Wie weiter bauen? Die Flächen sind knapp, auf Baustellen soll es schnell gehen, aber trotzdem ökologisch und ästhetisch anspruchsvoll. Holz kann alles – ein vergessener Rohstoff, der auch in der Region gerade sein Revival erlebt.
Von Katharina Müller
Über sieben Millionen Euro investierte Bruno Kaiser vor fünf Jahren in seinen Holzbau-Betrieb in Bernau für die neue Produktionshalle samt Maschinen und Softwareprogrammen. Viel High-Tech, weniger Handarbeit, dennoch steigende Mitarbeiterzahl, inzwischen 80, Tendenz wachsend. Eine enorme Investition, weitere seien bereits geplant, denn „Stillstand gibt es nicht“, sagt der 66-Jährige, der mit einem Einmann-Betrieb 1986 startete.
Erst recht jetzt nicht, da in den letzten Jahren Holz im Bau auf dem Vormarsch ist. In Lörrach beispielsweise wurde von der Bruno Kaiser GmbH im vergangenen Jahr ein fünfstöckiges Mehrfamilienhaus innerhalb von sieben Tagen im Auftrag der Wohnbaugesellschaft errichtet, in der Produktionshalle laufen gerade die Balken für Bad Säckingen durch die Maschinen.
Datenströme, Industrie 4.0. – ein unternehmerisch versierter Handwerksbetrieb, der bereits 1997 auf Automation umstellte und trotzdem noch immer die klassischen Gewerke abdeckt: Bedachung, Zimmerei, Schreinerei und Blechnerei. Allerdings hat das operative Geschäft inzwischen Herbert Duttlinger übernommen, einer der insgesamt drei neuen Geschäftsführer, seine Nachfolger hat Kaiser im vergangenen Jahr persönlich ausgewählt.
Duttlinger sagt: „Wir sind mittlerweile spezialisiert auf mehrgeschossige Gebäude, Privat und Gewerbe“, er freut sich und fügt hinzu: „Da ist richtig Dampf dahinter, das ist ein enormer Trend.“ Hier im Betrieb gehen Urbanisierung und wirtschaftliches Wachstum Hand in Hand.
Bruno Kaiser betont auch, dass vor allem beim Thema Nachverdichten Holz durch seine Leichtigkeit, durch ökologische Vorteile und hohe Brandschutzstandards punkten könne. Zuletzt habe die Bruno Kaiser GmbH in Konstanz nachverdichtet. Mit nachwachsendem regionalem Holz, natürlichen Dämmmaterialien und wenig Aufwand: „Wir sind enorm schnell, da wir in unseren Hallen alles vorbereiten und die benötigten Teile fertig vor Ort fahren.“ Auf eine Garage setzten sie innerhalb weniger Tage das neue Gebäude, „kein Lärm von Betonmischmaschinen, keine Baustelle, kein Staub“, so Bruno Kaiser.
Das Firmengelände im tiefen Schwarzwald ist riesig, beim Eintreten in den Besprechungsraum ebenfalls Staunen: Bis zum Boden verglaste Fenster, mit Blick in den verschneiten Bernauer Wald, angenehmes Raumklima, es riecht nach frischem Holz. Mit dem großen Flachbildschirm an der Wand, erklärt der Firmengründer und sein Kollege die Philosophie: Umweltschutz sei kein Luxus der industrialisierten Welt, sondern notwendig für die Einhaltung der Ziele im Klimaschutz. Auch gesetzlich. „Das wird kommen“, sagt Duttlinger, „die Politik wird in Zukunft den Lebenszyklus eines ganzen Bauwerks bemessen“, dann sei der Energieaufwand mit dem konventionellen Bau vergleichbar, wann das komme, sei allerdings noch ungewiss. Inzwischen habe die Politik auch erkannt, wie wichtig dieser nachwachsende Rohstoff ist und tue einiges dafür: Clusterinitiativen, Regionalprogramme, Förderungen und Forschung zur stofflichen Verwendung von Holz.
Bruno Kaiser zeigt in der Produktionshalle begeistert auf die Balkonbretter, die seine Mitarbeiter verschrauben: „Das ist mit Hitze im Ofen behandeltes Holz und dadurch widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit. Dieses Wissen hat es bis vor drei Jahren gar nicht gegeben“, das sei Ergebnis der Forschung, so Kaiser und so wird auch Regenwaldholz hinfällig.
Die Assoziation „Holz fault, Holz brennt“ sei heute nicht mehr so präsent. Der Umweltschutz wird seit den 80er Jahren mit dem Aufkommen der Umweltbewegung höher gehängt, das Wissen um die Vorteile sei stärker verbreitet. In Baden-Württemberg, ein stark bewaldetes Bundesland, werden nach Angaben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz inzwischen immer mehr Wohngebäude aus Holz gebaut, rund 24 Prozent, im Bundesdurchschnitt seien es hingegen nur rund 15 Prozent. Der Grund, warum Holz aber erst jetzt seine Renaissance erlebe, so erklären die beiden Firmenchefs, liege an den Altlasten, an der Kriegsvergangenheit: Holz war geradezu traumatisch negativ besetzt, nur Flüchtlinge oder Vertriebene lebten in Holzbaracken, wer es sich leisten konnte, baute massiv. Die Bomben in den Städten hatten den konventionellen Bauwerken weniger geschadet, darüber sei inzwischen aber sogar die Landesbauordnung hinweg, Baden-Württemberg sei auf einem guten Weg, so Duttlinger.
Für die Bruno Kaiser GmbH kommen Aufträge inzwischen auch aus dem Elsass und der Schweiz, hauptsächlich aber aus der Region. Der Grund, warum das Geschäft im Holzbau bei ihm derzeit überhaupt so boomen könne, so Bruno Kaiser bescheiden, liege auch an der Software, an den gesamten Technologien, die inzwischen auf hohem Niveau seien und einwandfrei funktionieren: „Früher mussten wir Balken auf Balken vor Ort zusammensetzen“, heute werden die Daten der Pläne an die Maschinen geschickt. Stolz ist er darauf schon: „Es gibt nicht viele Betriebe, die diesen Wandel mitgemacht haben, da muss man über Jahre hinweg dranbleiben, das ist auch unternehmerisch immer ein enormes Risiko, aber es hat funktioniert.“