Der pensionierte Ex-Manager Bernd Herkenrath führt in Staufen mit einer außergewöhnlichen Idee
seit etwa einem Jahr einen First-Class Second-Hand Schuhladen.
Von Katharina Müller
Längs an den Wänden entlang reihen sich Lederschuhe aller Art. Die freigelegte Backsteinmauer und die antiken Gegenstände erzeugen eine gemütliche Atmosphäre, sanfte Brauntöne lassen das Licht gedämpft wirken. „Classic Shoes“ in Staufen ist ein etwas anderer Schuhladen, eine stilsichere Mischung zwischen klassisch, schick und ein bisschen hip. In einer Zeit, in der stationäre Geschäfte aufgeben müssen, weil die Kaufkraft zu gering ist und der Online-Handel stärker wird, hat Inhaber Bernd Herkenrath einen Laden in der Fußgängerzone in Staufen eröffnet, der mit einem außergewöhnlichen Konzept, mit viel Leidenschaft und Idealismus funktioniert.
Es sind nicht nur die Produkte und deren Präsentation, die aus dem Rahmen fallen, sondern auch das Konzept und die Geschichte dahinter. Bernd Herkenrath kauft exklusive Markenschuhe als Second-Hand-Ware online, beispielsweise bei Ebay ein, richtet sie her und verkauft sie wieder. Die erstklassigen Markenschuhe für Männer, aber auch für Frauen kommen überwiegend aus England, aus Spanien oder Italien. Als Paket treffen sie dann in Staufen ein und werden wiederverkauft, manche sind aber fast wie neu. Nach 17 Jahren ging der ehemalige Marketingchef von Sick, einem großen Unternehmen für Sensortechnik aus Waldkirch, in den Ruhestand. Mit seiner Idee trifft der 66-Jährige nicht nur den Zeitgeist, er kann sich auch endlich seinen Wunsch erfüllen, handwerklich zu arbeiten. Er sagt: „Ich habe früher manchmal bereut, keinen Handwerksberuf gelernt zu haben.“ Um sich seinen Traum zu erfüllen, ging er beim Schuster im Ort als Praktikant für einige Monate in die Lehre. „Ich bin zwar kein richtiger Schuster, aber ich habe mir einen Grundstock an Wissen und Erfahrung angeeignet. Ich bilde mich weiter, beschäftige mich ständig mit diesem Thema und ich komme abends erfüllt und zufrieden nach Hause. Es ist ein tolles Gefühl, den Tag über mit den eigenen Händen etwas geschafft zu haben.“
Ein bisschen umtriebig war er schon immer und ein Faible für exzellentes Schuhwerk hatte er auch schon lange. Mit seinem Rentendasein beschäftigte er sich gedanklich schon eine ganze Zeit vor dem Ruhestand. Nichts Richtiges zu tun zu haben sei aber keine Option gewesen. Ausschlaggebend für diese Geschäftsidee war dann im Jahr 2014 ein Flohmarkt in Baden-Baden, auf dem er seine eigene hochwertige Schuhsammlung innerhalb von wenigen Stunden derart erfolgreich reduzierte, dass er weitere kleine Flohmärkte im eigenen Haus in Staufen für Freunde und Bekannte veranstaltete. Solange, bis die eigene Sammlung aufgestockt werden musste und er sich dazu entschloss, einen eigenen Schuhladen aufzumachen. Lässig lehnt Bernd Herkenrath an der mittig platzierten Werkbank, zwischen Burberry-Koffern, einem vergoldeten Schuhputz-Bänkchen aus der Türkei und Dekorationsobjekten wie antiken Schränkchen und Offiziersstiefeln. Er erklärt: „Ich habe in erster Linie Ahnung vom Marketing. Dass diese Idee so gut ankommt und auch als Laden eine solche Resonanz bekommt, hätte ich nicht gedacht. Das war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Auch meine Frau war zu Beginn etwas skeptisch, ab April fängt aber auch sie an hier mitzuarbeiten.“ Der Verkauf der Schuhe sei das Eine, das Wissen über die Herstellung, die Qualität und die Pflege das Andere. Jedes der gelieferten Paare putzt er gründlich, mit viel Wasser und Sattelseife, bei Bedarf repariert er sie und pflegt das hochwertige Leder. Braucht der Schuh beispielsweise eine ganz neue Sohle, oder einen neuen Absatz, bringt er ihn aber zum Schuster. Sind es kleine Reparaturen, kann Herkenrath das im hinteren Teil des Ladens an der Werkbank selbst ausbessern. Mit fachmännischem Blick analysiert er seine Einkäufe, bestimmt die Materialien, erkennt sofort hochwertiges Leder und ob die Sohle geklebt, genäht oder genagelt ist. „Ein guter Schuh kommt so schnell nicht aus der Form, er ist enorm langlebig und sehr bequem.“ Das schätzen seine Kunden. Auch die jungen Leute kaufen, trotz der vielen Trends und der Mode, die schnell wechselt. „Ich habe schon immer die Einstellung, dass wirklich gute Qualität langfristig gesehen preiswerter und auch nachhaltiger ist. Davon möchte ich gerne überzeugen. Mit dem Laden kann ich mir aber auch meinen Traum erfüllen, handwerklich zu arbeiten. Und ich habe mit verschiedenen Menschen zu tun. Ich freue mich täglich über die interessanten Gespräche, die ich hier führe.“
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