Bei jedem Heimspiel gibt es ein „Heimspiel“: Das Stadionmagazin des Sport-Clubs wird seit 26 Jahren bei Furtwängler in Denzlingen gedruckt. In dem Familienunternehmen haben schon einige Spielerinnen ihre Ausbildung gemacht. Druckereichefin Gabi Furtwängler kickte ebenfalls beim SC Freiburg.
Text: Christine Weis
Die gemeinsame Geschichte vom „Heimspiel“ und der Druckerei Furtwängler beginnt in den Siebzigern auf dem Bolzplatz in Oberwinden. Dort kickte die heutige Druckereichefin Gabi Furtwängler (Jahrgang 1960) mit den Jungs. Ihr Vater Horst Furtwängler war ein fußballbegeisterter Druckermeister. Seine Leidenschaft für den Sport und den Druckerberuf übertrug sich auf seine Kinder Gabi und Reiner (Jahrgang 1968), die 1994 die Druckerei ihres Vaters übernommen haben. „Er war lange im Verein Sportfreunde Oberwinden und als Schiedsrichter aktiv. Eines Tages nahm er mich mit zum Frauenfußballspiel um die Deutsche Meisterschaft SC Freiburg gegen Schalke 04“, erinnert sich Gabi Furtwängler. Nach dem Spiel sei er verschwunden und kurz darauf mit dem SC-Trainer an seiner Seite zurückgekommen. Dieser machte ihr eine klare Ansage: „Nächsten Dienstag bist du um 19 Uhr im Training.“ Von da an spielte sie bei den SC-Frauen bis die 1998 in die erste Bundesliga aufgestiegen sind. „Auf diesem Niveau hätte ich konditionell mit Ende 30 nicht mehr mithalten können.“ Kurzerhand stellte sie ein zweites Team samt Trainern zusammen und spielte dort noch vier Jahre weiter. „Ich lebe für den SC, und für den Fußball mache ich alles“, bekennt Gabi Furtwängler. Man merkt ihr die Begeisterung an, wenn sie von Gänsehautmomenten wie dem Abschied von Trainer Christian Streich spricht. Sie verfolge viele SC-Spiele der verschiedenen Teams, auch die der Jugendmannschaften.
Vom Fußballplatz in die Druckerei
Ihre berufliche Laufbahn führte Gabi Furtwängler zunächst weg vom Breisgau. Nach der Offsetdruckerlehre im elterlichen Betrieb studierte sie Wirtschaftswissenschaften in Stuttgart und arbeitete anschließend in Düsseldorf beim Verband der Druckindustrie. Als 1987 die Druckerei daheim abbrannte, kehrte sie zurück, um beim Wiederaufbau zu helfen. Ihr Vater erlitt beim Anblick der Flammen einen Herzinfarkt. „Alles war zerstört, wir mussten bei Null anfangen“, erzählt sie. Anfänglich fuhr sie noch häufig zwischen dem Rheinland und Schwarzwald hin und her. Am Wochenende stand sie weiterhin für den SC auf dem Platz. Die Verbindung zum Verein war schließlich auch der Grund für den Druckauftrag des Stadionmagazins. „1998 fragte ich den SC Präsidenten Achim Stocker, ob ich ein Druckangebot fürs Heimspiel abgeben kann“, berichtet Gabi Furtwängler. Es gab gerade eine neue Ausschreibung. Man kannte sich: Stocker besuchte häufig die Frauenspiele auf dem Hartplatz hinter dem Dreisamstadion. Bei den Profis hätte er sich zu sehr aufgeregt, was nicht gut für sein Herz war, berichtet Gabi Furtwängler. „Kicken kannst du, aber bei der Schnelligkeit hapert es“, hatte er mal zu ihr gesagt.
„Ich lebe für den SC, und für den Fußball mache ich alles.”
Gabi Furtwängler
Die Verantwortlichen von der Marketingabteilung des Sport-Clubs seien zunächst skeptisch gewesen, ob der Familienbetrieb mit 13 Beschäftigten überhaupt in der Lage wäre, die „große Zeitung“ zu drucken. Doch Stocker gab grünes Licht für einen einjährigen Probelauf, mittlerweile sind daraus 26 Jahre geworden. „Ich bin stolz darauf, dass wir in all den Jahren immer pünktlich und verlässlich geliefert haben“, sagt Gabi Furtwängler. Ihr Bruder ergänzt: „In der Anfangsphase war das Heimspiel eine Herausforderung für uns, bis die Abläufe richtig eingespielt waren. Heute ist das längst Routine.“ Da alle Mitarbeitenden SC-Anhänger und -kenner sind, fällt jeder und jedem auf, wenn mal ein Name falsch geschrieben oder eine Tabelle nicht aktuell ist. Ansonsten werde der SC genauso behandelt wie die anderen Kunden, erklärt der Drucker und zählt einige auf: ein Schulbuchverlag, das Friedrichsbaukino, regionale Unternehmen und Sportvereine, beispielsweise die Freiburger Eisvögel oder die Sportkegler Waldkirch.
Von der Druckerei ins Stadion
Es gibt 17 reguläre Ausgaben des Heimspiels, dazu kommen eine Gratissonderausgabe zu Beginn der Saison und jene zu den Heimspielen im DFB-Pokal und der Europa League. Am Dienstag und Mittwoch liefert die Agentur Amici die Druckdaten. Mittwochs wird gedruckt bis spät in die Nacht, und zwar unabhängig vom Wochenendspieltag. Donnerstagvormittag läuft der Heftvorgang. Bis 14 Uhr ist alles durch und die Magazine werden an den Dienstleister, der die Kioske bedient, und zum Stadion ausgeliefert.
Ist in all den Jahren auch mal was schiefgelaufen? „Nein“, antwortet Gabi Furtwängler. Dabei fällt ihr ein Erlebnis aus den Nullerjahren ein, als der Spieler Boubacar Diarra im Mittwochspiel die Rote Karte erhielt. Der Umschlag mit seinem Foto war schon gedruckt, als entschieden wurde, dass der gesperrte Spieler nicht auf die Titelseite sollte. In einer Nacht- und Nebelaktion ist sie nach Sasbachwalden gefahren, hat bei der Firma Geiger eine Palette Papier aufgeladen und die Drucker aus dem Bett geklingelt. Um fünf Uhr morgens war der neue Umschlag fertig.
Von der Kaderschmiede zur Mediengestaltung
Im vergangenen Jahr investierte das Familienunternehmen in eine neue Offsetdruckmaschine. „Damit sind wir technisch auf dem neuesten Stand und können das Heimspiel doppelt so schnell drucken. Der Stromverbrauch ist aufgrund kürzerer Einrichtezeiten geringer. Es gibt zudem weniger Makulator- und Farbverbrauch sowie einen geringeren CO2- Ausstoß“, erklärt Timo Furtwängler. Der 27-jährige Sohn von Reiner Furtwängler arbeitet seit April im Betrieb, den der Mediengestalter und studierte Wirtschaftsingenieur schon von klein auf kennt.
Die Branche ist im Umbruch, viele Printprodukte werden eingestellt, die Leserschaft schwindet und Auflagen gehen zurück. „Früher haben die Kunden hier an der Tür geklingelt, heute gehen wir Klinken putzen“, sagt Gabi Furtwängler. Das Geschäft sei härter geworden und der Preis ausschlaggebend. „Wir punkten mit Qualität, Flexibilität, Verlässlichkeit und Termintreue“, wirbt die Geschäftsführerin. Viele der vorwiegend regionalen Kunden honorierten das. Aber wie es der Branche in zehn Jahren geht, sei ungewiss.
„In der Anfangsphase war das ‚Heimspiel‘ eine Herausforderung für uns, bis die Abläufe richtig eingespielt waren. Heute ist das längst Routine.“
REiner Furtwängler
Aktuell beschäftigt die Druckerei sieben Frauen und Männer, die meisten von ihnen seit vielen Jahren. So wie Ines Mayer, die 1998 bei Furtwängler begonnen hat. Sie spielte wie Gabi Furtwängler beim SC, machte eine Lehre zur Mediengestalterin und blieb. „Wer Druck machen will, braucht eine gute Ausbildung”, lautet das Motto von Gabi Furtwängler. Sie hat schon einige SC-Spielerinnen ausgebildet: Mit Melanie Behringer gehörte eine Weltmeisterin zur Belegschaft. Die Mittelfeldspielerin aus Wieden wurde 2007 mit dem Frauenteam Weltmeisterin in China, die Kolleginnen und Kollegen in Denzlingen fieberten mit und begrüßten sie bei der Rückkehr euphorisch. Aktuell spielen mit Sandra Starke (RB Leipzig) und Noemi Gentile (SC Sand) zwei Frauen in der Bundesliga, die bei Furtwängler ihre Ausbildung machten.
1 Kommentar
Als ein jemand, der in 1971 von der Grafikfachklasse der Kunstgewerbeschule in Basel abging, war dies ein besonders interessanter Artikel. Die Veränderungen im grafischen und Druckergewerb musste man nicht nur überleben sondern begrüßen. Sie haben das offensichtlich bestens gemacht. Großartig! Glückwünsche aus USA.