Karl Dischinger aus Ehrenkirchen entwickelt sich zum Rundumdienstleister für IT-Lösungen, Kommissionierung, Produktion und Zollabwicklung. Über eine Branche im Wandel.
VON CHRISTINE WEIS
Pferdefuhrwerke brachten im 16. Jahrhundert die Weinfässer vom Kaiserstuhl ins Kloster St. Blasien. 1924 wurde der erste LKW angeschafft. Heute fahren Hightech-Trucks mit Telematik zur Sendungsverfolgung oder 18-Tonner mit Erdgasantrieb auf den Straßen: Die Firma Karl Dischinger, heute “kd-gruppe”, aus Ehrenkirchen hat eine lange Transport-Tradition. Rund 1000 Mitarbeiter arbeiten derzeit an den Standorten in Deutschland, Österreich, Kroatien und Spanien. Mitte des Jahres zieht die Zentrale nach Freiburg-Hochdorf.
Umsatzzahlen gibt das Familienunternehmen keine bekannt, man sei mit der aktuellen Entwicklung zufrieden, heißt es von Seiten der Geschäftsführung. Nach eigenen Angaben ist kd in den Bereichen Medizintechnik, Pharma und gekühlte Lebensmittel einer der größten regionalen Player der Branche. Schwarzwaldmilch ist einer ihrer ältesten Kunden. Durch sein spezielles Partnernetzwerk kontrolliert kd die komplette Vertriebskette einzelner Paletten, was gerade für Arzneimittel und verderbliche Ware wichtig sei. „Wir wissen zu jeder Zeit mit welcher Temperatur die Waren unserer Kunden wo unterwegs sind“, sagt Torsten Riotte, Leiter des Geschäftsbereichs High Value Cargo.
Seit März 2020 versorgt kd im Auftrag der Landesregierung Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Polizei, Feuerwehr und Ministerien in ganz Baden-Württemberg mit Desinfektionsmittel, Schutzkleidung, Warnmarkierungen und Atemschutz. „Anfänglich war die Pandemie-Logistik eine große Herausforderung für uns. Die Datenlage änderte sich auch aufgrund von politischen Entscheidungen oft stündlich, mittlerweile läuft das Projekt aber in routinierten Standardprozessen“ sagt Riotte. „Aktuell lagern wir 10.000 Paletten mit Pandemieartikeln. Allein 100 Millionen FFP2-Masken haben wir in knapp einem Jahr bereitgestellt.“
Vom Transport zur Transformation
Der Markt in der Lieferbranche ist hart umkämpft. Der Onlinehandel beeinflusst das Geschäft massiv, zudem findet ein Strukturwandel statt. „Unsere Branche ist am stärksten von der Digitalisierung und Automatisierung betroffen“, sagt kd-Geschäftsführer Karlkristian Dischinger, der das Unternehmen in fünfter Generation leitet. „Allein mit Transport und Logistik lässt sich seit Jahren kein zufriedenstellender Ertrag mehr erwirtschaften.“ Deshalb baue kd sein Portfolio nach und nach aus und investiert insbesondere im Bereich IT.
Tradition hat nur Zukunft, wenn sie sich den Veränderungen anpasst.
Karlkristian Dischinger
Kd biete seinen Kunden eine All-Inklusive-Versorgung. Konkret sind das Software-Lösungen, Lager- und Versandlogistik, Teil- und Vollmontage, Verzollung und Qualitätsprüfung. Entsprechend vielfältig sind die Berufe der Mitarbeiter vom Kraftfahrer bis zum Werksstudenten in Big Data Analysis.
Wer etwa einen Onlineshop plant, für den entwickelt kd eine individuelle, von den gängigen Anbietern unabhängige Anwendung, übernimmt Direktmarketing, Bestellprocedere, Verpackung und Versand. Der Kunde muss eigentlich nur noch seine Ware bringen. „Wir sprechen gezielt Start-ups an, die ein tolles Produkt haben, aber nicht wissen, wie sie es auf dem Markt bringen“, sagt Florian Hofmann, der den Bereich Business Services verantwortet. Wer nicht das ganze Paket will, kann einzelne Dienstleistungen wie etwa die Verzollung buchen, in Zeiten des Brexit kein unerheblicher Aufwand. Knapp 50 Zoll-Experten umfasst das Team, welches auf ein Partnernetzwerk im EU-Ausland zugreife. Als weitere Beispiele nennt Hofmann einen Premiummöbelhersteller an der Schweizer Grenze, für den man das Dialogmarketing manage, und gerade entsteht die Plattform eines Werkzeugherstellers.
Auch in der Autoindustrie habe kd seit einigen Jahren gute Erfahrungen in der Betreuung ganzer Prozesse. Für den Marktführer im Bereich Schwingungstechnik steuern sie die Inhouse-Logistik an allen deutschen Standorten. Ein Stuttgarter Autohersteller beauftragt kd seit fünf Jahren mit dem komplexen Export von Modulen, die am Zielort in das Fahrzeug verbaut werden. Dieser „Teilversand“ reduziert Zölle und Steuern. Bei den Bausätzen darf nichts fehlen, sonst geht die Rechnung nicht auf. Korrekt musste aber schon immer geliefert werden, denn sicherlich haben auch die Ordensbrüder in St. Blasien die Füllmenge der Weinfässer genau kontrolliert.