Vom Ingenieurbüro zum Komplettanbieter: Die Endinger Firma Kaiser Innovative Solutions ist als agiler Mittelständler innovativ unterwegs.
VON DANIEL RUDA
Wenn man etwas entwickelt, dann kommen einem immer wieder Ideen, wie man es vielleicht besser machen könne, „beziehungsweise noch besser“, korrigiert sich Bernd Kaiser selbst. Der 67-Jährige, der seine Firma Mitte der 80er Jahre gründete, ist ein Tüftler und – ohne das vor sich herzutragen – ein selbstbewusster dazu.
Die Entwicklung des ersten mp3-Players, die erste Generation des xenon-Lichts, das erste tragbare D-Netztelefon, im Hause Kaiser hat man schon an besonderen Erfindungen mitgewirkt. Heute geht es im Ingenieurbüro vor allem um den Sektor Medizintechnik, für Pharmafirmen entwickelt Kaiser zum Beispiel Inhalatoren. „Wir entwickeln Produkte, bauen Prototypen und bieten, wenn es zu uns passt, auch Kleinserienlieferungen an“, sagt Bernd Kaiser.
In diesem Jahr bekam das Unternehmen, das inzwischen Kaiser Innovative Solutions heißt, das Top 100-Siegel verliehen. Mit diesem Wettbewerb wird bundesweit mittelständischen Unter-nehmen auf den Zahn ihrer Innovationskraft gefühlt. Die Auszeichnung ist für Kaiser mit seinen 30 Beschäftigten ein Ergebnis von stetigem Fortschritt. Nur, Frage an den Mittelständler, wie geht das und was ist das, Innovation?
Innovation dürfe nicht mit Kreativität verwechselt werden, sagt Holger Ebin, der gemeinsam mit Bernd Kaiser als Co-Geschäftsführer und Gesellschafter das Unternehmen leitet. Vielmehr sei Innovation das Ergebnis des Führens der Managementebene. Kreative Ideen brauche jedes produzierende Unternehmen, sonst habe es sowieso keine Chance, nur müssen diese Ideen eben auch auf fruchtbarem Boden gedeihen können.
„Wie führen wir unser Unternehmen so, dass wir innovativ sein können? Welche Möglichkeiten geben wir unseren Mitarbeitern, damit sie in ihrer Arbeit kreativ und innovativ sein können?“, das sind die Fragen, die man beantworten müsse, sagt Ebin.
Von der Wärme bei einem Mittelständler
Als kleiner Mittelständler gelte es da, das Maximale aus den manchmal begrenzten Möglichkeiten herauszuholen. Natürlich könne man nicht wie so manch großer Player den Mitarbeitenden zum Beispiel eine Kinderbetreuung oder ähnliches bieten, erzählt Ebin, aber man kann ihnen viel Vertrauen und Wärme entgegenbringen, wie es wohl nur in einem Familienunternehmen gehe, in dem noch jeder den Chef persönlich kenne. Das ist die eine Seite. Bernd Kaiser nennt es „Wärme“.
Die andere ist, und hier geht es um die Arbeit an sich: Die besten Voraussetzungen für gute Arbeitsergebnisse schaffen. Bei Kaiser finden neben projektbezogenen Besprechungen zum einen regelmäßig sogenannte Innovationsmeetings statt, mal wird dabei über interne Prozesse gesprochen, die es zu verbessern gilt, mal hält einer der Industriekunden einen Vortrag über die neuesten Entwicklungen in seinem Segment.
Zum anderen haben gerade die Ingenieure gute Arbeitsbedingungen, sie können in einem Labor mit Laser und 3D-Druckern an ihren Ideen feilen, oder sich vom hausinternen Prototypenbau Wünsche erfüllen lassen.
Der 50-Jährige Ebin, der mit Bernd Kaiser verwandt ist, hat zum Gesprächs-termin eine Firmenpräsentation mitgebracht, die dabei hilft, zu verstehen, was der agile Mittelständler alles macht: Produktentwicklung, Prototyping, Formenbau, Kunststoffspritzguss, Teilefertigung und Baugruppenmontage in den Bereichen Medizintechnik, Automotive und Industrietechnik. Dazu kommt noch das Joint Venture Aristos mit zwei Firmen in direkter Nachbarschaft, die in den Bereichen Elektronik und Software unterwegs sind und die Kaiser’sche Mechatronik strategisch ergänzen. Auch Forschungsprojekte etwa mit der Uni Freiburg finden sich im Portfolio.
Sehr gute Arbeitsbedingungen für Ingenieure
Zuletzt hat das Unternehmen in zwei Reinräume investiert, in denen nun medizintechnische Produkte und Teile gefertigt werden und so direkt in klinischen Studien eingesetzt werden können. An einer Stelle der Präsentation steht Bernd Kaiser auf und läuft an den großen Bildschirm, um mit ein paar Fingerzeigen genau zu erklären, was das Besondere jener Entwicklung ist, die da gerade zu sehen ist: Ein Gerät zur Digitalisierung von alten Filmrollen. Auch das wie so oft ein kühnes Projekt, an dem lange gewerkelt wurde. Für Duravit hat das Unternehmen zuletzt eine smarte Toilette entwickelt, die Urinproben analysieren und das Ergebnis an eine Smartphone-App senden kann. Für die Raumfahrtsparte von Airbus werden kleine Einzelteile gefertigt. Manches, was aus den Maschinen in Endingen kommt, wiegt gerade mal ein tausendstel Gramm. Solche Projekte brauchen viele Entwicklungsschleifen, erzählt Kaiser. Man tüftelt sich den Weg.
Letztlich gehe es darum, sagt Holger Ebin, sich immer wieder zu hinterfragen. Solches agile Entwickeln macht aus der Firma eine innovative Adresse. „Das leben wir“, betont Ebin. Bernd Kaiser nickt. Ende des Jahres geht er in Rente. Bis dahin habe er noch „viele, viele Ideen“.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Januar-Ausgabe 2022 unseres Printmagazins.