Bühler Zwetschge und Spitzenriesling. Sterneküche und Straußenwirtschaften. Schwarzwald und Rheinauen, Erdbeeren und Europapark-Einkehr: Die kulinarische Vielfalt der Ortenau ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die vielen Kleinbrennereien haben einen großen Anteil an der Kulturlandschaft und der Tourismusregion. Johannes Halter ist einer von ihnen.
VON CHRISTINE WEIS
Johannes Halter legt Holzscheite in den Brennkessel nach, während er erzählt, wie es die Familie schafft, von einem Obsthof zu leben. Morgens um sieben Uhr hat er angefeuert. Jetzt um 11 Uhr tröpfelt Mirabellenschnaps in den Eimer. Es ist Mittwoch, Anfang März, Wolken hängen vor der Sonne, auf dem Halterhof ist es ruhig. Hinterm Haus schneidet Seniorchef Georg Halter Reben. Die Schildchen im Kräutergarten warten darauf, dass die Namen darauf rauskommen. „Alm“ heißt die Postadresse des 1798 erbauten Gehöfts im Oberkircher Ortsteil Ödsbach, die Bezeichnung passt zur Lage und der weiten Sicht übers Renchtal bis zu den Bergketten des Schwarzwalds.
„An manchen Wochenenden durchqueren bis zu 150 Menschen das Hofgelände, die auf dem Brennersteig unterwegs sind.“
Johannes Halter, Edelbrandsommelier
„An manchen Wochenenden durchqueren bis zu 150 Menschen das Hofgelände, die auf dem Brennersteig unterwegs sind“, sagt Johannes Halter. Dann ist es aus mit der Ruhe, aber das sei gut fürs Geschäft. Die Wanderer probieren seine Edelbrände auf dem Obstlehrpfad, der sich den Berg hochschlängelt. In hölzernen Vogelhäuschen stecken Flaschen. Die jeweilige Sorte passt immer zum Baum oder Strauch, an dem das Probierhäuschen steht. Apfelbeere, Haferpflaume, Schlehen, Wildkirsche oder Zibärtle: alles landet im Brennkessel.
Viele, die auf dem Weg die Destillate testen, kaufen eine Flasche oder kommen wieder. Heimische Ausflügler, Tagestouristen und Urlauber sind wichtige Kunden für Halter. Er bietet geführte Schnapswanderungen sowie Verkostungen (live und online) an und vermietet seine Likör-Bar für Feste im Umkreis. Auf dem Hof hat er eine Keller Bar, eine Probierstube und eine Scheune eingerichtet. Rund 150 Veranstaltungen gab es in Vorcoronazeiten jährlich.
Er kooperiere mit Busunternehmen etwa aus Frankfurt und Stuttgart, die auf ihrer Tour eine Edelbrandprobe bei ihm buchen. Es gibt auch rustikale Abende mit Stockbrot und Speckgrillen im Tipi. „Wer nur auf dem Sofa hockt, der verkauft nichts“, erklärt der 40-Jährige seine Vermarktungsstrategie mit einem Lächeln.
Johannes Halter ist ausgebildeter landwirtschaftlicher Brennmeister und Edelbrandsommelier im Vollerwerb. Er hat keine Festangestellten und führt einen klassischen Familienbetrieb, bei dem alle mitanpacken. Seine Kirschen enden nicht bei Ferrero als Piemont-Kirsche in den Mon Chéri-Pralinen, wie die von vielen Obstbauern der Ortenau. Er macht daraus einen feinen Edelbrand. 25 Fruchtsorten wachsen auf dem fünf Hektar großen Betrieb. Was er nicht selbst anbaut, wie Erdbeeren, kauft er bei hiesigen Betrieben. „Mein Herz hängt an den reinen, klaren Obstbränden“, sagt Halter, „aber ich verschließe mich nicht den Geschmackstrends“. Mittlerweile habe er auch einen Gin im Angebot und er kreiert Cocktails wie Waldfruchtcampari, Quitte Tonic und Willi Sour. Viele hätten eine falsche Vorstellung von Edelbränden und bedienten das Image von Schnaps als Alkohol für Kampftrinker, dem wolle er mit seinem Angebot entgegenwirken.
Naturnah ist Trend
Die Brenner-Dichte in der Ortenau von rund 7000 ist europaweit einmalig. Nicht jeder von ihnen, (allein in Oberkirch sind es knapp 800) vermarktet seine Produkte selbst. Viele liefern an große Betriebe. Die Verarbeitung der Früchte ist dann oft nur ein Nebenerwerb. Mit dem Obstanbau leisten sie einen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Nach Angaben des Verbands Badischer Kleine- und Obstbrenner werden 25 Prozent des gesamten badischen Obstes zu Destillaten verarbeitet.
Heimische Produkte und handwerkliche Lebensmittelherstellung nehmen im Tourismus eine zunehmend wichtigere Rolle ein. Jeder siebte Arbeitsplatz ist in der Ortenau direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig. Zu der Querschnittsbranche zählen neben Gastronomie und Hotellerie regionale Erzeuger, Landwirtschaft, Einzelhandel und Handwerk.
„Viele Touristen wollen heute naturnah reisen. Sie möchten wissen wie Butter, Käse, Wein oder Speck hergestellt werden und mit den Erzeugern in Kontakt kommen.“
Sandra Bequier, Tourismusbeautragte Ortenaukreis
Sandra Bequier, Tourismusbeauftragte des Ortenaukreises, sieht in den Themen Regionalität und Nachhaltigkeit einen Trend. „Viele Touristen wollen heute naturnah reisen. Sie möchten wissen wie Butter, Käse, Wein oder Speck hergestellt werden und mit den Erzeugern in Kontakt kommen“. Themenwanderwege, Hofläden und Naturlehrpfade seien daher gut frequentiert. Entsprechend werden die Angebote erweitert.
Der Brennersteig, der auf dem Halterhof vorbeiführt, ist nur einer von vielen. Johannes Halter hofft, dass viele Urlauber den Weg in seinen Obstlehrpfad finden und auf den Geschmack von Edelbränden kommen.