Fast jeder zweite Händler zählt weniger Kunden aus dem Alpenstaat. Schon im Frühjahr hatte der Einzelhandelsverband geschnauft: Immer weniger Schweizer kommen zum Einkaufen nach Freiburg und in das südbadische Umland.
Von Philipp Peters
Auf seiner Pressekonferenz hat der Verband diesen Trend bestätigt. Und er trägt noch eine andere Sorge mit sich: In den Geschäften wird offenbar immer öfter geklaut.
Wie viele Ladendiebstähle jedes Jahr in Deutschland passieren, weiß kein Mensch. Ein Salzstreuer verschwindet schnell mal in der Jackentasche, ohne dass er danach in einer Statistik auftaucht. „Offizielle registriert werden jährlich nur knapp 400.000 Ladendiebstähle“, sagt Olaf Kather, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Südbaden. Die Handelsforscher vom EHI in Köln schätzen hingegen, dass es 65-mal mehr sein könnten. 26 Millionen Diebstahldelikte gebe es jedes Jahr in Deutschland, so die Forscher. Das wären – die Sonntage nicht mitgezählt – ungefähr 85.000 pro Tag. „Viele Händler fühlen sich ohnmächtig, wenn es um das Thema geht“, sagt Verbandspräsident Philipp Frese.
Der Handel beziffert den volkswirtschaftlichen Schaden auf 2,26 Milliarden Euro. Den Schaden und auch die Ausgaben für Diebstahlschutz müsse der Handel schließlich an alle Verbraucher weitergeben. „Würde es dem Staat gelingen, die Zahl der Delikte zu halbieren, könnte eine vierköpfige Familie durch niedrigere Preise mit mehr als 100 Euro pro Jahr entlastet werden“, so Kather. Doch wie soll man den Langfingern habhaft werden? Kather fordert unter anderem, die Möglichkeiten zu Videoüberwachung zu erleichtern. Außerdem sollten die Strafen erhöht und die Polizeipräsenz verstärkt werden. Laut Verband ist die Zahl der Diebstähle und Raubüberfälle in den vergangen zwei Jahren um 50 Prozent gestiegen.
Diese Sorge drückt den Händlern aufs ohnehin betrübte Gemüt. „So richtig gut ist die Stimmung nicht“, sagt Frese. Landesweit ist der Handelsumsatz zwar um 2,6 Prozent gestiegen. Aber im ersten Halbjahr meldet laut Verband nur jeder dritte Einzelhändler höhere Umsätze. 48 Prozent sagen sogar, dass sie weniger verkauft haben als im Vorjahreszeitraum. Die Ertragslage hat sich sogar bei 51 Prozent der Händler verschlechtert. Gerade mal einer von sechs Händlern hat mehr Geld verdient 2016. Spezifische Umsatzzahlen für Südbaden gibt es bei der Herbstumfrage nicht.
Die Händler fürchten, dass die Menschen immer weniger Gründe haben, in die Innenstädte zu gehen. Speziell in Freiburg hielten Großbaustellen und großflächige Leerstände, wie etwa in der Konviktstraße, die Kunden fern. Der Attraktivitätsverlust der Innenstadt ist das Hauptthema im Verbandsgebiet, das sich freilich von der Schweizer Grenze über die Höhen des Schwarzwalds und der Baar bis an den mittleren Oberrhein erstreckt. Hier vertritt der Verband etwa 2100 Mitglieder.
Vor allem im Süden des Gebiets konnten die Händler sich bislang noch immer auf Kunden aus der Schweiz verlassen. Auch das hat nachgelassen. „Die Zeiten der Umsatzzuwächse mit der Schweiz scheinen vorbei zu sein“, so Kather. Zwar sei der Umsatz mit den Grenzgängern unter den Shoppern nach wie vor gut. Doch mittlerweile senken auch die Schweizer Einzelhändler ihre Preise und geben den Eidgenossen so immer weniger Gründe, zum Einkauf nach Deutschland zu reisen. 42 Prozent der südbadischen Händler melden bereits rückläufige Umsätze aus der Schweiz. Nur 14 Prozent machen bessere Geschäfte.