Der SC Freiburg zählt zu den wenigen Bundesligisten, die in der Coronazeit positive Ergebnisse erzielt haben. Trotz aller – auch sportlichen – Erfolge wirtschaftet der Verein weiterhin konservativ.
SUSANNE MAERZ
Es sind zwei Meldungen, die in den vergangenen Wochen für Aufsehen gesorgt haben und zugleich stellvertretend für die Besonderheiten des Sport-Club Freiburg stehen: Matthias Ginter, Weltmeister von 2014, kommt ablösefrei nach Freiburg zurück, dagegen wechselt Nationalspieler Nico Schlotterbeck für 20 Millionen Euro (Quelle: kicker) zu Borussia Dortmund.
Für die Freiburger ein sportlicher wie wirtschaftlicher Erfolg. Ob Luca Waldschmidt, Çağlar Söyüncü oder vor zehn Jahren Pappis Demba Cissé – teure Verkäufe von Spielern, die sich in Freiburg sehr gut entwickelt haben, finden sich praktisch jährlich und spülen regelmäßig Geld in die Kassen. Die Einnahmen für Schlotterbeck werden sich positiv auf die Bilanz des kommenden Geschäftsjahres 2022/23 auswirken.
Im jüngst abgeschlossenen Geschäftsjahr 2021/22 schlagen vor allem die finanziellen Begleiterscheinungen der sportlichen Erfolge positiv zu Buche: „In der abgelaufenen Saison haben uns die Einnahmen durch den DFB-Pokal geholfen. Ohne sie wäre es uns nicht gelungen, in diesen schwierigen Zeiten wieder ein positives Ergebnis zu erwirtschaften“, sagt Oliver Leki, der Finanzvorstand des SC Freiburg.
Vor allem in den vergangenen beiden Jahren habe der Verein sehr stark mit den Coronaeffekten zu kämpfen gehabt. In der kompletten Coronazeit musste er Einnahmeverluste in Höhe von 25 Millionen Euro hinnehmen. Dennoch sei der Umsatz 2021/22 im Vergleich zu den Vorjahren „weiter leicht steigend“. Zahlen werden erst mit der Mitgliederversammlung im Herbst öffentlich.
Gleichwohl stehen die Zeichen gut, dass der SC Freiburg seine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte fortschreibt – natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten. Laut Wirtschaftsreport 2022 der Deutschen Fußball Liga (DFL) konnten in der fast komplett von der Coronapandemie geprägten Saison 2020/21 nur fünf Bundesligisten einen operativen Gewinn erwirtschaften. Der SC Freiburg ist einer von ihnen.
Und das trotz leicht rückläufiger Sponsoringeinnahmen von 14,3 auf 12,8 Millionen Euro und eingebrochenen Ticketerlösen von 8,3 auf 0,1 Millionen Euro im Vergleich zu 2019/20. So erzielte der Sport-Club im Geschäftsjahr 2020/21 einen Gewinn von 9,8 Millionen Euro. Der Umsatz erreichte sogar den Rekordwert von 110,1 Millionen Euro, das Eigenkapital konnte auf 93 Millionen Euro gesteigert werden.
„Der wirtschaftliche Erfolg in dieser extrem schwierigen Coronazeit wäre ohne die Transfererlöse nicht möglich gewesen“, sagt Oliver Leki. Zahlen nennt er nicht, so wie es der Verein grundsätzlich bei Verträgen handhabt – ob mit Spielern oder Sponsoren. Laut Quellen wie „transfermarkt.de“ weist der SC Freiburg für die Saison 2020/21 eine geschätzte positive Transferbilanz von 23,6 Millionen Euro aus: Ausgaben von 14,35 Millionen Euro stehen demnach Einnahmen von knapp 38 Millionen Euro gegenüber. Darunter sind 15 Millionen Euro für Luca Waldschmidt, 13 Millionen Euro für Robin Koch und 7 Millionen Euro für Alexander Schwolow aufgelistet, also die Transfers, auf die Leki anspielt.
Das Geheimnis des SC Freiburg
Trotz dieser prominenten Abgänge schaffte der SC Freiburg in derselben Saison die Teilnahme am Pokalfinale, landete (am Ende sogar noch unglücklich) auf dem sechsten Tabellenplatz und qualifizierte sich zum ersten Mal seit der Saison 2013/14 wieder für die Europa League. Was ist das Geheimnis des SC Freiburg? „Die mittel- bis langfristige Sichtweise bei der Entwicklung des Vereins in sportlicher und wirtschaftlicher Hinsicht – dass beides zusammengedacht wird und die Gremien dies mittragen“ ist für Leki einer von drei Erfolgsfaktoren. Der zweite: „Die Kontinuität und Qualität in den Schlüsselpositionen und das enge Vertrauensverhältnis der verschiedenen Akteure“, sagt Leki und nennt als dritten Punkt das sportliche Konzept: „Wir haben ein gutes Maß, Spieler zu entwickeln, besser zu machen, sie zu halten. Aber auch mal einen Spieler abzugeben, wenn es wirtschaftlich Sinn macht und im Gegenzug andere Spieler zu holen, die zur Freiburger Idee passen.“
So wie nun Matthias Ginter. Er soll neuer Top-Verdiener des Sport-Club sein, gefolgt von Christian Günter. Von Leki kein Kommentar zu den Gehältern. Steigen denn nun, angesichts der sportlichen Erfolge, die Löhne aller Spieler, die bereits unter Vertrag stehen? „Wir sind von unseren Möglichkeiten kein anderer Verein geworden, haben nun aber einen etwas größeren Handlungsspielraum“, sagt Leki allgemein. „Natürlich sind wir in allen Bereichen gewachsen.“
Der Verein hat in den vergangenen zwei Jahren überall, etwa im Marketing und Sponsoring, im Ticketing und Mitgliederwesen oder in den Bereichen Technik und Greenkeeping, Personal aufgestockt. Das sei auch nötig, weil es gelte, drei Stadien zu bewirtschaften. Das sind neben dem Europa-Park- das Dreisam- und das Möslestadion. Das Dreisamstadion ist die Spielstätte der zweiten Mannschaft, die sich nach ihrer ersten Saison in der dritten Liga behaupten konnte, und der Bundesliga-Frauen. Deren zweite Mannschaft ist soeben in die zweite Liga aufgestiegen. „Das ist ein tolles Ergebnis. Kein anderer Club hat eine Frauenmannschaft in der ersten und zweiten Liga und Herrenmannschaften in den beiden höchstmöglichen Klassen“, sagt Leki. Finanziell seien Frauen und zweite Mannschaft für den Verein nicht kostendeckend. „Uns ist aber auch die Entwicklung der Frauenabteilung wichtig“, sagt Leki. Und die zweite Herrenmannschaft mache sportlich „ganz viel Sinn, um die jungen Spieler näher an die Bundesliga heranzuführen“.
„Wir haben nun einen etwas größeren Handlungsspielraum.“
Oliver Leki, Finanzvorstand des SC Freiburg
Angesichts des engen Spielplans wegen der drei Wettbewerbe Meisterschaft, Europa League und Pokal wird der Kader der ersten Mannschaft leicht aufgestockt – doch auch hier hält der Verein Maß, wie Leki betont. Mit Blick auf die sportlichen und wirtschaftlichen Erfolge bleibt der Sport-Club ein Verein mit einem im Bundesligavergleich begrenzten finanziellen Spielraum. Mit ihrem 110-Millionen-Euro-Umsatz rangierten die Freiburger in der Saison 2020/21, als sie am Ende Platz 10 belegten, um einiges unter dem Durchschnitt der 18 Erstligisten. Dieser lag bei 193 Millionen Euro. In die Berechnung fließt aber auch der Ausnahme-Umsatz von Bayern München von rund 644 Millionen Euro ein.
Viel wichtiger, als finanziell ganz oben mitspielen zu können, ist es dem Sport- Club, „immer auch einen Sicherheitspuff er zu haben“, wie Leki mit Blick auf das Eigenkapital sagt. Von diesem wurden für den Stadionneubau rund 26 Millionen Euro verwendet. Über 40 Millionen Euro hat der Verein zudem dafür Kredite aufgenommen, die, so wie es üblich ist, zwischen 10 und 15 Jahren laufen. Diese zahlt er in Form einer Pacht in einer jährlichen Höhe von rund 3,8 Millionen Euro (sollte er in der zweiten Liga spielen, wäre es weniger) an die gemeinsam mit der Stadt gegründete Objektträgergesellschaft. Für Leki eine Finanzierung „die auf Strecke angelegt und gut strukturiert ist“ – und die daher auch nicht geändert werden soll.
Weiter die Risiken im Blick
Mit welchen Einnahmen er in der Europa League rechne? Das Startgeld für die Gruppenphase liegt bei 3,6 Millionen Euro. Auch hierzu kein Kommentar von Leki. Nur so viel: „Wir handhaben es wie in den vergangenen Jahren, planen konservativ und haben etwaige Risiken im Blick.“ Nicht zuletzt wegen der Unwägbarkeiten, die die Coronapandemie im Herbst und Winter noch mit sich bringen könnte. Wenn es gut läuft, müssten die Einnahmen aus Ticketing und Sponsoring ordentlich zulegen.
Im neuen Stadion hat der Verein 10.000 Zuschauerplätze mehr und die Zahl der Hospitality-Plätze auf 2000 fast verdoppelt, darunter sind auch die neu geschaffenen Logen. Die sind gut nachgefragt, und auch die Zahl der Sponsoren ist in den vergangenen zwei Jahren um 200 auf nun 450 gestiegen. „Wir haben mit dem neuen Stadion die geplanten Mehreinahmen erreicht“, sagt Leki. „Wir befinden uns damit sicher nicht in völlig neuen Sphären, sind aber durchaus zufrieden.“