Zu lange ist auf dem Gelände der Freiburger Privatbrauerei nichts passiert. Dabei war so vieles geplant. Ein imposanter, vielschichtiger Bau sollte entstehen, doch nun soll das Areal an einen neuen Investor verkauft worden sein.
VON ANNA-LENA GRÖNER
Es klang vielversprechend: Hunderte neue Wohnungen, Geschäfte, Gastronomie, Büros, Forschungseinrichtungen und ein Fitnessloft von „Rückgrat“ sollten auf dem Brauereigelände entstehen. Im Mai 2011 ging das Projekt „Ganter Campus“ an den Start, 2012 wollte man loslegen.
Als erstes hatte man den Flaschenkeller im östlichen Areal an der B 31 im Visier, das große graue Gebäude an der Schwarzwaldstraße. Das einzige Projekt, das tatsächlich auf dem Brauerei-Grundstück umgesetzt wurde, ist das Ballhaus der Tanzschule Gutmann anstelle der Abfüllhalle für alkoholfreie Getränke (Oga-Halle).
Im Osten des Geländes nichts Neues: Der Blick von der Schwarzwald- und der Fabrikstraße bietet noch immer ein trauriges Bild. Ein seit Jahren leerstehender Betonbau mit rund 18.000 Quadratmeter Fläche. Zuletzt hieß es, die australische Hotelkette „Adina“ wolle auf rund 4500 Quadratmetern und über drei Etagen 117 Apartments bauen. Das war 2017.
Das Architekturbüro „Schaller Architekten“ in Stuttgart wurde mit den Planungen beauftragt, der Entwurf des Hotels ist auf deren Website einzusehen. 2020 sollte Eröffnung gefeiert werden. Niemand hat je wieder etwas davon gehört. Auf der Website der Hotelkette sucht man vergebens nach dem Freiburger Projekt.
Sogar ein Beispiel-Apartment soll auf dem Ganter-Areal ausgestellt worden sein. Für potenzielle Kunden. Nur konnte es kaum jemand besichtigen. Das Gitter-Tor zum Campus bleibt geschlossen, Anfragen unbeantwortet. Das Pressebüro der Hotelkette, aber auch die Ganter Grundstücks GmbH (GGG) haben auf wiederholte Nachfrage nichts zum aktuellen Stand der Dinge gesagt.
Das Baudezernat der Stadt Freiburg teilt mit: „Es ist richtig, dass für den Umbau des Flaschenkellers bereits seit geraumer Zeit eine Baugenehmigung vorliegt. Warum nicht gebaut wird, ist der Stadt nicht bekannt.“ Warum innerhalb der letzten zehn Jahre und bei eigentlich ganz konkreten und schon genehmigten Projekten nichts in die Kiste gebracht wurde, bleibt die große Frage.
In der Öffentlichkeit kommuniziert die Brauerei Ganter für gewöhnlich neue Marketing-Kampagnen und jede DLG-Medaille für ihr Bier. Zwar werden auf der neuen Website das positive Image und die Verwurzelung in der Region gefeiert, doch bei den Immobiliengeschäften des Familienunternehmens hüllt man sich in Schweigen.
Das Geflecht an Unternehmen und Beteiligten ist für Außenstehende ohnehin nicht mehr überschaubar. Dabei scheint das Brau-Business nur noch ein Restgeschäft der Ganter Gruppe zu sein. Laut Selbstverständnis eine lokale Brauerei mit kleinen Mengen. Die Privatbrauerei besitzt in Freiburg und Umgebung zahlreiche Immobilien, die sich die vier Geschwister Ernst-Ludwig, Albrecht und Berthold Ganter sowie Katharina Ganter-Fraschetti teilen. Die Mehrheit der Anteile besitzt dabei Berthold Ganter, der bislang im Münchner Raum als Pilot und Fluglehrer tätig war.
Seit einigen Jahren, zuletzt beim Dreisamhock des Bürgervereins Oberwiehre-Waldsee am 11. September, zeigt er sich häufiger in Freiburgs Öffentlichkeit. Er soll wohl das zähe Bauprojekt maßgeblich vorantreiben. Nach dem Tod von Mutter Irma Ganter im Jahr 2015 hat er ein „maßgebliches Anteilspaket“ (Badische Zeitung) im Bieterwettbewerb gegen seine Geschwister erworben.
Lange war zu hören, der Ganter Campus würde wegen des Freiburger Megaprojekts „Stadttunnel“ nicht mit den Umsetzungen beginnen können, da für den Bau des Tunnels Ganter-Flächen benötigt werden. Darauf berief sich zuletzt auch der damalige Geschäftsführer der Ganter Grundstücks GmbH (GGG), Hartmut Martin, gegenüber der Badischen Zeitung (2019).
Um welche Flächen es konkret geht, gab die Stadtverwaltung allerdings schon 2016 bekannt und bestätigte es 2018 erneut. Alles Ausreden? Von Beginn an war auch der Bürgervereins- Vorsitzende Hans Lehmann (seit September 2021 hat den Vorsitz Beatrix Tappeser inne) in das Projekt involviert und stand im Austausch mit den beiden Geschäftsführern der GGG und der Ganter Real Estate Nr. 1, Hartmut Martin und Markus Scherrle.
Doch es wurde immer ruhiger, die Gespräche immer weniger. Was bleibt ist Frust. „Die beiden haben sich zehn Jahre gut bezahlen lassen“, sagt Lehmann. Für ihn sei es ein Rätsel, warum der Ganter-Aufsichtsrat sich von Martin und Scherrle nicht längst getrennt hat. Seit wenigen Tagen ist im Netz einsehbar: Scherrle ist wohl schon seit August nicht mehr als Geschäftsführer der GGG tätig, auch Martin soll nur noch beratend bei der Ganter Group tätig sein. Hans Lehmann fühlt sich von den beiden Akteuren belogen und an der Nase herumgeführt.
Seine Erklärung, warum das Projekt Ganter Campus seit Jahren in der Sackgasse hängt: „Maximale Profitgeilheit“. Immer wieder habe Ganter nach Pächtern und Käufern gesucht, die noch mehr zahlen. „Was ihnen zusätzlich in die Kassen gespielt hat, sind die gestiegenen Immobilienpreise“, sagt Lehmann.
Ob Profit, Hilflosigkeit oder Ärger unter Geschwistern – am Ende war es eine giftige Mischung aus allem. Seit gut zwei Wochen ist der Hammer wohl gefallen, die fraglichen Flächen und Gebäude wurden an einen Schweizer Investor verkauft. Fortsetzung folgt.