Anderthalb Jahre nachdem Chat GPT künstliche Intelligenz einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, bietet Microsoft einen KI-Assistenten an. Was kann und bringt Copilot? Ein Gespräch mit Udo Stiefvater, Geschäftsführer des Bechtle IT-Systemhauses Freiburg.
Interview: Kathrin Ermert
Herr Stiefvater, Copilot steht im Mittelpunkt der Bechtle Microsoft World, zu der die Bechtle-Standorte Freiburg, Offenburg und Karlsruhe einladen. Warum?
Udo Stiefvater: Der seit März verfügbare KI-Assistent von Microsoft ist aktuell eine der größten Neuerungen in der IT-Welt. Copilot ist nicht einfach ein neues Tool, sondern ermöglicht eine komplett andere Arbeitsweise, wie zuvor schon die Office-Anwendungen Microsoft 365, an die er andockt. Da stellen sich natürlich viele Fragen: Was kann man damit machen? Und vor allem: Lohnt sich das?
Und? Wie lauten Ihre Antworten darauf?
Stiefvater: Die kann man nicht so einfach geben. Bechtle nutzt selbst 5000 Copilot-Lizenzen. Das heißt, jeder dritte Arbeitsplatz im Konzern ist mit dem KI-Assistenten ausgestattet. Damit erforschen wir, wie er unsere Produktivität steigern kann. Die Erfahrungen, die wir jetzt machen, können wir an unsere Kunden weitergeben. Intern haben wir dafür Portale in mehreren Sprachen eingerichtet.
Welche Erfahrungen haben Sie selbst bereits gemacht: Wo kann Copilot unterstützen?
Stiefvater: Sehr hilfreich sind die Funktionen in Word, Power Point, Excel, Outlook und Teams. Damit kann ich Zusammenfassungen generieren, Informationen zusammentragen, Aufgabenlisten erstellen oder den Kalender analysieren. Ich nutze vor allem die Funktionen in Outlook und lasse mir zum Beispiel ewig lange E-Mail-Stränge zusammenfassen. Per Klick generiert Copilot den wichtigsten Inhalt aus unzähligen Nachrichten zu einem Thema, inklusive Links zu den jeweiligen Stellen. Das ist ein großer Mehrwert.
Müssen Sie diese Zusammenfassung noch auf ihre Richtigkeit überprüfen?
Stiefvater: Wir lernen gerade, dass man sich darauf verlassen kann. Copilot ist aber kein Autopilot, sondern ein Assistent, der menschliche Interaktion und Kontrolle erfordert. Diese Erfahrungen müssen die Anwenderinnen und Anwender selbst machen. Wir empfehlen den Unternehmen, die Erwartungen zu managen und die Nutzenden aktiv zu begleiten. Das erfordert aus unserer Sicht Kommunikation, Trainings und den Austausch von Use Cases.
Das heißt: Nicht nur die künstliche Intelligenz muss lernen, wie sie den Menschen hilft, sondern die Menschen müssen auch lernen, mit der künstlichen Intelligenz umzugehen?
Stiefvater: Genau. Es ist ein gegenseitiges Kennenlernen und Lernen. Wichtig ist dabei beispielsweise, dass wir die Informationen, die der KI-Assistent nutzen soll, auch an der richtigen Stelle und mit den richtigen Anforderungen und Fragestellungen an Copilot senden.
Wie steht es dabei um das Thema Datensicherheit?
Stiefvater: Das hängt vom Unternehmen ab. Wer MS 365 nutzt, Exchange Online oder SharePoint Online einsetzt, hat viele Fragen zum Datenschutz schon geklärt. Für Copilot gilt: Die Technologie basiert zwar auf dem Large-Language-Model von Open AI, das mit Internetdaten trainiert wurde und aus dem auch Chat GPT entstanden ist. Aber die Inhalte, die Copilot innerhalb einer Organisation nutzt, bleiben dort. Generell müssen sich IT-Verantwortliche aber Gedanken um die Datensicherheit machen und eine Governance-Strategie aufbauen.
Wie nehmen die Kunden die neue Möglichkeit an?
Stiefvater: Die Bandbreite ist groß und reicht von denen, die wie wir vorausgehen und Copilot bereits nutzen, bis zu jenen, die das als Hype bezeichnen, die Entwicklung nur beobachten und abwarten. Insgesamt ist die Resonanz aber sehr positiv. Wir hatten noch nie bei einem Thema in so kurzer Zeit so viele Anfragen. Für ein Copilot-Webinar vergangene Woche hatten sich mehr als 2000 Kunden angemeldet. Normalerweise tun das ein paar Hundert. Das ist etwas Epochales gerade. Der I-Phone-Moment von Microsoft.
Haben Sie sich Ziele für den Verkauf gesetzt?
Stiefvater: Nein, keine quantitativen. Wir wollen alle Kunden ansprechen, aber ohne Zahlenvorgaben. Wir machen mit Copilot noch keine Riesenumsätze. Die Kunden sind in der Phase der Erforschung. Bislang ist der KI-Assistent kein Kassenschlager, sondern ein Consultingschlager.
Zurück zur Frage, die Sie eingangs stellten: Lohnt sich Copilot? Eine Lizenz kostet immerhin 30 Euro pro Monat und Arbeitsplatz.
Stiefvater: 30 Euro pro Monat klingt viel. Man kann es aber auch anders betrachten: Wenn Nutzende es schaffen, nur einen Euro pro Tag mit Copilot einzusparen, lohnt sich die Investition schon. Er kann an fast jedem Arbeitsplatz Nutzen stiften, die Voraussetzung ist allerdings, dass Anwenderinnen und Anwender ihre Arbeitsweise anpassen. Copilot ist kein isoliertes Thema, sondern hat mit Modern Work, Security, Cloud und Business Application zu tun. Um all diese Themen geht es deshalb auch bei unserem Event.
Spüren Sie das große Interesse für Copilot auch bei den Anmeldezahlen?
Stiefvater: Ja. Sie liegen deutlich über dem Vorjahr, das auch schon sehr gut besucht war. Deshalb haben wir die Kapazität aufgestockt, sind in eine größere Halle gezogen, wo mehr Platz für Aussteller und Gäste ist. Wir erwarten deutlich mehr als 1000 Besucherinnen und Besucher. Nicht nur aus der IT-Welt, sondern auch aus dem strategischen Management. Digitalisierung geht schließlich alle an.
Um Copilot und wie er unsere Arbeit verändert, geht es am 18. Juni in der Messe Offenburg. Dort laden die Bechtle-Standorte Offenburg, Freiburg und Karlsruhe zur fünften Bechtle Microsoft World ein. Information und Anmeldung: www.bmsw.live