Sie beseitigen Schmutz, sorgen für Hygiene und halten die Immobilie in Schuss – doch die Arbeit einer Reinigungskraft wird selten gewürdigt. Kaum jemand weiß, wie viel Professionalität der Beruf erfordert. Unterwegs mit dem Team von Büba.
Text und Fotos: Christine Weis
Der Tag nach Neujahr, zwanzig nach sieben: Die Kinder, die diese kleine private Freiburger Grundschule besuchen, schlafen wahrscheinlich noch. Doch für Duran, Nikolaj, Vlatko und Zulcif hat der Tag längst begonnen. Die vier Männer gehören zum Sonderreinigungsteam der Firma Büba. Im Lager der Zentrale gibt’s erstmal Kaffee. Vertriebsleiterin Cornelia Hug und Assistentin Lena Lederer gehen den Einsatzplan durch: Zwei Tage, sieben Klassenzimmer, zwei Büros, Küche, Sanitärräume, insgesamt 350 Quadratmeter Fläche. Klingt überschaubar? Von wegen. Es geht nicht nur um die Bodenfläche, denn fast alles kommt dran: Fugen, Fliesen, Fenster, Heizkörper, Waschbecken, Toiletten, Steckdosen, Türen, Lichtschalter bis hin zu den Böden. Diese müssen zudem frisch beschichtet werden. „Es gibt schon viel zu tun.”, sagt Hug. Die Männer nicken. Sie ahnen, was auf sie zukommt.
Sie verstauen Putzmittel, Eimer, Lappen, Schwämme, Nass- und Trockensauger, Besen, Bürsten, Müllsäcke und Fensterwischer in den Sprintern. Die Anfahrt ist nicht weit. Zeitgleich mit dem Büba-Team trifft der Schulleiter ein und schließt das Gebäude auf. Beim Rundgang wird das Ausmaß der Arbeiten deutlich. Dann werden erstmal Bänke und Stühle beiseitegeschoben.
Sämtliche Fenster und Türen sind mit Blumen, Tieren oder Bildern beklebt und manche mit Girlanden geschmückt. Die Klebestreifen haften hartnäckig. Einige Eichhörnchen und Tulpen überleben es nicht. „Wir retten, was geht, sonst können die Kinder ja wieder was Neues basteln“, sagt Cornelia Hug. Der Schulleiter ist einverstanden und kündigt an, dass heute der Maler noch ein paar Wände streichen wird. „Eigentlich kommen wir, wenn der Maler fertig ist“, entgegnet Hug, „das verkompliziert die Sache, aber okay“. Bei der Kontrolle fällt ihr auf, dass die Tür zum Personal-WC schleift. Möglicherweise quillt das Holz auf, wenn die defekte Tür mit Wasser in Berührung kommt, und schließt dann nicht mehr richtig.
Fenster, Fliesen, Fußboden
Duran nimmt sich die Fenster vor. Seit 25 Jahren ist der gelernte Schneider bei Büba. Er mag die Präzision, die die Glasreinigung erfordert, und scheut auch keine Höhen. Jeden Sommer putzt er vom Hubsteiger aus die Außenfassade eines Banktowers in Freiburg. Heute reichen ihm Leiter und Teleskopstiel. Fensterwischer und Abzieher hat er an einer Halterung am Körper griffbereit. Routiniert reinigt er Scheibe um Scheibe.
Währenddessen ist Zulcif mit dem PVC-Boden beschäftigt. Erst entfernt er den losen Schmutz und verteilt mit dem Wischmopp die „Reinigungsflotte“ – ein alkalisches schmutzlösendes Gemisch. Dann läuft die Einscheibenmaschine über die Fläche. Der Vorher-Nachher-Effekt ist deutlich. In die Ecken und bis an die Ränder kommt die Maschine nicht, dort arbeitet Zulcif mit dem Handpad nach. Der nächste Schritt nennt sich „Schmutzflotte“ und meint das Einsaugen des Schmutzwassers. Nachdem der Boden getrocknet und neutalisiert ist, trägt Zulcif die neue Beschichtung auf.
Stark beanspruchte Flächen sollten spätestens nach ein bis zwei Jahren neu beschichtet werden, erklärt Lena Lederer. Die 32-Jährige wechselte vor drei Jahren aus dem Putzteam ins Büro. In der Sonderreinigung war sie die einzige Frau und hat solche Grundreinigungen erledigt oder auch Baustellen, Maschinen, Lüftungsrohre, Reinräume, Fassaden oder Photovoltaikanlagen von Schmutz befreit. „Aktuell reinigen wir zum Beispiel eine Verbrennungsanlage für die Kläranlage eines Abwasserzweckverbandes, was wegen des feinen Staubs und der komplexen technischen Anlage sehr anspruchsvoll ist“, sagt Lederer.
„Rot ist für die Toiletten, Gelb für die Waschbecken, Grün für die Küchen, Blau für Oberflächen wie die Türen.“ Nikolaj
Auf die Farbe kommt es an
Derweil schrubbt Vlatko die Sanitäranlagen und Nikolaj die Türen. „Die Farbe des Schwammtuchs ist wichtig. Rot ist für die Toiletten, Gelb für die Waschbecken, Grün für die Küchen, Blau für Oberflächen wie die Türen“, erklärt Nikolaj. Auch für die Reinigungsmittel gibt es Regeln. Das Putzwasser für alkoholhaltige Reinigungsmittel muss kalt sein, weil sich der Alkohol bei Wärme verflüchtigt und so seine Wirkung verliert.
„Wo bleibt eigentlich der Maler?“, fragt Duran bei der kurzen Pause um halb elf in die Runde. „Der kommt doch nicht mehr“, antwortet Nikolaj. „Conny hat eben angerufen, er macht in den nächsten Schulferien weiter.“ Umso besser, dann kommen sich die Gewerke nicht ins Gehege. „Bitte die Steckdosen und Türrahmen nicht vergessen“, mahnt Cornelia Hug die neue Reinigungskraft, die für diesen Artikel einen Tag mitarbeitet. Sie will wissen, wie man die verschmutzte Steckdose gefahrlos auch von innen reinigt. „Da passiert nichts“, sagt Hug freundlich, nimmt kurzerhand einen feuchten Lappen und wischt das Gehäuse aus.
„Manche Unternehmen setzen auf Daytime-Cleaning, um die Putzarbeit sichtbarer zu machen.“ Cornelia Hug
Reinigungsteams.
Es geht um Anerkennung
Mittagessen in der Büba-Kantine: Eintopf, Salat, frisches Brot, Wurst, Käse, Butter und Zitronenkuchen. Mit am Tisch sitzt Geschäftsführer Christoph Ernst. Er spricht über Wertschätzung, ein Thema, das ihn beschäftigt. „Unsere Reinigungskräfte leisten Großartiges. Oft zu Zeiten, in denen sie niemand sieht, wie früh am Morgen oder spät am Abend. Ihre Arbeit ist unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags, auch wenn sie manchmal leicht übersehen oder als selbstverständlich wahrgenommen wird. Es wäre schön, wenn wir uns alle öfter die Zeit nehmen, um diese wichtige Arbeit wertzuschätzen.“ Es klingt nicht wie eine Klage, eher wie ein Plädoyer. Rund 400 Menschen beschäftigt Büba, Männer und Frauen aus 52 Nationen. Sie sorgen für Hygiene und Ordnung in Büros, Arztpraxen, Schulen und an vielen anderen Orten.
Manche Unternehmen setzen auf Daytime-Cleaning, um die Putzarbeit sichtbarer zu machen. Für sie ist die Reinigungskraft ein Teil der eigenen Belegschaft, berichtet Cornelia Hug. Bei der Sonderreinigung sei das nicht möglich. Das Team ist in der Regel nur wenige Tage vor Ort, anders als bei der täglichen Unterhaltsreinigung, wo die Mitarbeitenden permanent festen Objekten zugeteilt sind.
„Unsere Reinigungskräfte leisten Großartiges. Oft zu Zeiten, in denen sie niemand sieht, wie früh am Morgen oder spät am Abend.“ Christoph Ernst
Duran, Nikolaj, Vlatko und Zulcif arbeiten heute bis halb fünf nachmittags. Am nächsten Tag werden sie das Objekt blitzblank übergeben. Wenn die Schülerinnen und Schüler am 7. Januar aus den Ferien zurückkehren, sitzen sie in sehr sauberen Klassenzimmern. Vielleicht fällt ihnen der glänzende Boden auf, vielleicht auch nicht. Und wahrscheinlich werden sie die Tiere und Blumen an den Fenstern vermissen. Die Männer, die ihre Schule schrubbten, haben sie nicht gesehen.