Vesperhighlight, Salatsattmacher, Suppensauger. In Gasthäusern wird Schmalz dazu gereicht, in der gehobenen Gastronomie auch ein Lachstartar. Brot ist überall gern gesehener Essensbegleiter und erfreut sich unter Hobbyteigknetern mehr denn je großer Beliebtheit. Die Liebe zum eigenen Sauerteig findet auf Instagram und Pinterest statt. Gelernte Bäcker freuen sich über die neue Zuwendung und Wertschätzung. Wir haben uns bei ihnen in der Region umgehört – was fasziniert sie an Brot? Und welches ist ihr Liebstes?
TEXT: ANNA-LENA GRÖNER
FOTOS: ALEXANDER DIETRICH
HEINRICH JENNE, Bioland-Bäckerei Jenne in Endingen am Kaiserstuhl
“Brot wird gerade wieder wertgeschätzt, was mich sehr freut. Die Faszination liegt für mich in der Lebendigkeit, die das Produkt ausmacht: den ganzen Prozess der Verarbeitung, die natürlichen Zutaten, die wir als Bio-Bäckerei nutzen. Mich bringt das Arbeiten mit Brot sehr zur Ruhe. Unsere Bäckerei ist seit 1993 Biolandzertifiziert und das war und ist für mich als Bäckermeister ein gehöriger Lernprozess. Jede Charge Mehl ist beispielsweise anders, hat durch unterschiedliche Witterung eine andere Qualität und das hat im Biobereich direkte Auswirkungen aufs Backen. Es wird somit nicht eintönig. Am liebsten mag ich unser Baslerbrot. Es ist ein Roggenmischbrot, schön saftig mit einer leichten Säure des selbstgemachten Sauerteiges, insgesamt ein ganz klarer Geschmack.“
MICHAEL UND CHRISTIAN DICK, zwei Generationen der Bäckerei Dick in Denzlingen
Michael: “Brot ist schon immer ein Bestandteil unserer Menschheitsgeschichte: Die Ägypter waren die ‚ersten Bäcker‘, es gab Kriege wegen Hungersnöten, das Brot spielt in der Religion eine große Rolle. Und am Ende natürlich unser Abendtisch – dreht sich nicht schon immer alles ums Brot? Mein liebstes ist der ‚Dick-Laib‘, es hat eine dicke Kruste und schließt Geschmack und Frische wie ein Tresor ein. Die leichte Säure rundet das charakteristische Aroma ab. Durch die lange Backzeit entsteht ein unvergleichbarer Geschmack mit leichter Karamellnote.“
Christian: “Es ist spannend, dass man als Bäcker jeden Tag etwas Neues dazulernt. Zum Beispiel ist ein Brot mit wenigen Zutaten nicht automatisch besser als eines mit vielen. Es kommt immer darauf an, wieviel Ahnung die Bäckerin oder der Bäcker vom Beruf hat und wieviel Disziplin man mitbringt, um das Maximale aus sich und dem Getreide herauszuholen.“
PHILIPP LAY, Geschäftsführer der Bäckerei Lay Freiburg
“Die tägliche Arbeit mit Brot ist erfüllend – der Geruch, der schon nachts durch die ganze Straße fegt und auch das Knacken der Kruste beim Ausbacken begeistert mich noch immer. Dass man aus einem Getreidekorn sowas machen kann, ist faszinierend. Für ein gutes Brot braucht es viel Leidenschaft und Zeit, sonst wird das nichts. Ich mache alle unsere Brote wirklich gerne, aber das Kartoffelbrot und das Dinkeleck sind meine Lieblingsbrote. Es hält beides sehr lange frisch, sicherlich 4 Tage, da die Stärke der Kartoffel und des Vollkornmehls immer wieder die gespeicherte Feuchtigkeit abgeben können, die sogenannte “Retrogradation”. Außerdem ist die Kruste knusprig und man kann sie zu allem essen.“
CAROLIN SCHUBLE, die nächste Generation der Bäckerei Gehri in Titisee-Neustadt
“Mich faszinieren die vielen Facetten. Weltweit ist Brot ein Grundnahrungsmittel und es ist mit Sicherheit das älteste Lebensmittel, das durch eines der traditionsreichsten Handwerke hergestellt wird. Über die Jahrtausende hat sich Brot in seiner Vielfalt entwickelt – wenn das nicht faszinierend ist! Mein Lieblingsbrot ist unser helles Hochschwarzwälder Bauernbrot (auch bekannt unter dem Namen 10-Pfünder oder 5-Pfünder) und der Wälderlaib (gleicher Teig 1 kg). Ich liebe die dunkle Kruste, die tolle Krume, die große Porung. Allein wenn man es aufschneidet, der Geruch, der einem entgegenkommt, sowas ist hohe Handwerkskunst. Die Rezeptur für den Teig stammt noch von unserem Urgroßvater und ist somit einzigartig. Klar, dass das mein Lieblingsbrot ist.“
BERNHARD PAUL JUNIOR (4. von links), Familienbäckerei Paul in Lörrach
“Die Faszination Brot liegt im Geschmack: Aus wenigen Zutaten entsteht etwas so Gutes, es braucht nur Wasser, Mehl, Salz und Hefe, eventuell Sauerteig. Wir erleben seit drei oder vier Jahren eine Rückbesinnung zur Regionalität, die auch uns Bäckern zugutekommt. Gutes Brot wird wieder geschätzt. Bei uns schafft die ganze Familie im Betrieb und wir lieben beispielsweise unser ‚Pauls Hausbrot‘. Es ist ein Bauernbrot mit einer schönen Kruste, bei dem der Teig über Nacht ruht. Wir achten bei all unseren Produkten darauf, dass unsere Zutaten aus der Region kommen, Obst und Gemüse von Wochenmärkten, alle Molkereiprodukte von der Schwarzwaldmilch. Wir arbeiten sehr transparent, wenn nicht gerade Corona herrschen würde, dürfen unsere Kunden gerne auch die Backstube besuchen.“