In den letzten 20 Jahren haben sich die Deutschen bei Gebäuden „den Wolf“ gedämmt. Aus dem Land der Dichter und Denker wurde das Land der Abdichter und Dämmer. Zum größten Teil auf Druck der Politik und zu einem anderen Teil für das eigene ökologische Ruhekissen. Ökonomisch gab es dabei immer ein Fragezeichen und nun das: die Abfallordnung hat sich am 1. Oktober geändert. Was bisher die Umwelt retten sollte, ist jetzt Sondermüll. Mit gravierenden Folgen. Polystyrol-Dämmstoffe, die bis zum Jahr 2014 mit dem massenweise eingesetzten Flammschutzmittel HBCD versetzt wurden, gelten nun als „gefährlicher Abfall“. Deshalb müssen diese Dämmplatten künftig gesondert erfasst und verbrannt werden, sie dürfen weder deponiert noch exportiert werden. Bisher konnten Müllverbrennungsanlagen die alten Styropor-Platten mit anderem Abfall zusammen verheizen. Künftig muss dies gesondert erfolgen und man benötigt dafür eine spezielle Genehmigung. Nach Angaben aus der Branche „ähnlich aufwendig wie eine komplette Neugenehmigung, womöglich sogar mit Bürgerbeteiligung“. Weil dieses Verfahren den meisten Unternehmen zu aufwendig ist und die Müllverbrennungsanlagen ohnehin ausgelastet sind, nehmen die meisten Firmen Styropor schlicht nicht mehr an. Dazu gezwungen werden können sie nicht. So herrscht ein Entsorgungsnotstand. Dadurch steigen die Preise für die Entsorgung dramatisch. Der Engpass treibt schon jetzt die Preise in schwindelerregende Höhen. Bis zu 7000 Euro je Tonne für die Verbrennung von sortiertem Styropor würden verlangt. Selbst echter Sondermüll kostet weniger als 2000 Euro je Tonne. Die Bauherren lässt man mit dem Problem im Regen stehen. Älteren aus der Branche kommt das Thema bekannt vor. Unter dem Markennamen „Eternit“ (abgeleitet aus dem lateinischen aeternitas ‚Ewigkeit‘) wurde ein Baustoff der Zukunft bejubelt. Danach kam die Diagnose: „lungengängig“ bei der Verarbeitung und damit das Aus. Viele Insider, die die Nachricht vom Dämmplatten-Sondermüll gelesen hatten, seufzten: „… war doch klar, oder?“
von Thomas Schmidt