Jürgen A. Messmer baute mit Messmer Pen ein erfolgreiches Unternehmen auf, bevor er sich nach einem schweren Schicksalsschlag als Kunstmensch neu erfand. Hier verrät der 83-Jährige, welches ökonomische Prinzip ihn leitete und wie sich Mut zum Risiko auszahlt.
„Mit minimalem Einsatz den maximalen Erfolg erzielen – dieses ökonomische Prinzip war der gute Rat, dem ich als Unternehmer gefolgt bin. Eine weitere Maxime, die mich geprägt hat: Mut zum Risiko. 1986 wagte ich den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete die Messmer Pen GmbH. Die Anfänge waren bescheiden: Mein Privathaus in Unterkirnach diente als Firmensitz mit Werkstatt, Lager und Büro. Ich wollte exklusive Modelle mit außergewöhnlichem Design statt vieler Varianten anbieten. Beherzt wandte ich mich an den bekannten Produktdesigner Luigi Colani. Er kreierte für uns die Colani Feder. Das war gewagt, denn der Entwurf war teuer, technisch herausfordernd und die geschwungene Form kam bei den Kunden zunächst nicht gut an. In Japan fand der Kugelschreiber dann seine Fans, später auch in Europa und den USA.
Das nächste Risiko war der Kauf des Firmenareals in Emmendingen. In Unterkirnach wurde der Platz knapp, und die Nachbarn beschwerten sich über den Lkw-Verkehr. Das neue Gebäude war ein schlichter Zweckbau, der an eine Kunststoffschachtel erinnerte. Mit einem roten Band als Akzent konnte ich die Optik kostengünstig aufwerten. Mit wachsendem Erfolg erweiterte ich den Standort schrittweise.
2003 starb meine Tochter Petra mit 35 Jahren an Krebs. Die Trauer ließ mich zunächst orientierungslos zurück. 2006 verkaufte ich das Unternehmen. Irgendwann schöpfte ich neuen Mut und begann einen zweiten Lebensweg – als Kunstmensch. Schon immer interessierte ich mich für Kunst. Doch erst die zufällige Begegnung mit dem Kaufmann und Kunstsammler Henry Drake weckte meine Leidenschaft. Ich traf Drake auf einer Schreibgerätemesse in New York. Er lud mich spontan abends zu sich auf eine Party ein. In seinem Haus hingen Originale von Franz Marc, Feininger, Monet und Picasso. Ich war regelrecht besoffen von den Gemälden. Einige Monate später besuchte ich Drake in der Schweiz und entdeckte dort eine Arbeit von André Evard. Ich war so fasziniert davon, dass ich unbedingt ein Bild dieses Schweizer Künstlers wollte. Doch einzelne Werke gab es nicht zu erwerben – nur der gesamte Nachlass mit rund 700 Arbeiten. Mit Hilfe der Sparkasse Villingen konnte ich den Kauf finanzieren.
Kunstgenuss zu teilen, wurde zu meiner Mission. So entschied ich mich, eine Kunsthalle zu eröffnen. In der alten Brauerei in Riegel fand ich den passenden Ort. Allein der erste Blick in den Keller war ernüchternd: Riesige Rohrleitungen mussten entfernt werden – wiederum ein kostenintensives Risiko. Doch wenn ich heute sehe, wie die Kunst Menschen begeistert, weiß ich, dass sich der Aufwand gelohnt hat.“
Protokoll: Christine Weis