Wie sehr Hochschulen Impulsgeber für die Region sind, zeigt das Beispiel Offenburg gut: vor allem die Zusammenarbeit mit Unternehmen treibt die Innovation in Forschung und Entwicklung voran und trägt dazu bei, dass die Region am südlichen Oberrhein ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt.
VON ANNA-LENA GRÖNER
„Technologie- und Wissenstransfer aus der Hochschule in die Region haben heute wesentlichen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit des Oberrheins“, sagt Winfried Lieber, der Rektor der Hochschule Offenburg. Mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu Megathemen wie Digitalisierung, Mobilität, Klima und Künstliche Intelligenz an insgesamt acht Forschungsinstituten ist die Hochschule für angewandte Wissenschaften ein spannender Partner für regionale Wirtschaftsunternehmen. Bevor Produkte in der realen Arbeitswelt mit all ihren Konsequenzen eingesetzt werden, wird am Hochschulcampus wichtige Test- und Innovationsarbeit geleistet.
Hiesige Unternehmen stehen dafür den Studierenden mit ihrer Praxiserfahrung zur Seite, bieten Einblick ins „echte“ Wirtschaftsleben, unterstützen durch Stiftungsprofessuren oder ganze Forschungseinrichtungen. Und sie bieten den Studierenden neben gemeinsamen Projekten betreute Master- und Bachelorarbeiten, nach erfolgreichem Studienabschluss oft auch einen festen Arbeitsplatz.
Die Hochschule Offenburg könnte ohne die Unterstützung der regionalen Unternehmen nicht so gute Arbeit leisten und andersrum. Im Ergebnis hat die erfolgreiche Zusammenarbeit einen positiven Effekt auf die gesamte Regionalwirtschaft.
Koopertionen der Hochschule Offenburg mit Osypka, Polar-Form und Markant
Ein Beispiel: Seit 2011 kooperiert das Medizintechnik-Unternehmen Osypka aus Rheinfelden mit der Hochschule. Es hat die Behandlung von Herzkrankheiten maßgeblich verbessert und verfolgt stetig neue Entwicklungen. Vor knapp drei Jahren wurde das Forschungsgebäude des „Peter Osypka Instituts für Biomedical Engineering“ auf dem Campus eingeweiht, gestiftet vom Unternehmen selbst.
Der Antrieb hierzu war, die bestehende Kooperation mit dem Institut und der Hochschule weiter zu unterstützen und den Professoren und Studierenden ausreichend Platz für ihre Forschungseinrichtungen und Labore zu bieten.
aNicola Osypka, Geschäftsführerin von Osypka
Die Investition in Höhe von zwei Millionen Euro sei zudem ein Bekenntnis ihres Vaters zur Hochschule, aber auch zum Standort Südbaden.
Das Werkzeugbau-Unternehmen „Polar-Form“ aus Lahr arbeitet seit knapp acht Jahren mit der Hochschule Offenburg zusammen, aktuell an zwei Entwicklungsprojekten, eines läuft noch bis 2022, beide sind inhaltlich noch geheim. „Es ist uns wichtig, dass wir kontinuierlich akademische Ansätze in unsere Organisation einfließen lassen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben“, erklärt Philipp Fenner, verantwortlich für die Prozessorganisation im Unternehmen.
Durch die Kooperation haben wir Zugriff auf das breite Knowhow der Hochschule und können das für unsere Innovationen und Problemstellungen nutzen.
Philipp Fenner, Polar-Form
Das reiche von einfachen Fragen zum 3D-Druck bis hin zu programmiertechnischen Anwendungen. Im Gegenzug teilt der Werkzeugbauer sein Praxiswissen sowie seine Fertigungsanlagen mit den Studierenden.
Auch der Nachwuchs ist für die südbadischen Unternehmen ein spannender Aspekt der Zusammenarbeit. Fenner selbst kam 2015 über die Hochschule zu seinem aktuellen Arbeitgeber. Nicola Osypka spricht von einem „Gegenmittel gegen den Fachkräftemangel in Deutschland“. Für Bernhard Delakowitz, Marketingleiter bei der „Markant Gruppe“ in Offenburg, ist neben dem Wissenstransfer ebenfalls „die Möglichkeit gut ausgebildete junge Menschen für das Unternehmen vor Ort zu gewinnen“, ein großer Vorteil der Hochschul-Partnerschaft.
Stiftungen und Innovation
Auch Stiftungsprofessuren sind ein Beleg für die gute Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und der regionalen Wirtschaft. Die jüngsten Professuren wurden von der „Markant Gruppe“ für den Bereich „Analytics und Data Science“ und von Mitgliedsunternehmen der wvib Schwarzwald AG für den Bereich „kollaborative Robotik“ gestiftet.
„Durch eine weitere Stiftungsprofessur ‚Mechatronic Systems Engineering‘ ermöglicht die Carl-Zeiss-Stiftung den Ausbau unserer sehr guten Position in den Schlüsselbereichen der digitalen Transformation und der KI“, sagt Lieber.
Um welche Stiftungssummen es dabei geht, behalten alle Beteiligten gewöhnlich für sich.
Die Kosten für das jüngste Forschungsgebäude auf dem Campus der Hochschule sind dagegen kein Geheimnis: für insgesamt zehn Millionen Euro wurde das „Regionale Innovationszentrum für Energietechnik“, kurz „RIZ Energie“, gebaut und vergangenen August in Betrieb genommen. Das Grundstück stellte die Stadt Offenburg bereit. 50 Prozent der Baukosten des Nullenergiegebäudes übernahm die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklungen, 20 Prozent leistete das Land Baden-Württemberg und 30 Prozent stemmte ein Stifterkreis aus Unternehmen sowie die Hochschule.
RIZ ist die Brücke zwischen Forschung und konkreter Anwendung
Eines der Stiftungsunternehmen ist der Ortenauer Geschirrspül- und Hygienemeister „Meiko“, der sich mit einer sechsstelligen Summe am Innovationszentrum beteiligte. „Energieeffizienz muss künftig sowohl in der Lehre als auch in der Industrie einen größeren Stellenwert erhalten“, sagte Thomas Peukert, Technischer Leiter der Meiko-Gruppe, bei der Eröffnung im August. Energieeffizienz sei auch bei Meiko schon immer ein elementarer Baustein der Produktentwicklung.
Durch den Wissenstransfer im RIZ soll die Verzahnung der Hochschule Offenburg mit Partnern aus der Wirtschaft noch einmal verbessert werden. Das neue Innovationszentrum soll zudem die Brückenfunktion zwischen Forschung und konkreter Anwendung in die beheimatete Wirtschaft stärken und ihr einen schnellen Zugang zu aktuellen Schlüsseltechnologien ermöglichen.
Das RIZ wird unseren Beitrag zur Positionierung des Südlichen Oberrheins als Nachhaltigkeitsregion mit starken Unternehmen nochmals deutlich erweitern.
Winfried Lieber, Rektor der Hochschule Offenburg