Das Elztalhotel in Winden hat vorausschauend investiert – wie es die Energiewende, den Fachkräftemangel und die Coronapandemie bewältigt.
VON KATHRIN ERMERT
Als 2011 ein Gebäudeteil abgerissen und neu gebaut wurde, hat Bernd Tischer bereits Material in die oberen, zunächst ungenutzten Etagen geräumt. Fast zehn Jahre später kam es beim Ausbau der Zimmer dort zum Einsatz und ersparte zugleich einen weiteren Kraneinsatz. „Mein Mann denkt immer wahnsinnig vorausschauend“, sagt Ulrike Tischer. Das kommt dem Hotelierpaar derzeit in vielerlei Hinsicht zugute. Denn mit dem großen Umbau zwischen 2016 und 2020 haben sie das Elztalhotel weitgehend unabhängig von fossilen Energien gemacht, die Basis für zufriedene Mitarbeiter gelegt und mehr Platz für die Gäste geschaffen.
Großzügigkeit war das Leitmotiv, das sich wie ein roter Faden durch die Veränderungen der vergangenen Jahre zieht. Zwar gibt es jetzt nicht mehr Zimmer oder Tische als vor dem Umbau, aber deutlich mehr Raum für Besucher und Personal. Die 140 Beschäftigten haben eine eigene Ebene bekommen samt Mitarbeiterbistro und „Chillzone“, Umkleide- und Sanitärräumen, Balkon und Tischtennisplatte. Ein Mitarbeiterwohnheim mit 36 Einheiten in einem ehemaligen Gasthof in Oberwinden und Diensträder für den Weg zur Arbeit gab es zuvor schon.
Alleinstellungsmerkmale als Arbeitgeber
Ulrike und Bernd Tischer wissen, dass sie ihrem Team etwas bieten müssen. Das Hotel hat mittlerweile die Größe eines mittelständischen Betriebs erreicht, und in der Gastronomie ist Fachkräftemangel ein Dauerthema. Außer Köchen, Restaurant- und Hotelfachleuten beschäftigen die Tischers auch Handwerker, Hausmeister und Gärtner. Die Fluktuation ist gering, manche Mitarbeiter sind schon viele Jahrzehnte an Bord. „Wir schauen immer, dass wir Alleinstellungsmerkmale als Arbeitgeber schaffen“, sagt Bernd Tischer. So steht beispielsweise jedem Mitarbeiter ein Pkw-Stellplatz zur Verfügung. Drei Tiefgaragen gibt es, eine für Mitarbeiter und zwei für Gäste.
Denn auch zu jedem der 103 Hotelzimmer gehört ein Stellplatz. Und jeweils ein Tisch drinnen oder auf der großen Terrasse. In den Restaurants hat der Umbau mehr Licht und Luft geschaffen. Es gibt nun viele Fensterplätze, und die Tische stehen so weit auseinander, dass sich alle pandemiebedingten Abstandsregeln einhalten ließen. Der Betrieb brauchte nie zwei Servicezeiten – wenn er denn laufen durfte. Gleich auf die Wiederöffnung Anfang 2020 folgte der erste Lockdown. Schlimmer noch empfanden die Tischers den zweiten, der im November 2020 als vermeintlich vierwöchige Schließzeit begann, scheibchenweise verlängert wurde und letztlich sieben Monate dauerte.
„Das war eine schreckliche Zeit“, sagt Ulrike Tischer. Sie haben versucht, das Beste draus zu machen. Verkauften beispielsweise viele Gutscheine. Der vorweggenommene Umsatz half, Handwerkerrechnungen zu bezahlen. Denn die Novemberhilfe kam erst im Februar und die Dezemberhilfe im März. „Wir sind ein gesunder Familienbetrieb, deshalb konnten wir es überleben“, sagt Bernd Tischer.
Holz statt Öl
Der Hotelchef ist in Arbeitshose unterwegs, hat meist ein Werkzeug in der Hand. Tischer ist quasi der Oberhausmeister, kümmert sich um alles Technische, Bauliche. Gelernt hat er den Beruf des Kochs und des Restaurantfachmanns. Aber er stammt aus einer Handwerkerfamilie und packt deshalb selbstverständlich an. Auf dem riesigen Areal gibt es immer etwas zu tun. Gut vier Hektar misst das Hotelgelände, dazu kommen circa 15 Hektar Wiesen und Wald, die die Tischers bewirten. Das Obst der eigenen Bäume landet als Saft oder Kuchen auf dem Buffet. Sägeabfälle aus dem Wald werden verheizt.
Die neue Wärmeanlage, mit der das geht, ist Teil des Betriebshofs, der hinter dem Hotel entstanden ist. Samt Schreinerei, Schlosserei und großem Maschinenraum für Rasenmäher, Transporter und Lastwagen mutet er wie ein eigenes Unternehmen an. Der Betriebshof vereinfacht die Logistik des Hotels erheblich, und er hat das Haus weitgehend energieautark gemacht. Denn seine Wärme erzeugt das Elztalhotel seit 2019 komplett aus Holzpellets und -hackschnitzeln. Das spart jährlich mehr als 200.000 Liter Heizöl.
Rund zwölf Millionen Euro haben die Tischers in diese bislang größte Investition gesteckt. Mehr als zwei Millionen Euro flossen allein in die Küche – Stichwort: Mitarbeiterqualität. Die Grundmauern des Stammhauses stehen noch und sind an ihrer Dicke zu erkennen. Sonst hat sich der alte Schwarzbauernhof aber sehr verändert, den Ulrike Tischers Eltern Rosel und Arthur Volk umgebaut und 1972 als kleine Pension eröffnet hatten. Das Anwesen liegt auf einer Anhöhe zwischen Nieder- und Oberwinden mit einem fantastischen Blick aufs Elztal. „Da kommt doch niemand hoch“, hörten die Gründer anfangs. „Kein Wunder geht’s Euch gut, bei der Lage“, heißt es unten im Dorf heute.
Da kommt doch niemand hoch“, hörten die Gründer anfangs. „ Kein Wunder geht’s Euch gut, bei der Lage“, heißt es unten im Dorf heute.
Denn das Elztalhotel, wie das Haus bald hieß, hat sich in den 50 Jahren seither äußerst erfolgreich entwickelt. Schon Rosel und Arthur Volk erweiterten es stetig. Es kamen Zimmer hinzu, Tennisplatz, Kegelbahn, Badhaus, Schwimmbad, Grillhütte, Parkhaus und Tagungsräume. „Wir haben immer den Wünschen unserer Gäste hinterher gebaut“, sagt Ulrike Tischer. Und immer so, wie Geld und Kapazitäten da waren. Die Zimmer überm Badhaus entstanden deshalb erst, als es ausreichend Tische im Restaurant gab.
Wellness und Verwöhnen
Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2000 hat Ulrike Tischer den Betrieb mit ihrem Mann Bernd übernommen und peu à peu das Konzept umgestellt. Bis dahin machte das Elztalhotel alles ein bisschen: Wellnessresort, Tagungshotel, Ausflugslokal. Rosel Volk backte tolle Kuchen und Torten, die sonn- und feiertags viele Gäste aus der Gegend anlockten. Wöchentliche und saisonale Spitzen erschwerten aber die Personalplanung des wachsenden Betriebs.
„Wir wollten eine schöne kontinuierliche Auslastung und haben angefangen zu investieren“, sagt Ulrike Tischer. Das Hotel ist touristisch eher abgelegen. Die Gäste finden nicht von allein nach Winden, sie brauchen einen Grund zu kommen. Den stellt heute das Elztalhotel selbst dar mit seinem 6000 Quadratmeter großen Wellnessangebot und der Rundum-Verpflegung, die hier „Verwöhnpension“ genannt wird.
Dreiviertel der Gäste reisen aus Deutschland an, die anderen aus der Schweiz, den Beneluxländern und Frankreich. Mehr als die Hälfte sind Stammgäste, ein Herr kommt seit 49 Jahren. „Wir sind familienfreundlich, aber bewusst kein Familienhotel“, sagt Ulrike Tischer. Die Fußballnationalmannschaft war schon zweimal da, auch der SC Freiburg mehrfach. Zuletzt hat der Verein 2021 seine von der Bundesliga angeordnete Quarantäne hier verbracht. Triathleten schätzen das 25 Meter lange Schwimmbad. Durchschnittlich vier Nächte bleiben die Gäste, manche auch zwei bis drei Wochen. Die Auslastung verteilt sich nun recht gleichmäßig übers Jahr und lag vor Corona bei etwa 85 Prozent.
Geht das Wachstum so weiter? „Nein“, sagen Ulrike und Bernd Tischer unisono. „Als Familienbetrieb mit 103 Zimmern haben wir das Maximum erreicht.“ Und familiengeführt soll das Hotel bleiben. Vor zwei Jahren sind Tochter Julia (29) und Schwiegersohn Johannes (31) eingestiegen. Sohn Michael (27) und seine Freundin Lisa (26) arbeiten als Steuerberater und unterstützen in finanziellen Fragen. Zehn Jahre haben Ulrike und Bernd Tischer, 54 und 55 Jahre alt, für die Übergabe eingeplant. Bis dahin legen sie keineswegs die Hände in den Schoß. Denn nicht mehr wachsen bedeutet nicht, dass sie nicht mehr investieren. Aktuell lassen die Tischers die Hälfte der Zimmer renovieren.