Dass sauberes Wasser aus dem Hahn fließt, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wie es dahinkommt, haben wir uns im Freiburger Osten zeigen lassen.
VON KATHRIN ERMERT
Es gibt wohl kaum einen idyllischeren Arbeitsplatz als den von Markus Gremmelspacher. Sein Schreibtisch steht im denkmalgeschützten Wasserwerk am äußersten Ostrand von Freiburg, mitten in grüner Landschaft. Durch die offene Tür zwitschern Vögel. Auf dem Bildschirm verfolgt der Wassermeister gerade eine alarmierende Kurve: Im Stadtteil Ebnet ist der Wasserverbrauch massiv gestiegen. Solche Ausschläge gibt es sonst nur in der Halbzeitpause wichtiger WM-Spiele, wenn viele Menschen gleichzeitig die Toilette spülen. Oder bei Rohrbrüchen. Deshalb hat Gremmelsbacher zum Telefon gegriffen, um die Ursache herauszufinden. Ergebnis: Ein Bauteam nutzt einen Hydranten zur Reinigung.
Überwachung ist nicht die eigentliche Aufgabe des Wassermeisters. Dafür ist die Verbundwarte in der Ferdinand-Weiß-Straße zuständig, die rund um die Uhr besetzt ist. Im Ebneter Wasserwerk, das vollautomatisch funktioniert, geht es vor allem um die Kontrolle und Wartung der Anlage. Das Wasser, das in Freiburgs Osten aus dem Hahn läuft, stammt aus dem Dreisamtal. „Alles, was da runterregnet, kommt bei uns im Werk vorbei“, sagt Klaus Rhode. Der Ingenieur ist oberster Wasserwächter bei der Badenova-Tochter BNNetze und führt durch die weitläufige Anlage. Dafür darf man nicht fußfaul sein: Das gesamte Wasserschutzgebiet in Ebnet misst 1800 Hektar, gut 2500 Fußballfelder. Einen Teil davon mietet der Freiburger Golfclub gegen hohe Auflagen.
Die Anlagen des Wasserversorgers verteilen sich über ein Areal so groß wie 40 Fußballfelder. Außer dem Werksgebäude samt -wohnung gibt es eine Entsäuerungsanlage, acht Brunnen, zwei Sammler und eine zentrale Sammelstelle. Die Gebäude sind klein, teilweise überwachsen und fallen so kaum auf in ihrer grünen Umgebung. Das Wesentliche spielt sich tief im Boden ab. Eins sieht man zunächst gar nicht: Wasser. Erst nachdem Rhode die schwere Eisentür des „Sammler 1“ aufgeschlossen und den Alarm abgestellt hat, erblickt die Besucherin das Nass. Durch ein Guckloch zeigt es sich in etwa zehn Meter Tiefe.
Trinkwasser komplett aus Grundwasser ist etwas Besonderes.
Das Freiburger Leitungswasser besteht zu hundert Prozent aus Grundwasser, das aus Tiefbrunnen gewonnen wird. Dafür nutzt BNNetze außer dem Quell-gebiet im Osten ein weiteres im Westen der Stadt und versorgt über ein rund 640 Kilometer langes Leitungsnetz circa 28.000 Haushalte und Unternehmen mit etwa 45.000 Kubikmetern Trinkwasser täglich. Jährlich sind es annähernd 20 Millionen Kubikmeter. Auch in Lahr ist die Badenova-Tochter für alle Aufgaben rund um die Wasserversorgung zuständig, in rund 30 weiteren Gemeinden für einen Teil und versorgt insgesamt knapp 600.000 Menschen.
Trinkwasser komplett aus Grundwasser ist etwas Besonderes. Im Bundesschnitt kommen etwa zwei Drittel des Leitungs- aus Grundwasser, der Rest aus Oberflächengewässern wie Flüssen oder Seen. Die Stadt Düsseldorf versorgt sich komplett mit Rheinwasser, muss es aber aufwendig aufbereiten.
Das ist im Wasserwerk Ebnet nicht nötig. Bis das aus dem Schwarzwald kommende Wasser in den Freiburger Brunnen landet, ist es mehrere Jahre unterwegs gewesen und durch einige Schichten gesickert. Deshalb ist es vergleichsweise sauber, enthält geringere Mengen Nitrate oder Arzneimittelrückstände als andernorts und muss wenig aufbereitet werden. Es wird nur entsäuert, weil es zu viel Kohlensäure enthält, was den Rohren schadet, und entkeimt. Um den PH-Wert von 5,6 auf knapp unter 8 hochzusetzen, fügt man Kalk hinzu. Für die Entkeimung verwendet Badenova mittlerweile UV-Licht statt Chlor. Die Chloranlage steht für Notfälle aber noch bereit. Ob sie zum Einsatz kommt, entscheiden die permanenten mikrobiologischen und chemischen Wasseranalysen im Labor.
Aus den Brunnen und den kleinen Sammlern fließt das Wasser zunächst in den Zentralsammler, wo Kalkwasser hinzugefügt wird, um das Wasser zu neutralisieren, und schließlich durch eine große sowie zwei kleinere Leitungen westwärts in die Stadt. Ohne Energie, nur aufgrund des Gefälles, denn das Wasserwerk liegt 40 Meter höher als das Wasserschlössle, der zentrale Wasserbehälter für die Kernstadt. Früher lief das Wasser offen bis in die Freiburger Innenstadt, Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Rohre und die zwei Verteiler, außer dem Wasserschlössle noch der Schlossbergbehälter, gebaut. „Das haben die damals klug ausgetüftelt“, sagt Rhode.
Diese „geniale Ingenieurleistung“ soll in ihren Grundzügen erhalten bleiben, auch wenn die über das Gelände verteilte Anlage voraussichtlich ab nächstem Jahr von einem zentralen Neubau ersetzt wird. „Die fällige Sanierung wäre zu aufwendig“, sagt Rhode. Das denk-malgeschützte Wasserwerksgebäude bleibt aber natürlich erhalten.