Bruno Bohrer aus Feldkirch bei Bad Krozingen ist ein Visionär. Seit Jahren treibt er ein ungewöhnliches Projekt voran, mit privaten Anlegern. Nun fehlt noch ein letzter Baustein im Gesamtkonzept.
Von Katharina Müller
Zahlreich sind die Beispiele jener Unternehmen, die mit neuen, innovativen Ideen erfolgreich am Markt agieren. Zahlreich sind aber auch die Stimmen derjenigen, die zweifeln, die den Kopf schüttelten angesichts ungewöhnlicher Vorstöße, die Risiken stärker gewichten als die Chancen. Vor allem in Deutschland. Zu viele Sorgen, zu wenig Mut? Außer man hat eben Erfolg. Das stellt sich aber üblicherweise erst spät heraus und macht das Ganze nicht gerade einfacher.
In Südbaden gibt es einen, auf den das zutrifft: Bruno Bohrer aus Feldkirch bei Bad Krozingen. Er ist Landwirt und Unternehmer zugleich. Vor vielen Jahren reifte in seinem Kopf eine etwas andere Idee heran. Eine großformatige, über die einige heute noch den Kopf schütteln. Denn sein Konzept „Land Live“ vereint Landwirtschaft, Gastronomie und Hotellerie mit einer Finanzierungsform, die eine Vertrauensbasis erfordert und von der Bruno Bohrer seine Anleger persönlich überzeugen muss. Und das hat bereits funktioniert: Schrittweise, allen Anfeindungen zum Trotz, hat Bohrer den vom Vater geerbten Landwirtschaftsbetrieb vergrößert und erweitert, mit privaten Anlegern aus dem Umland und einer festen jährlichen Verzinsung. Er modernisierte die Landwirtschaft, eröffnete einen Landmarkt, baute ein Restaurant und nun fehlt noch der Hotelneubau mit rund 50 Zimmern als letzter Baustein im Gesamtkonzept. Seit 2009 haben über 300 Anleger ihr Geld dem Bohrerhof zur Verfügung gestellt und so sind mehr als drei Millionen Euro Kapital zusammengekommen. Die Dividende wurde jedes Jahr pünktlich ausgeschüttet.
Auch jetzt geht es wieder darum, Menschen zu finden, die eine Idee überzeugend finden, es geht um den Neubau eines Hotels. Mit seinem langjährigen Partner, Lais Architekten aus Eschbach, ist dieser Bau in Planung, rund fünf Millionen Baukosten sind dafür geschätzt. Der Mindestanlagewert liegt bei 5.000 Euro. Mit persönlichen Gesprächen, Flyern und auch online, mit Video-Interviews wendet sich die Familie Bohrer an Interessierte. Das kann bis zu drei Jahren dauern, angesichts der Situation an den Finanzmärkten sei diese Anlageform aber nicht nur wegen der Rendite von derzeit 3,5 Prozent attraktiv, sagt Bruno Bohrer. Es sei auch eine ethische Frage. Denn statt das Geld großen Banken zu überlassen, solle sein Konzept eine Alternative zu den etablierten Anlageformen darstellen: Regional, persönlich und nicht anonym, irgendwo in Deutschland oder irgendwo auf der Welt. „Die Anleger können ein Teil dieser Idee sein, ihre Dividende leben und das, was daraus entsteht, ansehen und betreten und mit uns darüber sprechen.“ Dass diese Art der Finanzierung auch Risiken birgt, daraus macht Bruno Bohrer keinen Hehl, dennoch gibt es Anleger, die vertrauen und die Vergangenheit zeigt, dass es gelingen kann. Allein aus der Finanzierung des Bohrer-Hof Restaurants waren rund 100 Anleger beteiligt.
Die Genussrechte nimmt der Geschäftsmann dabei ganz wörtlich und plant schon eine „Genusskarte“, aufladbar mit Zinsen und auf seinem Hof einsetzbar. Vorbild, so sagt er, seien für ihn und seine Frau die alten Landgasthöfe gewesen. Die wirtschafteten früher energetisch autark, effizient und aus eigenen Mitteln. Die Finanzierung hingegen sei eben modern gewählt, der heutigen Zeit entsprechend und der Situation geschuldet. Bohrer sagt, derzeit sei es ungünstig für Leute, die neue Ideen haben und Projekte mit herkömmlichen Mitteln umsetzen wollen. „Banken geben kaum Geld für Bauern und noch weniger für Visionen wie unsere.“ Wegen guter Ratings bekommen inzwischen fast ausschließlich große Hotelketten Unterstützung. Eine Entwicklung, die Bruno Bohrer sehr bedenklich findet. Um jenes Konzepte zu verwirklichen, das Gastronomie, Hotellerie und Landwirtschaft vereint, musste er also nach Alternativen zur klassischen Finanzierungsform suchen. „Wer Not hat, wird eben kreativ“, erklärt er und erzählt auch, dass er und seine Frau Petra sich dafür professionelle Rechtsberatung in Göttingen suchten und sich daraufhin für das sogenannte Instrument eines “Nachrangdarlehens“ mit Mindesteinlage und jährlicher Rendite entschieden. „Es waren viele kleine Schritte, es geht auch jetzt noch alles sehr langsam voran. Natürlich war das ein Abenteuer, natürlich auch mit Risiken, ein solches Projekt und diese Finanzierungsform birgt Unsicherheiten für beide Seiten. Wir stehen bei allen Entscheidungen in der Verantwortung unserer Anleger: ohne diese würde es uns so nicht geben.“ In der Vergangenheit hat es funktioniert und so soll es auch in der Zukunft sein. Seine Anleger sind meist auch langjährige Kunden, das Vertrauensverhältnis, so ist sich der Bauherr sicher, sei über die Jahre hinweg gewachsen und dadurch noch stärker geworden. Durch die persönlichen Bekanntschaften zu denjenigen, die auf den Hof kommen und die Familie seit vielen Jahren kennen. Auch der Hotelbau, das „Landhotel 2020“ als nächste Etappe, soll so aufgebaut werden. Ein Modell gibt es bereits, der Bauplatz ist erschlossen, es sei alles vorbereitet. Seitdem das Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft ist, gebe es möglicherweise auch mehr Interessenten, die darin bestärkt seien, diesen Weg mit ihm und seiner Familie zu gehen. Ein wenig, so sagt Bohrer, sei es nicht nur eine Frage der Überzeugung. In der heutigen Zeit sei das auch eine Frage des nachhaltigen Denkens. Es brauche Menschen, die weiterdenken, die solche Entwicklungen, wie beispielsweise diejenige des heutigen Finanzsystems in einem größeren Zusammenhang sehen: „Die Welt ist dabei sich enorm zu verändern, sodass wir uns anpassen müssen, um das mit zu steuern. Wir merken sonst nicht, was hier gerade passiert, wie die Großen vieles dominieren.“ Sein Ziel ist daher, regionaler zu denken. Nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch bei den Anlageformen.
Unterlagen zum Anleger-Projekt und mehr Informationen zum Hotelprojekt Landhotel 2020