Gemüseanbau, Restaurant, Landmarkt und nun auch noch ein Hotel: Die Familie Bohrer hat viele Millionen investiert und aus einem kleinen Bauernhof in Hartheim eine touristische Destination gemacht.
VON KATHRIN ERMERT
Braun wie der Boden, grün wie das Kraut und blau wie der Himmel: Die Farben des neuen Landhotels im Hartheimer Ortsteil Feldkirch gleichen denen der umliegenden Spargelfelder. Doch mit Landwirtschaft hat die jüngste Erweiterung des Bohrerhofs nicht mehr viel zu tun. Das Boutiquehotel mit seinen 64 Zimmern ist der vorläufige Abschluss der Verwandlung eines kleinen Gemüseanbautriebs in ein mittelgroßes touristisches Unternehmen.
Am Anfang dieser Entwicklung stand ein 25 Hektar großer Hof. Ab Anfang der 1990er-Jahre haben Petra und Bruno Bohrer zunächst die Landwirtschaft ausgebaut, später kamen der Landmarkt, eine Bäckerei, das Restaurant und jetzt das Hotel hinzu. Insgesamt arbeiten mittlerweile 60 Personen permanent auf dem Hof, zudem saisonal Erntehelfer. Auf 200 Hektar wachsen Spargel, Zucchini, Kürbis, Chicorée, Feldsalat und Erdbeeren. Das Gemüse wird unter der Marke „Meine Heimat“ in Edeka-Märkten und im eigenen Hofladen verkauft. Vor Corona besuchten 60.000 Menschen jährlich den Bohrerhof, kauften ein oder aßen im Restaurant mit seinen 180 Plätzen innen und 70 außen.
Viele hätten den Wunsch geäußert, auf dem Hof auch übernachten zu können, berichtet Petra Bohrer. Denn im Umkreis gab es bislang zu wenig Hotels. Einige Gäste kommen aus der weiteren Region oder sind auf der Durchreise. Der Bohrerhof liegt nur wenige Kilometer entfernt von der Ausfahrt Bad Krozingen an der A5 auf der einen Seite und dem Gewerbepark Breisgau auf der anderen Seite. Die dort ansässigen Firmen haben Gäste aus dem In- und Ausland.
Diesen Bedarf hatte das Ehepaar Bohrer erkannt, als es vor mehr als zehn Jahren die Planung des Hotels begann. Den Abschluss des Projekts erlebte Bruno Bohrer nicht mehr. Er starb Anfang März im Alter von 68 Jahren. Petra Bohrer, die kurz zuvor bei einem Kurzurlaub in der Schweiz noch zusammen mit ihrem Mann ihren 60. Geburtstag gefeiert hatte, leitet den Betrieb nun gemeinsam mit zwei ihrer Kinder sowie deren Ehepartnern. „Meinem Mann war immer wichtig, dass wir auf Augenhöhe arbeiten“, sagt sie. „Wir haben mehr als drei Jahrzehnte alles zusammengemacht, jeder von uns hat immer über alles Bescheid gewusst.“ Das helfe jetzt, das gemeinsame Werk weiterzuführen. Trotz Trauer zeigte sie sich bei der Eröffnungsfeier für das Hotel stolz und blickte nach vorn.
Mit Profis geplant
Rund 13 Millionen Euro hat die Familie Bohrer diesmal investiert. Entstanden ist ein rund 3000 Quadratmeter großes und dreigeschossiges Holzhaus. Architekt Rudolf Lais, der alles realisiert hat, was auf dem Bohrerhof steht, plante auch dieses Projekt gemeinsam mit den Bohrers. Sie setzten beim Bau, der Ausstattung und dem Betrieb auf Nachhaltigkeit. Ein großer Teil des Holzes, der Dämmstoffe und Möbel kommen aus dem Schwarzwald. Heizung und Stromversorgung laufen weitgehend autark über Solaranlagen und Grundwassernutzung.
Die grüne Planung geht bis ins Detail. So gibt es beispielsweise statt Minibars in jedem Zimmer einen großen mit Getränken gefüllten Kühlschrank zur Selbstbedienung. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Arbeitsaufwand. Zudem können sich die Gäste an den Wasserbrunnen auf jeder Etage versorgen. Die Zimmer sind geräumig, hochwertig ausgestattet und aus Gästesicht geplant. Sie können etwa in bequemen Sesseln vorm Fernseher sitzen, und vom Bett aus alle Lichtschalter bedienen. Man merkt, dass hier Hotelprofis am Werk waren.
Weil Architekt Lais und die Bohrers mit dem Hotelbau Neuland betraten, hatten sie sich Unterstützung geholt. Urs und Yasmin Cachemaille Grimm, die viele Jahre Luxushotels geleitet und sich vor knapp drei Jahren mit ihrer Firma Unisono in Lörrach selbstständig gemacht haben, unterstützten den Neubau schon während der Planung und kümmern sich nun als Managementpartner unter anderem um Marketing und Buchungen des Hotels.
Ihre Expertise war auch in das Musterzimmer samt Bad eingeflossen, das die Bauherren zwei Jahre vor Baubeginn auf dem Hof aufgebaut hatten. Dort probierten sie Materialien, Technik, Ausstattung und Einrichtung aus, diskutierten, tauschten aus – solange, bis alles stimmte. „Diese Einheit mussten wir nur noch 64 mal multiplizieren“, sagt Lais. Ein weiterer Vorteil dieses Vorgehens: Man wusste, was man braucht, war mit allen Lieferanten am Start und hatte sämtliche Materialien beschafft und gelagert, als der Bau Anfang 2020 begann. Laut Architekt ein großer Schachzug. Denn damit blieb das Projekt von Lieferengpässen und Preissteigerungen, die Corona kurz drauf auslöste, verschont.
Mit Privaten finanziert
An der Finanzierung war keine Bank beteiligt. Wie schon beim Restaurantneubau und der Erweiterung des Landmarktes setzten die Bohrers auch beim Hotel ausschließlich auf private Anleger. Das gesamte Geld stammt von 550 Menschen und Firmen, die durchschnittlich 25.000 Euro investierten und dafür fünf Prozent Zinsen sowie einen Eintrag ins Grundbuch bekommen. Seit zwei Jahren gibt es die sogenannte Genusscard. Darauf können sich die Anleger ihre Rendite ganz oder teilweise laden und damit bargeldlos beim Bohrerhof einkaufen, essen oder auch übernachten.
Sie wurde oft gefragt, wie das möglich sei und warum sie nicht die damals so niedrigen Zinsen genutzt hätten, berichtet Petra Bohrer. Aus der Erfahrung mit dem Bau ihres Restaurants 2015 weiß sie, dass für die Finanzierung von Gastronomieprojekten andere Konditionen gelten und dass immer noch zusätzliche Kosten hinzukommen. Kurz: dass ein Bankkredit nicht wesentlich günstiger gewesen wäre.
„Es braucht gute Nerven, wenn das Anlegergeld parallel zur Bauphase eingezahlt wird und nicht die gesamte Summe wie beim klassischen Darlehen vorab zugesichert ist.“
Petra Bohrer
Zudem sind die meisten ihrer Investoren dem Bohrerhof auf vielerlei Art verbunden. Sie sind auch Restaurantgäste oder Landmarktkunden, oft beides. Ursprünglich wollten die Bohrers nur fünf Millionen Euro per Crowdfunding einwerben, beschlossen dann aber, die gesamte Investition auf diese Art zu finanzieren. „Es braucht gute Nerven, wenn das Anlegergeld parallel zur Bauphase eingezahlt wird und nicht die gesamte Summe wie beim klassischen Darlehen vorab zugesichert ist“, sagt Petra Bohrer. Doch es sei nie viel Werbung nötig gewesen, um Investoren zu finden. Man druckte Flyer, hielt die Öffentlichkeit über die Fortschritte auf dem Laufenden, Gäste erzählten es Freunden und Familie und verbreiteten die Informationen über das Anlagemodell auf diese Weise in der ganzen Republik.
Der Mut der Bohrers und ihrer Finanziers scheint sich auszuzahlen. Darauf deuten einige Wochen nach der Hoteleröffnung die Buchungszahlen und Bewertungen hin. Ganz abgeschlossen sind die Bauarbeiten auf dem Bohrerhof indes noch nicht: Während der Wintermonate sollen die Flächen um das Hotel herum begrünt werden. Und wenn voraussichtlich im kommenden Jahr die Baugenehmigung erteilt ist, entstehen noch ein Badehaus mit Sauna und ein Außenpool.