Das Treffen mit Ulrich Land findet am 28. August statt, dem 275. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe. Der Autor kommt gerade aus dem SWR-Funkhaus in Freiburg, wo er in einer Radiosendung über sein Buch „Die Leiden der jungen Weiber. Das Goethe-Komplott“ gesprochen hat. Auch für ein Gespräch mit Netzwerk Südbaden hat er sich an diesem besonderen Tag Zeit genommen.
Interview: Christine Weis
Ihr Buch ist eine unterhaltsame Satire, in der Goethe eine bloße Erfindung einer verschworenen Frauenclique ist. Es scheint, als wollten Sie damit den Dichterfürsten vom Thron stürzen? Mögen Sie Goethe denn nicht?
Ulrich Land: Charakterlich war er sicherlich kein einfacher Mensch. Doch als Literaten schätze ich Goethe sehr. Seine Sprache ist sehr schön und fließend, sie reißt einen förmlich mit. Und als Germanist komme ich an Goethe nicht vorbei, denn literaturgeschichtlich ist er ungemein bedeutend. Die Tragödie Faust und auch den Bildungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre finde ich brillant. Besonders begeistert hat mich der Briefroman Die Leiden des jungen Werthers, der übrigens genau vor 250 Jahren erschienen ist – dieses Jahr ist also ein doppeltes Goethe-Jubiläum. Werther hat mich schon im Schulalter total in den Bann gezogen. Ich habe das Buch lange in meiner Jackentasche mit mir herumgetragen und immer wieder darin gelesen. Es ist ein unglaublich emotionsgeladener Text über eine unerfüllte Liebe.
Der Titel Die Leiden der jungen Weiber spielt auf den Werther an, der im Erscheinungsjahr 1774 gleich ein Bestseller wurde. Doch Goethe ist in Ihrer Geschichte nicht der Autor des berühmten Werks. Ohne zu viel zu verraten: Der Erfolgsroman hat eine weibliche Handschrift. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Land: Ich wollte mit meinem Buch den Frauen eine Stimme geben. Der Literaturbetrieb war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ausschließlich männlich dominiert. Frauen waren als Leserinnen und Buchkäuferinnen gerne gesehen, doch als Autorinnen hatten sie kaum eine Chance. Durch die Missachtung der weiblichen Seite in der Literaturgeschichte ist, glaube ich, viel verloren gegangen, das finde ich ungerecht. WEITERLESEN