Salatschleuder, Wäschetrommel, Saftpresse: Jeder hat eine Zentrifuge zuhause. Industrielle Spezialzentrifugen, wie sie Cepa in Lahr herstellt, sind indes ein Nischenprodukt. Doch die alte Technologie hat großes Potenzial.
VON KATHRIN ERMERT
Vier Doppelseiten wollte Michaela Vinnay für die Firmenchronik zum 100-jährigen Jubiläum schreiben, am Ende wurden es fast dreißig. Ein Fünftel dieser langen Zeit hat die 51-Jährige mitgestaltet. Nach einer Banklehre, einem BWL-Studium und einem Jahr Auszeit in Australien war sie 2001 ins Familienunternehmen eingestiegen und 2008 als vierte Generation in die Geschäftsführung aufgerückt – die erste Kauffrau nach drei Ingenieuren. Der Vater zog sich 2012 aus dem Unternehmen zurück, nach-dem sein Schwiegersohn Thomas Vinnay, Regelungstechniker und Informatiker, als technischer Leiter nach Lahr gekommen war.
Von außen sieht die Carl Padberg Zentrifugenbau GmbH, kurz Cepa, in der Geroldsecker Vorstadt am östlichen Ende von Lahr seit Jahrzehnten gleich aus. Innendrin hat sich allerdings viel verändert, seit die vierte Generation am Ruder ist. „Wir haben viel Zeit und Geld investiert in den letzten Jahren“, sagt Michaela Vinnay. In die EDV, in Software und Prozesse. Sie haben das Lager besser organisiert und die Durchlaufzeiten verringert, die Produktion verschlankt und sich auf Kernkompetenzen konzentriert. So konnten sie auf gleicher Fläche viele Potenziale heben und damit den Umsatz in den zurückliegenden zehn Jahren fast verdreifachen. Thomas Vinnay hält eine weitere Verdoppelung für möglich. Und Michaela Vinnay ist sich sicher:
Die jüngsten Krisen haben wir auch deshalb gut überstanden, weil wir kein Glashaus auf die grüne Wiese gesetzt, sondern immer nur aus eigener Kraft investiert und gebaut haben.“
michaela Vinnay, Cepa-Geschäftsführerin
Wirkstoffe separieren
In der Vorbereitung aufs Jubiläum haben die Vinnays viel über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihres Unternehmens nachgedacht und dabei gemerkt: Eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert, denn Kernprodukt ist nach wie vor die Zentrifuge. Gleichzeitig hat sich aber alles verändert und tut es immer noch. Alles ist im Wandel. Denn wie andere Maschinenbauer ist Cepa längst auch ein Softwareunternehmen. Die eigentliche Zentrifugentechnologie ist heute nicht mehr das wesentliche, sondern die Steuerungssoftware, also der Algorithmus.
Cepa stellt zwei Arten von Zentrifugen her. Die einen, hochdrehende Röhrenzentrifugen, verkauft das Lahrer Unternehmen vor allem an die Pharma- und Biotechindustrie auf allen Kontinenten. Der Markt ist klein, aber global. Außer Cepa gibt es nur etwa eine Handvoll Hersteller weltweit. Die Kunden nutzen Röhrenzentrifugen, um Wirkstoffe, meist Proteine, von ihrer Nährlösung, oft mit Bakterien versehene Flüssigkeiten, zu trennen.
Um die winzigen Partikelchen im Rotor zu separieren, braucht es sehr hohe Geschwindigkeiten. Cepa baut Röhrenzentrifungen mit bis zu 80.000facher Erdbeschleunigung und in Größen von 250 Milliliter bis 10 Liter. Die kleinsten gleichen einer Thermoskanne, die größten einem zwei Meter hohen Kühlschrank. Ein Schweizer Pharmaunter-nehmen generiert beispielsweise auf einer Cepa-Zentrifuge die Zutaten für seine Antigenschnelltests. Ein chinesisches Pharmaunternehmen verwendet Cepa-Technik für die Impstoffproduktion.
Öl wiederverwenden
Die andere Sparte von Cepa sind Entölungs- oder auch Spänezentrifugen. Cepa beliefert hier vor allem metallverarbeitende Betriebe wie Getriebe- und Drehteilehersteller in der Region, ein Großteil davon Automobilzulieferer. Das ist ein ganz anderer Markt, viel volatiler als die Pharmabranche. „Wenn die Autoindustrie hustet, zieht das alle runter“, sagt Michaela Vinnay. Dann werden schnell Ausgaben für Investitonsgüter wie Spänezentrifugen gestoppt.
Das mag eine kurzfristige Ersparnis sein, langfristig kommt sie wahrscheinlich teurer. Denn mit den Zentrifugen lässt sich das für die Metallverarbeitung benötigte Öl immer wieder verwenden. Ein Cepa-Kunde zum Beispiel, bei dem ein vollautomatisiertes Späne-Entölungs-System samt autonomem Fahrzeug in Betrieb ist, spart 500 Liter Öl täglich. „Das amortisiert sich schnell“, sagt Thomas Vinnay. Und es dient der Nachhaltigkeit, dem wichtigsten Zukunftsthema.
Röhrenzentrifugen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts erfunden. Das technische Prinzip ist heute noch dasselbe wie vor hundert Jahren. Allerdings können Forscher dank neuer Techniken jetzt erst die innersten Zusammenhänge sichtbar machen, die die Erfinder errechnet hatten. „Ich habe als Techniker größten Respekt vor denjenigen, die das erfunden haben“, sagt Thomas Vinnay.
Namensgeber Carl Padberg hat das Unternehmen 1922 in Düsseldorf als Exklusivvertretung eines amerikanischen Zentrifugenherstellers gegründet. Sein Sohn Werner Padberg verlegte den Firmensitz während des zweiten Weltkriegs nach Lahr und startete die eigene Fertigung. Bei manchen Kunden laufen noch Zentrifugen aus den 1970er-Jahren. „Die gehen nicht kaputt, obwohl sie teilweise 24/7 im Einsatz sind“, sagt Michaela Vinnay. Drei Cepa-Monteure reisen von Kunde zu Kunde, um die Geräte zu warten.
Batterien recyceln
Die Technologie der Röhrenzentrifuge eignet sich für viele andere Einsatz-möglichkeiten. Welche das sein könnten, erforscht ein dreiköpfiges Team bei Cepa. Sie entwickeln keine Maschinen, sondern machen Grundlagenforschung. Aktuell geht es, zusammen mit Partnern aus der Wissenschaft und unterstützt vom Bundesforschungsministerium, um Batterierecycling. Die werden in ihre Einzelteile zerlegt und mit dem per Zentrifuge recycelten Wirkstoffen zu neuen Batterien gebaut, die 91 Prozent der ursprünglichen Kapazität erreichten. „Das ist ein Novum, ohne chemisch einzugreifen“, sagt Thomas Vinnay.
Deshalb geht das Forschungsprojekt in die zweite Runde, jetzt geht es um den Produktionsmaßstab für die recycelbare Batterie der Zukunft. Bislang zeigen große Batteriehersteller wenig Interesse. Noch ist es billiger, die Rohstoffe direkt zu beziehen. Das könnte sich mit wachsenden Knappheiten rasch ändern. Das Rennen ist eröffnet. Doch der Weg ist das Ziel. Ob Cepa als Sieger daraus hervorgeht, steht für Thomas Vinnay nicht an erster Stelle: „Wir lernen so viel, dass wir profitieren, egal ob wir das Rennen machen.“
Das Geschäft laufe insgesamt sehr gut, sagt Michaela Vinnay, trotz einiger „ungewollter Konsolidierungen“. Die Russlandsanktionen kosten Cepa etwa zehn Prozent des Umsatzes, einige sehr wichtige Kunden sitzen dort. Und sie haben auch Probleme mit Nachschub, vor allem Elektronik fehlt. Aber es gehe ihnen nicht um Gewinnmaximierung, sondern um den Erhalt der knapp 50 Arbeitsplätze, betont Michaela Vinnay.