insgesamt sind rund 20 Mitarbeiter bei Brokkolise beschäftigt. Die Hälfte hat eine „festgestellte Behinderung“, zwei von ihnen arbeiteten vorher am Bruckwald – es sollen mehr werden.
„Dass Menschen mit Handicap dauerhaft eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt finden, ist eher selten. Dafür gibt der Arbeitsmarkt einfach nicht genügend inklusive Angebote her.“
Angelique Müller
Umgekehrt seien die Werkstätten für Menschen mit Behinderung enorm wichtig, gerade für jene, die den Anforderungen im allgemeinen Arbeitsmarkt nicht standhalten können.
Für Danner von Wilpert entsteht der Arbeitsplatz erst zusammen mit dem Menschen: „Man probiert zusammen aus, was geht und was nicht. Manche Fähigkeiten, Stärken oder auch Grenzen erfährt man eben erst beim Tun.“ Mit einer neuen Großküche im Bruckwald will er ab Oktober weitere Jobs für Menschen mit Behinderung schaffen. Dafür hat er sich wiederum professionellen Beistand geholt: Die Großküche wird Ralf Roß leiten. Der erfahrene Koch sammelte in der Vergangenheit in verschiedenen Großküchen reichlich Erfahrung. Er war unter anderem für die Freiburger Verkehrs AG (VAG) tätig. Inklusion sei für ihn Neuland, doch mit den Mittarbeitern von Bruckwald und den Dreisamwerken erhält er sozialpädagogische Unterstützung.