Um am Markt bestehen zu können, gute Mitarbeiter zu finden und diese auch halten zu können, müssen sich Unternehmen mit dem „Employer Branding“ auseinandersetzen. Prof. Dr. Dieter K. Tscheulin ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Gesundheitsmanagement an der Universität Freiburg und auch als Berater für Unternehmen tätig. Er erklärt, wie wichtig eine gute Arbeitgebermarke ist.
Von Anna-Lena Gröner
Der Fachkräftemangel steigt. Die Konkurrenz unter den Arbeitgebern wächst. Wie wichtig ist dabei die Bildung einer Arbeitgebermarke, um sich von den anderen positiv abzuheben?
Die Verknappung an Fach- und Führungskräften führte in den letzten zwanzig Jahren zu einer zunehmenden Fluktuation und einer damit verbundenen Verschärfung im Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Nur solche Arbeitgeber werden mittelfristig überleben, die im Rahmen eines zielgerichteten Employer Brandings in der Lage sind, einen sichtbaren Vorteil für den Arbeitnehmer zu generieren.
Welche Aufgaben kommen Ihnen als externer Berater für Unternehmen zu?
Wichtig ist die Schaffung eines Leitbilds. Dieses soll unverwechselbar sein und frei von Allgemein-Floskeln herausstellen, wofür das Unternehmen steht und welche Alleinstellungsmerkmale es als Arbeitgeber einzigartig machen. Dabei gilt es die Unternehmenskultur authentisch sowohl nach außen, wie auch nach innen zu kommunizieren. Zu beachten ist hierbei, dass Images langfristig stabile Konstrukte sind. Das heißt, dass in Fällen, in denen das Employer Branding bislang nicht funktioniert hat, nicht quasi über Nacht ein positives Arbeitgeberimage geschaffen werden kann.
Wie weit reicht eine Arbeitgebermarke? Sie dient sie doch zu weitaus mehr als nur zur reinen Personalrekrutierung? Realisiert ein Unternehmen ein positives Image für seine Arbeitgebermarke, färbt das mehr oder minder automatisch auch auf das Image seiner Produkte und Dienstleistungen, sprich das Image seiner Produkt- und/oder Handelsmarke/n ab. Man denke an das Beispiel der dm- und Schlecker-Drogeriemärkte. Während im ersten Fall sich das positive Image von dm als Arbeitgebermarke auf die Handelsmarke übertragen hat, war dies im Fall von Schlecker analog, jedoch im negativen Sinne der Fall.
Neben dem externen Employer Branding ist vor allem das interne Employer Branding sehr wichtig, um gewonnenes Personal auch langfristig und nachhaltig halten zu können. Was sind hierbei wichtige Kriterien?
Internes Employer Branding betrifft alle Aktivitäten der Mitarbeiterführung und der Gestaltung der Arbeitswelt. Ein gelebtes Unternehmensleitbild soll den Mitarbeitern Orientierung geben. Es ist die Basis für die Corporate Identity des Unternehmens und soll für alle Beschäftigten handlungsleitend und motivierend sein.
Nun haben vor allem große Unternehmen scheinbar einen deutlichen Vorteil gegenüber den kleinen Firmen. Was können die Kleinen dennoch leisten, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen und diesem Bild gerecht zu werden?
Natürlich profitieren große Unternehmens- und Produktmarken von ihrem Bekanntheitsgrad. Entsprechend ziehen diese qualifizierte Fach- und Führungskräfte quasi automatisch an. Allerdings haben kleine und mittlere Unternehmen auch Vorteile, wenn es darum geht, Veränderungsprozesse im Hinblick auf die Einführung beziehungsweise Umsetzung eines Employer Brandings anzustoßen. So ist dies in den in diesen Unternehmen anzutreffen- den flacheren Hierarchien und einfacheren Strukturen wesentlich leichter umzusetzen. Darüber hinaus können sich kleinere und mittlere Unternehmen im Gegensatz zu großen Konzernen häufig auch als regionale Arbeitgeber positionieren. Die damit verknüpfte Heimatverbundenheit kann ein wichtiges Argument im Employer Branding sein.
Für eine strategische und nachhaltige Entwicklung des Employer Brandings ist es notwendig, den Erfolg der verschiedenen Maßnahmen zu messen. Was kann hierfür herangezogen werden?
Die Bewerberzahl, insbesondere die Quote an Initiativbewerbungen ist sicherlich ein wichtiger Indikator für den Erfolg von Employer Branding-Maßnahmen. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Bindungs- beziehungsweise die Fluktuationsrate. Unternehmensinterne Studien zur Messung der Mitarbeiterzufriedenheit liefern weitere wichtige diesbezügliche Erkenntnisse.
Arbeitgeber müssen sich immer attraktivere Angebote überlegen, um am Markt bestehen zu können. Sportanlagen entstehen, Sabbaticals werden angeboten oder ganze Campusse werden entwickelt. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Die genannten Maßnahmen sind für die Unternehmen zwar zunächst mit Kosten verbunden, eröffnen jedoch gleichzeitig auch unschätzbare Vorteile. Ein aus einem Sabbatical zurückkehrender Mitarbeiter bringt bei seiner Rückkehr neben schönen Erinnerungen sicherlich auch eine Portion Dankbarkeit gegenüber seinem Arbeitgeber mit, was sich in einer festeren Bindung an das Unternehmen ausdrückt, was wiederum mit – im Vergleich zu Unternehmen mit hoher Mitarbeiterfluktuation – zu günstigeren Kostenstrukturen führt. Ähnlich verhält es sich mit den anderen Angeboten. Die Entscheidung für ein zielgerichtetes Employer Branding ist daher immer eine ökonomisch sinnvolle Maßnahme.